Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
fort, »ganz anders als Arminius’ Augen.«
    »Wenn Ihr das sagt, muss es richtig sein«, gab Inaja zurück. »Aber Flavus’ Augen sind auch hell und klug.«
    »Verstehst du auch davon etwas?«, fragte Thusnelda spöttisch. »Nicht nur von den Haaren eines Fürstensohns, sondern sogar
     von seinen Augen? Und von seiner Klugheit?«
    Inaja wurde rot, sie grub die Vorderzähne in ihre Unterlippe. »Verzeiht mir! Natürlich verstehe ich nichts davon.«
    »Gut, dass du es einsiehst«, sagte Thusnelda mit scharfer Stimme. »Und nun hör auf, dir über einen Fürstensohn Gedanken zu
     machen! Das gehört sich nicht für eine Dienstmagd.«
    Inaja hielt den Blick gesenkt, während sie noch einmal um Vergebung bat. Dann fragte sie: »Soll ich Butter auf Euer Haar geben?
     Damit es morgen noch heller glänzt als heute?«
    Thusnelda gähnte. »Jetzt bin ich müde. Hol mein Nachtgewand.«
    Inaja beeilte sich, alles zu tun, was ihre Herrin verlangte. Anscheinend war sie sich ihrer Schuld bewusst, denn sie schwieg
     nun, als wollte sie nicht noch einmal gemaßregelt werden. Und sicherlich hatte sie begriffen, dass es einer Dienstmagd nicht
     zustand, über die Schönheit und Klugheit eines Fürstensohnes zu reden.
    |96| Thusnelda beobachtete sie unauffällig, während Inaja ihr beim Auskleiden half. Irgendwas hatte ihre Dienstmagd verändert.
     Sie bewegte sich nicht unbekümmert, sondern vorsichtig, als wollte sie einem Schmerz ausweichen. Immer wieder griff sie sich
     an die Brust und schöpfte dann mit weit geöffnetem Mund Luft, als hätte sie Angst, tief durchzuatmen. Manchmal tastete sie
     sogar zwischen ihre Schenkel, als gäbe es dort etwas, was sie quälte.
    Dann aber schüttelte Thusnelda diese Gedanken wieder ab. Nein, Inaja schien nichts zu plagen. Im Gegenteil! Während sie sich
     auf die Tätigkeit ihrer Hände konzentrierte, kam es Thusnelda sogar vor, als träte ein inneres Leuchten nach außen, das Inaja
     eigentlich in sich einschließen wollte. Eine Ahnung, die noch zu jung war, um Gewissheit zu werden.
    Thusnelda lächelte, als ihr einfiel, was das bedeuten konnte. Hermut! Das Spiel der Augen und Hände zwischen Hermut und Inaja
     war ihr doch gleich aufgefallen! Anscheinend hatte Inaja sich in Arminius’ Freund verliebt! Nur deswegen redete sie von den
     Fürstensöhnen in der Teutoburg, um den Namen Hermuts, der ebenfalls in der Teutoburg lebte, nicht aussprechen zu müssen. Wenn
     sie von Flavus’ hellem Haar redete, meinte sie in Wirklichkeit Hermuts aschblonde Locken, und wenn sie Flavus’ Klugheit rühmte,
     sprach sie in Wirklichkeit von Hermut, der ein ganzes Leben lang die Chance gehabt hatte, seinen Verstand an Arminius’ Geist
     zu schärfen.
    »Du kannst mir ruhig von Hermut erzählen«, sagte Thusnelda leise. »Ich habe Verständnis dafür, dass du dich verliebt hast.«
    Inaja starrte sie an, als verstünde sie nicht, wovon ihre Herrin redete. Dann strich sie das Fell glatt, auf dem Thusnelda
     sich ausstrecken sollte, und hielt ein anderes bereit, um sie zuzudecken. »Es kommt nicht auf mich an«, sagte sie leise, »sondern
     auf Euch.«
    Thusnelda erhob sich und ließ sich auf ihrer Schlafbank nieder. Seufzend legte sie sich zurück und schmiegte sich in das wärmende
     Fell. »Vielleicht kannst du Hermut bewegen, später bei Fürst Aristan in Dienst zu treten«, sagte sie schlaftrunken.
    |97| Sie sah, dass Inaja energisch den Kopf schüttelte, aber sie war zu müde, um auf ihre Entgegnung etwas zu erwidern.
    »Niemals!«, sagte Inaja nachdrücklich. Und als wollte sie sichergehen, dass ihre Herrin sie richtig verstand, wiederholte
     sie: »Niemals!«
     
    Kaum war Thusnelda eingeschlafen, erhob Inaja sich wieder. Ein letztes Mal lauschte sie auf die gleichmäßigen Atemzüge ihrer
     Herrin, dann huschte sie auf nackten Sohlen aus der Kammer. Fest presste sie ihr Nachtgewand an den Körper, damit es nicht
     raschelte. Ihre Schritte auf dem gestampften Lehm, der den Fußboden des Hauses bildete, blieben ungehört. Als sie an der Tür
     angekommen war, blickte sie zurück und lauschte ein letztes Mal. Noch immer regte sich niemand, nirgendwo raschelte das Stroh,
     kein Brummen oder Seufzen war zu hören, wie die Knechte es von sich gaben, wenn sie im Schlaf gestört wurden. Nur das Schnaufen
     einer Kuh drang aus dem Stall herüber, der sich ohne Zwischenwände, nur durch ein leichtes Gatter getrennt, dem Wohnbereich
     anschloss, das Grunzen eines Schweins war zu hören, dann wieder war nur

Weitere Kostenlose Bücher