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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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abschütteln, ehe sie sich umdrehte. Überheblichkeit stand ihr
     gut, das wusste sie, deshalb ließ sie es bei dieser Wirkung bewenden, sah ihn aufmerksam an – und schwieg.
    »Ich werde Euch glücklich machen«, stieß Flavus hervor. »Und Silvanus auch. Und ich werde der glücklichste Mann der Welt sein,
     wenn Ihr mich erhört.«
    Severinas Stimme war sanft und sehr leise. »Ich habe es Euch schon einmal gesagt: Euer Bruder steht zwischen uns. Ich kann
     nicht seine Schwägerin werden, das müsst Ihr einsehen.« Sie holte tief Luft, richtete sich auf, legte den Kopf in den Nacken.
     »Solange Arminius lebt, kann ich Euch nicht heiraten.«
    »Solange er lebt«, wiederholte Flavus langsam und nachdenklich und wiederholte fragend: »Solange er lebt? Wollt Ihr damit
     sagen, dass ich warten muss …« Hilflos brach er ab.
    Severina antwortete nicht, sondern sah ihn nur eindringlich an. Dann hob sie ihre Hand und berührte sanft seinen Arm – so
     zart, wie hingehaucht war diese Geste, so intim, aber doch ohne die Vertrautheit, die zur Intimität gehörte, so betörend gerade
     deshalb, so schwelgerisch und vielversprechend, dass sich in Flavus etwas öffnete, was bis jetzt fest verschlossen gewesen
     war. So fest verschlossen wie einmal sein Wunsch gewesen war zu lieben wie ein Herrscher, ein Despot, ein Tyrann. Zu lieben,
     als wäre er stark, unabhängig und unbesiegbar. Immer war sein Bruder stärker gewesen als er. Mittlerweile aber vertraute Flavus
     darauf, dass seine Art zu lieben ihn stärker und überlegener gemacht hatte, als sein Bruder je sein würde. Dass niemand –
     außer einer Dienstmagd – von seiner Art zu lieben wusste, machte sie nicht schlechter.
    Severina beobachtete Flavus nachdenklich, als wollte sie seine |256| Gedanken lesen. Dann nickte sie zufrieden, ohne dass es ihm auffiel. Ja, er schien nun endlich begriffen zu haben.
     
    Die Familie hatte sich am Feuer versammelt, in einem dichten Kreis, einer wie der andere mit vorgeneigtem Oberkörper, dem
     Licht des Feuers zugewandt, der Kälte des kommenden Tages den Rücken zugekehrt. Sie saßen auf hölzernen Bänken. Der einzige
     Stuhl des Hauses, der dem Hausherrn zustand, war von Arminius beiseite geschoben worden. Er hatte sich neben Thusnelda gehockt,
     ihm gegenüber saß seine Mutter, neben ihr Wiete. Arminius hatte drauf bestanden, dass sich auch sein bester Freund Hermut
     an diesem Abend zu ihnen gesellte, wie ein Familienmitglied. »So wie er bei mir sein wird in der Schlacht, die alles entscheiden
     wird.«
    Natürlich war Inaja an seiner Seite. Kerzengerade saß sie da, der Stolz leuchtete aus ihren Augen. In der Freude darüber,
     den Abend nicht mit den anderen Mägden vor dem Haus verbringen zu müssen, schien sie ihren Mann und die Sorge um die nahe
     Zukunft der Teutoburg zu vergessen. Thusnelda sah sie vorwurfsvoll an, während Thordis die Teigfladen vom Rost nahm. Merkte
     Inaja denn nicht, wie unpassend ihre Selbstzufriedenheit war? Auch Hermut warf Inaja mehrmals einen Blick zu, jedes Mal, wie
     Thusnelda schien, in der Hoffnung, etwas anderes in ihrem Gesicht zu finden als diese fremde Eitelkeit. Aber er wurde ein
     ums andere Mal enttäuscht.
    Am Ende entschloss er sich, nicht nur den anderen, sondern vor allem sich selbst etwas vorzumachen und tätschelte lächelnd
     Inajas Hand. Thusnelda konnte an seinem Gesicht ablesen, dass er etwas gefunden hatte, mit dem das Verhalten seiner Frau zu
     erklären war, das Fehlen jeglicher Anteilnahme an der schweren Aufgabe, die den Männern bevorstand, die Sorge um ihr Leben,
     die Angst davor, dass sie nicht zurückkehren könnten. Lächelnd teilte er mit, dass Inaja erneut schwanger war. »Dieses Kind
     wird zur Welt kommen«, sagte er zuversichtlich. »So sicher, wie wir siegen werden.«
    |257| Die Freude war verhalten, wenn man die zerstreute Zustimmung auf den Gesichtern überhaupt so nennen durfte. Die Frage, was
     aus diesem Kind werden sollte, wollte niemand an sich heranlassen. Für die Zuversicht, die Hermut auszustrahlen versuchte,
     fehlte Thusnelda der Mut, während Thordis und Wiete sich ein Lächeln abrangen, das noch mutloser war als Thusneldas Schweigen.
    Nur Arminius sagte: »Hermut hat recht. Es beginnt ein neues Leben. Für uns alle! Nicht nur unter Inajas Herzen.«
    Thordis hatte beschlossen, dass es an diesem Abend ein Festessen geben sollte. Kopfschüttelnd hatte Arminius ihren Vorbereitungen
     zugesehen. »Warum greifst du die Vorräte für den Winter

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