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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sprechen kam, erfüllte Severina mit heftigem Zorn. Niemand hatte
     bisher eine Bemerkung dazu gemacht, dass sie an Gewicht zugenommen hatte. Und Severina ging davon aus, dass auch niemand bemerkt
     hatte, dass sie launischer war als sonst und das Essen nicht mehr gut vertrug. Noch am Tag zuvor war ihr beim Anblick der
     in Milch gekochten Schnecken übel geworden, die man ihr serviert hatte. Und Agrippina hatte ihr leider nicht abgenommen, dass
     das Mitleid mit den Schnecken sie überwältigt hatte, die zunächst in Milch und Weizenmehl gemästet und dann, wenn sie fett
     genug waren, bei lebendigem Leibe gekocht wurden.
    Agrippina hatte nur gelacht. »Du leidest mit einer gemeinen Schnecke? Verzeih, Severina, dass mich diese Behauptung amüsiert.«
    Severina hatte ihr selbstverständlich nicht verziehen. Und der Blick, den Agrippina ihr gerade in diesem Augenblick zuwarf,
     erbitterte sie erneut. Zu dumm, dass sie vorsichtig mit ihrer Empörung umgehen musste! Gerne hätte sie ihrer Schwägerin in
     aller Deutlichkeit gesagt, dass ihre Gesellschaft sie langweilte und dass sie Agrippinas immerwährende Freundlichkeit insgeheim
     Dummheit nannte. Aber besser war es, sich in Acht zu nehmen und sie nicht zu ihrer Feindin zu machen. Wenn Agrippina auch
     nichts wusste! Was sie ahnte, war schon zu viel.
    »Vielleicht sollte Arminius endlich erfahren, wie es um dich steht«, sagte Agrippina nun. »Wenn du willst, lasse ich ihm eine |105| Nachricht zukommen. Vielleicht bittet er den Kaiser dann, wieder in Rom Dienst tun zu dürfen.«
    Severina richtete sich auf und sah ihre Schwägerin so eindringlich an, dass Agrippina sich tiefer in die Kissen drückte. Während
     die Sklavinnen duftendes Wasser und kleine Handtücher bereitlegten, sagte sie mit schneidender Stimme: »Hör zu, Agrippina!
     Ich sage es dir jetzt ein letztes Mal: Es ist mir gleichgültig, wo Arminius sich aufhält. Ob in Germanien oder in Rom – es
     ist mir egal!«
    »Aber dein Kind …«, versuchte Agrippina einzuwenden.
    »Woher willst du so genau wissen, dass ich schwanger bin?« Ehe Agrippina auf den reichen Schatz ihrer Erfahrungen verweisen
     konnte, fügte Severina hinzu: »Und wenn … woher willst du wissen, dass ich ausgerechnet von Arminius schwanger bin?«
    Nun wurde Agrippina rot und heftete, um Severina nicht ansehen zu müssen, ihren Blick auf die Pfaueneier, die soeben serviert
     wurden.
    »Wenn ich möchte, dass Arminius benachrichtigt wird«, fuhr Severina in unverändertem Tonfall fort, »dann sorge ich selbst
     dafür.«
    »Natürlich, Severina«, murmelte Agrippina und nahm die Pfaueneier so gründlich in Augenschein, als wollte sie ihre Qualität
     prüfen. »Ich möchte dir doch nur helfen.«
    »Ich will deine Hilfe nicht!« Mit herabgezogenen Mundwinkeln sah sie zu, wie Agrippina ungerührt zu dem Schwarzbrot griff
     und es mit Salz bestreute. »Hast du mich verstanden?«
    Agrippina lächelte, und Severina hätte ihr das Lächeln am liebsten aus dem Gesicht geschlagen. Es vertiefte sich sogar noch,
     als die gefüllte Taube hereingetragen wurde. Denn Severina begann mit einem Mal zu würgen.
    »Weg!«, stieß sie hervor. »Weg damit!«
    Erschrocken nahm Gaviana das Tablett wieder hoch und drückte es einer Sklavin in die Hand. Dann eilte sie zu ihrer Herrin
     und half ihr, sich aufzurichten. Ohne eine Miene zu verziehen, |106| wölbte sie ihre Handflächen vor Severinas Mund und sorgte dafür, dass keins der kostbaren Seidenkissen mit dem Erbrochenen
     in Berührung kam. In aufrechter Haltung trug sie es aus dem Raum und gab Anweisung, Severina kühle Tücher auf die Stirn zu
     legen.
    Agrippina erhob sich. »Ich werde dich allein lassen, damit du dich ausruhen kannst.«
    Severina war so erschöpft, dass sie nichts darauf erwiderte. Sie hoffte nur, dass ihre Schwägerin es sich nicht anders überlegte,
     denn gelegentlich war Agrippina von dem unerträglichen Wunsch besessen, anderen zur Seite zu stehen, wenn es ihnen schlecht
     ging. Grässlich! Einfach unerträglich!
    Severina war froh, als das Rascheln von Agrippinas Tunika verriet, dass sie sich tatsächlich entfernte und auch die Sklavinnen,
     von denen sie stets begleitet wurde, den Raum verlassen hatten. Sie öffnete die Augen erst wieder, als kein Geräusch mehr
     zu vernehmen war. Dann streckte sie die Arme aus und ließ sich von zwei Sklavinnen in die Höhe ziehen. »Wo ist Gaviana?«
    Die beiden sahen sich ängstlich um. Die Erklärung, dass Gaviana sich reinigen und

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