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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Thusnelda zeigte: Reiter kamen auf die Eresburg zu. Arminius?
    Die Schatten wuchsen heran, nahmen Gestalt an, dann endlich durchbrachen sie den Nebel. Vor dem gleißenden Licht der Sonne
     näherte sich eine kampfbereite Truppe. Lanzen stachen in die Helligkeit, scharfes Metall glitzerte unter der Sonne. Thusnelda
     legte die Hand über die Augen. War das wirklich Arminius? Wenn er es war, dann hatte er nur die Krieger der Teutoburg bei
     sich, dann hatte er alle anderen Einheiten zu ihren Stämmen zurückgeschickt. Das bedeutete, dass er siegreich zurückgekehrt
     war.
    Gern hätte sie nach ihrem Vater gerufen, ihm Arminius’ Ankunft mitgeteilt, aber sie wollte erst ganz sicher sein. Sobald die
     Reiter sich nicht mehr direkt aus dem Licht auf sie zubewegten, würde sie Arminius erkennen. So lange musste sie warten. Dann
     aber wurde es Zeit, alles zu tun, um ihn gebührend auf der Eresburg zu empfangen. Er musste merken, dass man ihn hier wie
     einen Gast erwartete.
     
    Der letzte Speer war geworfen, als Thusnelda hinter ihren Vater trat. »Wie konnte Germanicus hier auftauchen?«
    |320| Segestes drehte sich um und lächelte leicht. »Weil ich ihn gerufen habe.«
    Thusnelda starrte ihn an, ohne ihn zu verstehen. Dann aber … dann entstand in seinen Augen die Antwort auf die Fragen, die
     ihr nicht über die Lippen kamen. Wort für Wort konnte sie plötzlich lesen, Satz für Satz. Und die Sorge, dass aus den Ausflüchten,
     die sie in den Augen ihres Vaters sah, Triumph wurde, machte sie stumm. Vor ihren Augen entstand eine Wand aus Angst, ganz
     langsam zunächst, dann folgte Stein auf Stein. Die Mauer versperrte ihr den Weg in die Teutoburg, den Weg zurück zu Arminius.
     Und es kam ihr sogar so vor, als trennte diese Wand sie auch von ihrem Vater. Was war das für eine Mauer?
     
    Inaja stand am Tor der Teutoburg und blickte in die Richtung, aus der sie Arminius und Hermut zurückerwartete. Selbstverständlich
     mit Thusnelda in ihrer Mitte! An eine andere Möglichkeit wollte Inaja nicht denken. Nur daran, dass Arminius und Hermut die
     Eresburg gestürmt und Thusnelda aus den Händen ihres Vaters befreit hatten. Und der hatte seine Tat entweder bereut und war
     von Arminius verschont worden, oder er hatte sein Recht als Vater so lange verteidigt, bis Arminius gezwungen gewesen war,
     sein Recht als Ehemann geltend zu machen. Was das bedeuten mochte, daran wollte Inaja nicht denken. Noch nicht!
    »Warum ist Fürst Segestes dieses Risiko eingegangen?«, fragte sie sich immer wieder, und als sie spürte, dass Wiete hinter
     sie getreten war, sprach sie die Frage aus. »Er muss wissen, dass Arminius sich seine Gemahlin nicht rauben lässt. Will er
     einen Krieg gegen die Teutoburg führen, den er auf Dauer nicht gewinnen kann?«
    Wiete war genauso ratlos wie Inaja. »Vermutlich ist er verblendet vom Hass. Hat er nicht von lebenslanger Feindschaft gesprochen,
     nachdem Thusnelda von Arminius entführt worden war?«
    »Aber damals hat er nicht den Versuch gemacht, sie gewaltsam zurückzuholen. Warum jetzt?«
    |321| »Vielleicht, weil er sein Enkelkind in der Eresburg haben will?«
    Die beiden sahen sich an, zuckten mit den Schultern, als könnte es sein, was sie vermuteten, und blickten dann wieder sorgenvoll
     hinaus, als könnte es doch nicht sein.
    Als Inaja den Reiter am Waldrand entdeckte, glaubte sie zunächst, Arminius sei es, der allein zurückkehrte. Wiete jedoch stellte
     bald fest, dass es sich um einen Händler handelte, der mit Stoff und Bernstein über Land zog. Er steigerte das Tempo, als
     er auf die Teutoburg zuritt, und sprang aufgeregt vom Pferd, kaum dass er das Eingangstor erreicht hatte, wo Wiete und Inaja
     ihn erwarteten.
    Noch bevor sie eine Frage an ihn richten konnten, redete er schon drauflos: »Vor der Eresburg tobt ein schwerer Kampf.« Er
     brach ab, weil er merkte, dass er erst zu Kräften kommen musste, ließ sich sein Pferd abnehmen, damit es getränkt wurde, und
     sich selbst nur zu gern in die Burg führen, als er merkte, wie sehr Inaja und Wiete an seiner Erzählung interessiert waren.
     Er war ein Mann von mindestens fünfzig Jahren, mit einem wettergegerbten Gesicht und zottigen grauen Haaren. Wiete versprach
     ihm die Abnahme von mehreren Ballen Leinen und bot ihm Honigwasser zur Erfrischung an. Dafür sollte er erzählen, was er beobachtet
     hatte.
    »Etliche Männer sind schon gefallen«, berichtete der Mann bereitwillig. »Mehr Germanen als Römer.«
    Inaja sprang auf,

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