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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gewarnt hat. Er hat ja recht. Hätte Varus auf Segestes gehört,
     wäre es nie zur Vernichtung der drei Legionen gekommen. Germanicus hat richtig gehandelt, als er Segestes’ Wunsch erfüllte
     und ihm mit seiner Familie Sicherheit gewährte.«
    »Es geht meinem Gemahl also gut?«, warf Agrippina nun ein. »Er lebt und ist gesund?«
    »Selbstverständlich.« Tiberius lächelte sie wohlwollend an. »Mein Neffe ist ein kluger Mann. Er hat sich nicht mit mündlichen
     Zusicherungen zufriedengegeben, sondern wird einen lebenden Pfand nach Rom bringen, einen Bürgen, damit Segestes es sich später
     nicht anders überlegt, damit er ein Freund der Römer bleibt. Sicherheitshalber wollen wir Arminius’ Position schwächen, wann
     immer sich die Gelegenheit ergibt.«
    Agrippina entspannte sich. Sie hatte gehört, was sie hören wollte, der Rest des Gespräches interessierte sie nicht.
    Anders dagegen Severina! »Warum ist Germanicus von Segestes um Hilfe gebeten worden?«
    Nun war Tiberius bereit, sich ihr zuzuwenden. »Weil er von Arminius belagert wurde. Segestes musste befürchten, dass Arminius
     seine Burg stürmt.«
    »Warum sollte er das tun?«, fragte Severina verständnislos.
    »Weil Segestes sich kurz zuvor seine Tochter zurückgeholt hat – Arminius’ Gemahlin.« Tiberius’ Lächeln vertiefte sich, während
     er Severinas Reaktion beobachtete. Er schien zu ahnen, was in ihrem Kopf vorging. »Als Arminius hörte, dass sie entführt worden
     war, ist er gleich wieder losgezogen, obwohl er gerade erst aus dem Kampf gegen Germanicus zurückgekehrt war.«
    »Und mein Bruder? Auch er hatte gerade einen Kampf hinter sich.«
    »Aber er wusste, dass Arminius sich auf dem Rückzug von vielen seiner Krieger trennen würde, die zu ihren Stämmen zurückkehrten.
     Vor der Eresburg würde Germanicus in der Überzahl sein, das wusste er. Und so war es auch. Arminius |327| musste irgendwann unverrichteter Dinge abziehen, Segestes und seine Familie wurden befreit.«
    Severina sah, dass Gaviana hastig einen Teil der Veilchenblüten, die Silvanus verloren hatte, vom Boden aufsammelte und sie
     ihm vorsichtig wieder in die Hände legte. Sie sah es, aber es löste keine Reaktion in ihr aus. Schließlich schöpfte sie tief
     Atem, als sollte der Gedanke, der sich in ihr gefestigt hatte, ihren ganzen Körper ausfüllen. »Dieses lebende Pfand, von dem
     Ihr gesprochen habt, Onkel – ist das … ist das Arminius’ Eheweib?«
    Nun lächelte Tiberius so, als wäre ihm eine lustige Geschichte erzählt worden. »Ganz richtig! Segestes ist nicht weniger klug
     als Germanicus. Wenn Rom sich für die erlittene Schmach rächt, wird Segestes nichts geschehen. Er hat sich abgesichert. Und
     Germanicus ebenfalls.« Er betrachtete Severina so aufmerksam, als wollte er sich ihren Gesichtsausdruck für immer einprägen.
     »Ich werde mit meinem Neffen dafür sorgen, dass Segestes einen Wohnsitz am gallischen Rheinufer bekommt.«
    »Und Arminius’ Eheweib?«
    »Sie wird nach Rom gebracht. Alles andere hätte keinen Sinn.«
     
    |328|
D er Herbst wurde von heftigen Stürmen übers Land getrieben, unter dem Winter schien das Leben der Germanen zu erstarren. Das
     Frühjahr brach zögernd an, es blieb kühl, auch der Sommer hatte keine heißen Tage. Es regnete viel, die Ernte war schlecht,
     das Leben in Germanien war schwer in diesem Jahr. Hungrige Vögel kreisten über den Dörfern, schrien ihre Warnungen hinab,
     stießen auch gelegentlich unvermutet zur Erde, holten sich ein schwaches Leben oder etwas, was zum Leben so dringend benötigt
     wurde.
    In diesem Sommer stieß Germanicus ins Landesinnere vor, wurde jedoch von Arminius aufgehalten, der sich ihm entgegenstellte.
     Manche Schlacht wurde geschlagen, aber kein Sieg errungen, weder auf römischer noch auf germanischer Seite. Germanicus gelang
     es zwar, zwei Legionsadler zurückzuerobern, aber von einem Sieg konnte keine Rede sein.
    Er griff nicht nur die Cherusker und damit Arminius höchstpersönlich an, er führte sein Heer auch gegen die Chatten und die
     Brukterer und verwüstete das Land zwischen Ems und Lippe, nicht weit vom Teutoburger Wald entfernt, wo Varus und die Reste
     seiner Legionen noch unbestattet lagen.
    Als Germanicus das klar wurde, nutzte er die Gelegenheit, den gefallenen Legionen die letzte Ehre zu erweisen, und Arminius,
     der sich kampfbereit in der Nähe aufhielt, ließ ihn gewähren. Er fühlte sich sicher. Mochte Germanicus daran denken, dass
     der Anblick

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