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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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anderes
     übrig, als mit anzusehen, wie Flavus das Siegel brach, das die Nachricht, die für seinen Bruder bestimmt war, verschloss.
     Mit bebenden Händen rollte er den Papyrus auseinander. Inaja sah, dass er bleich wurde und sein Gesicht sich zu einer hasserfüllten
     Grimasse verzog.
     
    Thusnelda saß auf einem Schemel, den Kopf in den Nacken gelegt, und ließ sich von Inaja mit einem Kamm die Haare entwirren,
     die auf dem Ritt zurück zur Eresburg zerzaust worden waren. Ein kräftiger Wind hatte sich gerade in dem Moment erhoben, als
     sie die Teutoburg verlassen hatten, und heulte noch immer durch die Ritzen des Gebälks. Das Gesinde der Eresburg war bereits
     schlafen gegangen, und auch Fürst Segestes hatte sich auf sein Schlaffell zurückgezogen. Thusnelda jedoch war noch nicht müde.
    »Ich möchte, dass du mir die Haare bürstest. So lange, bis sie glänzen.«
    Inaja nickte, holte ein Talglicht und zündete es an. »Wie soll ich sonst sehen, ob Euer Haar glänzt?«
    Sie griff zu dem Holzstiel, an dem kurze, kräftige Schweineborsten befestigt waren, und begann zu bürsten. Ruhig und gleichmäßig,
     wie Thusnelda es liebte, kraftvoll genug, um Anregung zu spüren, aber nicht zu schroff, damit die Haarpflege wohltuend blieb.
    »Sehen sie nicht heldenhaft aus, die beiden blonden Brüder?«, begann Inaja zu plaudern. »Ich glaube, ich habe nie schönere
     Männer gesehen! Ein echter Fürst ist er nun, der Arminius! Und außerdem ein römischer Ritter! Die Frau, die er einmal zur
     Gemahlin erwählt, wird zu beneiden sein.«
    Thusnelda spürte Ärger in sich aufsteigen, ein Gefühl, das sie |94| sich nicht erklären konnte. Was Inaja sagte, war richtig, Arminius war der schönste Mann, den sie je gesehen hatte. Trotzdem
     wollte sie nicht, dass Inaja es aussprach. Nicht deswegen, weil es sich für eine Dienstmagd nicht gehört, über zwei Fürstensöhne
     zu reden. Nein, Thusnelda wollte Arminius’ Bild ganz allein für sich haben. Nur in ihrem Herzen sollte es wohnen, nur in ihrem
     Kopf sesshaft werden. In Inajas Gedanken hatte dieses Bild nichts zu suchen.
    »Habt Ihr je blondere Haare gesehen als die von Flavus?«, fuhr Inaja fort, ohne eine Antwort auf ihre Frage zu erwarten. »Ich
     nicht! Sie sind so hell wie … wie die Sonne, wenn sie über den trockenen Feldern steht. Was sage ich? Nein, viel heller! So
     hell wie …«
    »Du redest über Dinge, von denen du nichts verstehst!« Thusnelda öffnete die Augen und sah ihre Dienstmagd ernst an. »Was
     weißt du schon von einem Fürstensohn?«
    Inaja wurde verlegen und starrte auf die Bewegungen ihrer Hände, auf die Bürste, die über Thusneldas Haare fuhr, über diese
     blonden Haare, beinahe so blond wie Flavus’ Locken. Inaja schwieg, aber in ihrem Schweigen redete sie weiter. An ihren Bewegungen
     und ihrer Miene konnte Thusnelda ihre Gedanken ablesen.
    Heimlich gab sie Inaja recht. Frauen gab es in Germanien viele, die diese helle, leuchtende Haarpracht trugen. Vor allem,
     wenn es sich um Frauen von Stand handelte, deren Haare mit vielen Bürstenstrichen täglich gepflegt wurden. Aber Männer? Selbst
     wenn sich auf ihren Kinderköpfen heller Flaum gekringelt hatte – sobald sie zu Kriegern oder Bauern geworden waren, wurde
     aus der leuchtenden Seide schnell bleicher Flachs.
    »Von Fürstensöhnen verstehe ich wirklich nichts«, antwortete Inaja leise und bürstete plötzlich in einem so schnellen Rhythmus,
     dass Thusnelda ärgerlich die Hand hob. Auf der Stelle bemühte sich Inaja wieder um langsame, gleichmäßige Bewegungen. »Aber
     von einfachen Männern verstehe ich etwas«, fügte sie trotzig an. Sie hob Thusneldas Haare im Nacken an |95| und massierte mit der Bürste den unteren Haaransatz. »Und ich weiß, dass ich erst ein einziges Mal einen Mann gesehen habe,
     der so blonde Haare hat wie Flavus.«
    Thusnelda hätte gerne gefragt, um welchen Mann es sich gehandelt hatte, aber sie verbot es sich. Die Tochter Fürst Segestes’
     stellte ihrer Dienstmagd keine neugierigen Fragen! Auch dann nicht, wenn sie wie eine Freundin oder sogar wie eine Schwester
     für sie empfand.
    Sie betrachtete Inaja aufmerksam, während sie sagte: »Mir gefällt Flavus nicht. Ich habe ihn nie gemocht.«
    Inaja richtete sich auf und schloss unter einer kurzen, aber heftigen Anspannung die Augen. Mit einer schwachen Geste griff
     sie sich an die Brust, ehe sie mit dem Bürsten fortfuhr.
    »Seine Augen sind unehrlich und hinterhältig«, fuhr Thusnelda

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