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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Mut machen durfte sie ihm nicht, auf keinen Fall! Aber alle Hoffnungen
     nehmen? Und sich selbst damit dieses sanfte Ziehen in der Herzgegend verbieten? Nein, das konnte sie nicht, das wollte sie
     nicht. Und das war auch nicht nötig, da schließlich niemand davon wusste. Hochaufgerichtet blieb sie stehen, legte den Kopf
     in den Nacken, damit Arminius sah, dass sie eine stolze Frau war, die niemals einem Mann ein Zeichen gab. So sah sie an ihm
     vorbei, damit seine Augen ihr nichts mehr verraten konnten. Sie blickte Flavus nach, als interessierte es sie, wohin er ging.
     Er drückte sich zwischen den Hecken hindurch und verschwand. Sie starrte noch eine Weile auf die Zweige, die sich hinter Flavus
     geschlossen hatten, doch in Wirklichkeit hatte sie ihn in dem Augenblick vergessen, in dem er nicht mehr zu sehen war …
     
    |87| Inaja stand in der Nähe des Schobers, in dem das Heu aufbewahrt wurde. Würde er ihr folgen? Würden sie für ein paar Augenblicke
     allein sein können? Lange konnte sie der Arbeit nicht fernbleiben, bei den vielen Gästen wurde jede Hand gebraucht.
    Sie lehnte sich an die Balken, die den Schober vor Wind und Wetter schützten, und schloss die Augen. Die Sonne tanzte auf
     ihrer Haut, mit den Schatten der Zweige, mit dem kühlen Wind, mit den federleichten Wolken, die die Sonne nicht verbergen
     konnten, die nur ihr Licht veränderten. Wenn Inaja vor Hilgers Höhle gehockt hatte, war es ähnlich gewesen. Das Warten auf
     ihn hatte so gerochen wie dieses hier, nach Gras und feuchter Erde, und sich genauso angefühlt wie diese Sehnsucht nach der
     Angst und diese Angst vor dem Glück.
    Sie riss die Augen auf, als sie Geräusche vernahm, und zog sich mit zwei, drei kleinen Schritten zurück. Vorsichtig spähte
     sie um die Ecke des Schobers. Hermut stand da und sah sich um. Vorsichtig, Schritt für Schritt, bewegte sich Inaja weiter
     rückwärts. Ein Vogelschwarm zog schreiend über sie hinweg, Inaja wagte ein paar schnelle Schritte, ohne dass Hermut sie hörte.
     Er blieb stehen, wo er stand, sah in alle Richtungen und zuckte dann mit den Schultern. Durch die Ritzen des Heuschobers konnte
     Inaja erkennen, wie er die Suche aufgab. Als erneut das Gras unter schweren Schritten raschelte, wandte er sich ab und griff
     unter seinen Umhang. Dort, wo er sich vom vielen Met erleichterte, hatten es schon viele Männer vor ihm getan.
    Inaja biss die Zähne zusammen, als sie Flavus erkannte. Wie sollte sie ihn jetzt auf sich aufmerksam machen? Solange Hermut
     dort stand, war es unmöglich. Wenn auch die beiden Männer keine Notiz voneinander nahmen, Hermut hätte Inaja bemerkt, wenn
     sie Flavus angerufen oder auch nur einen Schritt auf ihn zugemacht hätte.
    Hermut warf einen Blick über die Schulter und kümmerte sich dann wieder nur darum, dass er seine nackten Füße nicht bespritzte.
     Anscheinend wollte er nicht mit Flavus reden. Der |88| Bruder seines besten Freundes war ihm dermaßen vertraut, dass es zwischen den beiden nicht auf Höflichkeit ankam. Sie waren
     ja miteinander aufgewachsen.
    Flavus ging mit kleinen, langsamen Schritten am Heuschober vorbei, ohne auf Inaja aufmerksam zu werden. Aber dass er sie suchte,
     davon war sie überzeugt. Immer wieder blieb er stehen und sah nach rechts und links. Dann machte er ein paar Schritte auf
     die Mauer zu, die die Teutoburg umgab, und sah über die morastigen Wiesen, als könnte er dort finden, was er suchte. Aber
     Inaja war sicher, er wartete nur darauf, dass Hermut sich endlich entfernte, damit er nach ihr rufen oder hinter dem Schober
     nach ihr suchen konnte.
    Doch Hermut ließ sich sehr viel Zeit. Warum nur? Inaja betrachtete ihn zornig. Hatte er etwa die gleichen Gedanken wie Flavus?
     Hoffte er, der andere möge sich entfernen, damit die Suche nach ihr einfacher wurde?
    Inaja duckte sich tiefer in den Schatten des Schobers und wartete ab. Wer würde zuerst aufgeben? Das Plätschern, das bis in
     ihr Versteck gedrungen war, hatte längst aufgehört. Hermut sorgte mit ein paar schnellen, ruckartigen Bewegungen seines Unterkörpers
     dafür, dass es sauber beendet wurde. Dann richtete er umständlich seine Kleidung. Währenddessen ließ Flavus noch immer den
     Blick über die Umgebung der Teutoburg schweifen, als traute er den Kriegern nicht, die sie bewachten. Das Warten stand zwischen
     den beiden wie eine durchsichtige Mauer. Jeder von ihnen schien bereit zu sein, sie zu überspringen, wenn der andere Anstalten
     machen sollte,

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