Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
mit ihrem Sohn zu verbannen, obwohl er es eigentlich gar nicht wollte. Besser, sie ging ihm
     aus den Augen, ehe ihm einfiel, dass seine Enkelin ein Fall für die Lex Julia war.
    Und da kam auch schon eine Stimme, die ihr gefährlich werden konnte: »Pollio hat sich beschwert, dass sein Sohn eine hohe
     Strafe zahlen musste, weil er mit einer verwitweten Römerin verkehrte. Die Familie der Witwe wurde gezwungen, die Frau in
     die Verbannung zu schicken. Niemand weiß, wo sie geblieben ist.«
    Der Kaiser nickte unbeeindruckt. »Gut so! Was lässt sie sich als Witwe mit einem Mann ein?«
    Mehrere Gesichter wandten sich nun Severina zu. Sie hatte, als sie sich erhob, Mühe, sich aufzurichten, sich ihre Sorge nicht
     anmerken zu lassen und ihren Stolz auf jeden hinabfahren zu lassen, dessen Blick geringschätzig wurde. Der winzige Triumph,
     den sie in Antonius Andecamus’ Augen entdeckte, erbitterte sie. Glaubte er, dass sie sich über kurz oder lang glücklich schätzen
     musste, ihn heiraten zu dürfen, damit sie kein Fall für die Lex Julia wurde?
    Dann jedoch hatte sie Glück. Vor der Tür, durch die Gaviana soeben mit Silvanus den Raum verlassen hatte, entstand ein kleiner
     Tumult. Aufgeregte Stimmen waren zu hören. Die dunklen Anweisungen der Türwärter, eine helle Bitte, die drängend, geradezu
     flehentlich vorgetragen wurde! Dann schienen die Wärter überzeugt worden zu sein. Die Tür wurde geöffnet, ein Wärter buckelte
     herein, stotterte eine Entschuldigung, setzte zu langen, umständlichen Erklärungen an, aber der Legionär, der hinter ihm eintrat,
     ließ ihn nicht zu Wort kommen, schob ihn einfach beiseite und drängte sich durch die Menge auf den kaiserlichen Thron zu.
    |274| Unruhe entstand unter den Senatoren, und auch Kaiser Augustus sah besorgt aus, als der Legionär mit schweren Schritten auf
     ihn zutrat. Er trug eine kurze Tunika, die völlig verschmutzt war, eine schadhafte Rüstung, der der Helm fehlte, und einen
     Wurfspeer an seiner Seite. Er machte einen erschöpften und übernächtigten Eindruck, es war unschwer zu erkennen, dass er für
     die Schritte, die er auf den Kaiser zumachte, seine ganze Kraft aufbieten musste. Der Korb, den er in Händen hielt, schien
     kein großes Gewicht zu haben, trotzdem trug der Mann schwer an ihm. Als er vor dem Stuhl des Kaisers angekommen war, sank
     er auf die Knie.
    »Wie heißt du?«, fragte Kaiser Augustus. »Und was willst du?«
    »Mein Name ist Piso«, antwortete der Legionär. »Ich gehöre zur siebzehnten Legion.« Er rang nach Atem und hatte Mühe weiterzusprechen.
    Das Gesicht des Kaisers wurde nun sehr aufmerksam und ernst. Die Gleichgültigkeit, mit der er seit ein paar Jahren allen Menschen
     und Ereignissen begegnete, war aus seiner Miene verschwunden. »Wer hat dich geschickt?«
    Der Legionär musste anscheinend seinen ganzen Mut zusammennehmen, ehe er antwortete: »Arminius! Der Fürst der Cherusker!«
    Ein Raunen ging durch die Anwesenden, Severina tastete sich unauffällig zur Tür. Ganz deutlich spürte sie die Gefahr auf sich
     zu kriechen. Kalt fühlte sie sich an, eisig und schlüpfrig, und sie ging von der Gestalt dieses erschöpften Legionärs aus.
     Severina war froh, als sie den Türrahmen unter ihren Handflächen spürte, und bewegte sich weiter der kühlen Luft entgegen,
     die durch die hohe Eingangstür drang, die die Wärter nicht wieder geschlossen hatten, nachdem der Legionär ins Haus gekommen
     war. Offensichtlich hatte sein Erscheinen für viel Verwirrung gesorgt. Auch Severina fragte sich besorgt, was dieser Mann,
     der sich eigentlich mit Varus’ Legionen im Winterlager aufhalten musste, hier wollte. Und vor allem – was hatte Arminius damit
     zu tun?
    Die Wärter hielten sich in der Nähe der Tür auf, um etwas von |275| dem mitzubekommen, was vor dem Stuhl des Kaisers geschah. Severina konnte ihre Gegenwart spüren und sogar riechen. Sie hasste
     den Geruch fremder Menschen, erst recht den Geruch von Sklaven, trotzdem bewegte sie sich weiter darauf zu. Weg vom Kaiser,
     weg von den Senatoren und vor allem weg von diesem Legionär!
    »Was hat Arminius mir zu sagen?«, fragte der Kaiser. »Warum hat er dich geschickt?«
    Der Legionär nahm das Tuch von dem Korb, das bisher den Inhalt verdeckt hatte. Dann griff er hinein und hielt etwas in die
     Höhe, was Severina erst im zweiten oder gar dritten Augenblick erkannte. Leise stöhnte sie auf, presste die Hände auf den
     Mund, drängte den Ekel und das Würgen

Weitere Kostenlose Bücher