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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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schreckliche Tag vor nunmehr vier Jahren. Severina war mit Silvanus in das
     Haus des Kaisers gegangen, wie sie es gerne tat, wenn der Senat dort tagte. Seit es mit der Gesundheit des Kaisers bergab
     ging, verließ er die vier Wände, in denen er sich wohlfühlte, nicht mehr gerne und versammelte die Senatoren in seinem Hause.
     Eigentlich tagte der Senat in der Curia, dem alten Rathaus Roms, einem hoheitsvollen Ziegelbau mit einem großen Saal, in dem
     die gut dreihundert Senatoren mühelos Platz fanden. Sie saßen dann auf Estraden, die sich an den Seitenwänden entlangzogen,
     alle mit Blick auf das Podium, auf dem der Kaiser thronte. Seit er die Sitzungen des Senats in seinem eigenen Hause abhielt,
     gab es Platzprobleme. Wenn alle dreihundert Senatoren sich in Kaiser Augustus’ Haus drängten, passte kein Sklave mehr in ihre
     Mitte, um sie zu bedienen. Schon viele Stunden vor der anberaumten Versammlung erschienen die ersten Senatoren, die sich einen
     guten Platz sichern wollten, manche lagerten schon am Tag vorher in dem Saal, in dem die Versammlung stattfinden sollte, wenn
     sie etwas vorzubringen hatten, was ihnen sehr wichtig war, und sichergehen wollten, dass es an die Ohren des Kaisers drang.
     Wenn die Versammlungen eröffnet wurden, glich der Saal oft einem Legionärslager, in dem gegessen und getrunken worden war
     und die Abfälle, die sich angesammelt hatten, den knappen Platz noch weiter einschränkten. Dass kurz vor dem Erscheinen des
     Kaisers ein Stuhl in seine Nähe getragen wurde, auf dem Severina Platz nahm, war für alle Senatoren ein großes Ärgernis. Erstens,
     weil sie diese besondere Behandlung erfuhr, und noch dazu, weil sie als Frau bei diesen Versammlungen eigentlich nichts zu
     suchen hatte. Aber was wollte man machen? Augustus liebte weibliche Gesellschaft, ihm gefiel es, wenn seine Enkelin in seiner
     Nähe war.
    Severina beobachtete ihn aus zusammengekniffenen Augen. Er sah müde aus. Seine gebräunte Haut hatte einen ungesunden Gelbstich
     angenommen, die dunklen Augen wirkten heller, seit sie ständig in einem Tränenteich schwammen. Er klammerte sich |270| an die Armlehnen seines Stuhls, als hätte er Halt nötig. Die Altersflecken auf seinen Handrücken hatten sich in den letzten
     Wochen verdoppelt.
    Wie immer stand sein Stuhl auf einem Podest, damit er auf die Mitglieder des Senats hinabblicken konnte. Augustus hatte sein
     Leben lang unter seiner geringen Körpergröße gelitten, nun sorgte er dafür, dass er, wo immer er sich aufhielt, trotzdem der
     Größte war.
    Durch sorgfältige Auslese hatte er diesen Senat aus den vermögendsten und angesehensten Bürgern Roms gebildet. Der Senat wirkte
     offiziell an den Gesetzen mit, stellte alle hohen Beamten und teilte sich die Regierung mit dem Princeps, dem Ersten Bürger
     Roms, wie Kaiser Augustus sich gern nennen ließ. Dies war allerdings nur eine Formsache. In Wirklichkeit hatte der Senat lediglich
     eine beratende Funktion, sämtliche Entscheidungen traf der Kaiser allein. Er legte jedoch Wert auf den Eindruck beim Volk,
     der Senat – und damit die Bürgerschaft Roms – habe Einfluss auf das, was im Lande geschah. Die Senatoren fügten sich bereitwillig
     in diese Beschneidung ihrer Macht, da ihnen als Mitglieder des Senats viele Vorteile zugutekamen, die ihnen den Verzicht auf
     einen wirklichen Einfluss leichtmachten.
    Im Raum war es dämmrig, die Luft war verbraucht, aber zum Glück nicht sehr warm. Schon seit Tagen schien die Sonne nur gelegentlich,
     meist verbarg sie sich hinter einer dichten Wolkenwand. Es regnete häufig, oft sogar derart heftig, dass die Straßen der Stadt
     aufgeweicht waren und manches Fuhrwerk im Morast stecken blieb.
    Severina hatte das Haus nur ausnahmsweise verlassen und auch nur deshalb, weil sie sich gerne in die Nähe des Kaisers begab,
     wenn die Senatoren in seinem Hause zusammenkamen. Zwar wusste sie, dass es ihnen nicht gefiel, in ihrer Gegenwart zu beraten,
     aber niemand wagte es, ihre Anwesenheit in Frage zu stellen, solange der Kaiser es nicht tat. Mittlerweile waren alle daran
     gewöhnt, dass Severina sich häufig in seiner Nähe aufhielt, auch daran, dass der kleine Silvanus das eine oder andere |271| Gespräch mit seinem Geplapper unterbrach. Severina wusste, dass sich manch einer gestört fühlte, aber wichtiger war, dass
     der Kaiser immer häufiger lächelte, wenn er Silvanus’ helle Stimme hörte. Und sobald er lächelte, brachen die Senatoren prompt
     in

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