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Die Frau des Polizisten

Die Frau des Polizisten

Titel: Die Frau des Polizisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Elfberg
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mehr hören. Es klang, als ob sie sich unter einer Wasseroberfläche befand und die Geräusche, die Stimmen, die sie wahrnahm, von weit her zu kommen schienen.
    »Zur Hölle, löse den Riemen, sie erstickt ja!«, schrie Torbjörn, während er Jan Olof nicht eine Sekunde aus den Augen ließ, der nun mit dem Rücken am anderen Ende des Raumes an der Wand stand, die Augen weit aufgerissen, die Hände weit von sich gestreckt.
    Per gehorchte und versuchte schnell zu begreifen, nach welchem System Jan Olof Erikas Körper gefesselt hatte. Die Führungsschlinge zog sich vom Bein aufwärts über den Rücken und verband die Füße mit dem Hals. Er nahm an, dass sie nur in eine Richtung verlief. Sich fester zuzog. Aber nicht zurücklief. Er durfte nichts falsch machen. Zuerst ging er logisch an die Sache heran, dann handelte er instinktiv. Er hatte diese Art der Fesselung schon einmal gesehen. Mit einem Mal wusste er …
    »Zeig uns, wie wir sie losbekommen«, bellte Torbjörn und trat ein paar Schritte dichter an Jan Olof heran, während er die Waffe auf seinen Kopf richtete. »Hast du mich verstanden …?«
    Im selben Augenblick warf Jan Olof sich zur Seite, zu der Puppe, die reglos mit weit aufgerissenen Augen und erstauntem Ausdruck an der Wand saß. Er riss etwas an sich, was hinter ihr lag. Torbjörn sah nur ein Aufblitzen, dann begriff er, was es war – eine Schere. Er ging noch einen Schritt näher,um sich zwischen Jan Olof und dem Bett zu positionieren, auf dem Erika lag. Aber das, was geschah, war nicht das, womit er gerechnet hatte.
    Jan Olof umklammerte die Schere so fest, das jegliches Blut aus seinen Knöcheln wich, und richtete die Spitzen auf sein Gesicht. Einen schwindelerregend flüchtigen Moment spürte Torbjörn, wie er in Jan Olofs Augen in einen Abgrund sah. Sein Körper nahm instinktiv wahr, was geschehen würde, bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hatte. Torbjörn warf sich nach vorne. Und schloss die Augen, als ihm Blut ins Gesicht spritzte …
    Nachdem Per mit Erika im Notarztwagen davongefahren war, blieb Torbjörn zurück und wartete auf die Techniker und den Leichenwagen. Der üble Geruch von Blut hing in dem Raum. Das Bett, auf dem Erika gelegen hatte, stand in der Mitte, die schmalen Riemen ringelten sich wie schwarze Schlangen auf dem weißen Überwurf. Schräg hinter ihm lag Jan Olofs Körper zu unnatürlicher Stellung verdreht, reglos und still. Torbjörn vermied es, den Leichnam anzusehen, und ließ seinen Blick auf der Gummipuppe verweilen, die mit aufgerissenen Augen und einem Mund, der in einem Aufschrei des Entsetzens erstarrt war, an der Wand saß.
    Erika hatte versucht, ihnen krächzend etwas zu erzählen, bevor sie ins Krankenhaus transportiert wurde. Er glaubte, die Worte »eingesperrt« und »Barbro« vernommen zu haben. Das monotone Summen zog seine Aufmerksamkeit auf sich. An der anderen Wand stand eine große Gefriertruhe, auf dem Fußboden davor waren Schleifspuren zu sehen. Langsam trat er an die Truhe, betrachtete sie nachdenklich, bevor er mit seiner behandschuhten Hand den Griff packte und daran zog.
    Eine eisige Dampfwolke stieg auf, als der Deckel mit einemschmatzenden Laut nachgab. Als der weiße Dunst verflogen war, sah er hinein. Er zuckte so heftig zurück, dass er sich den Kopf am Deckel stieß, als er in die starren leeren braunen Augen sah.

Kapitel 69
    Erika trat durch die Tür. Verbrauchte Luft schlug ihr entgegen. Erik, Torbjörn und Aleks saßen schon im Besprechungszimmer. Bis auf Torbjörn lächelten ihr alle strahlend zu, so dass sie die Hand vor das Gesicht nehmen musste, um ihre Freude und Rührung zu verbergen.
    Sie hatte die neugierigen Blicke auf den Fluren und im Pausenraum wie Stiche auf der Haut gespürt. War neuen Kollegen begegnet, die sie nicht kannte, die sie aber mit einem anerkennenden Blick gegrüßt hatten. Manche waren zu ihr gekommen, hatten sie umarmt und gefragt, wie es ihr ging. Der Sauerstoff war zurückgekehrt, sie konnte wieder atmen, den Blicken ihrer Kollegen aufrecht begegnen.
    Torbjörn saß entspannt zurückgelehnt auf seinem Stuhl und nickte ihr kurz zu. Erika meinte, ein flüchtiges Lächeln aufblitzen zu sehen, ein Funkeln in den hellen Augen, Respekt. Ihr Blick begegnete seinem, sie hielt ihn fest. Sie war zutiefst dankbar für das, was er und Per für sie getan hatten. Torbjörn straffte leicht die Schultern und verschob den Kautabak im Mund. Erika lächelte.
    Schnell setzte sie sich neben Aleks, der ihr ein

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