Die Frau des Polizisten
Aber ich …«
Die Frau verstummte, schluckte hart und starrte vor sich auf den leeren Teller, auf dem ein paar Krümel und Spuren der roten Marmelade ein abstraktes Muster bildeten.
»Ich habe meinen Schwiegersohn nie gemocht, so ist es nun mal. Ich würde sagen, dass ich ihm nicht richtig über den Weg traue.«
Erika betrachtete die Frau, die sich ihr zuwandte, und begegnete ihrem Blick.
»Sie sagen, dass Sie Jan Olof nicht trauen. Wissen Sie etwas, das …«
Die Frau zupfte mit mechanischen Bewegungen an ihrem Kleid und kaute auf der Innenseite der Unterlippe herum. Langsam schüttelte sie den Kopf.
»Sie sagen, Sie hätten eine Vermutung?«, fragte Erika schnell. Die Frau fuhr zusammen und drehte die Serviette in ihren Händen, als ob sie das glattgebügelte Leinen zwingen könnte, sich nach ihren Wünschen zu formen.
»Jan Olof vergöttert Barbro, glauben Sie mir«, erwiderte sie steif.
Barbros Mutter richtete sich auf und sah Erika mit einer solchen Kälte an, dass es sie schauderte.
»Dass Barbro Jan Olof nicht schon längst verlassen hat, liegt nur daran, dass er ihr leidtut. Sie weiß, dass er eine Trennung nicht verkraften würde. Aber Barbro ist eine sehr attraktive Frau, die heiß umworben wird. Ich will mich nicht selbst loben, aber sie kommt nach mir, sie hätte jeden haben können. Doch dann tauchte dieser Jan Olof auf und ließ nicht locker – er musste sie haben. Ich bin ehrlich erstaunt, dass sie ihn nicht schon früher verlassen hat.«
Erika merkte, dass ihr der Mund offen stand und klappte ihn abrupt zu. Sie machte sich fieberhaft Notizen und sah die alte Dame dann durchdringend an.
»Sie glauben also, dass Barbro ihren Mann verlassen hat? Wollen Sie mir das damit sagen?« Plötzlich verdrehte die Frau die Augen, fasste sich an die Brust und schien schwer Luft zu bekommen, sie hustete abgehackt und angestrengt. Die dralle Haushälterin kam eilig mit einem Glas Wasser und einem Medikament angelaufen. Mit besorgtem Blick stellte sie sich neben ihre Arbeitgeberin. Erika kam der Gedanke, dass sie die ganze Zeit hinter der Tür gewartet haben musste. Die Haushälterin schüttelte mit zitternden Händen zwei rosa Pillen aus der Dose und half Barbros Mutter, sie einzunehmen. Nach einem Moment beruhigte sie sich und sah Erika anklagend an.
»Meine Gesundheit war noch nie gut«, sagte sie streng. »Ein Joch, das manche von uns ein ganzes Leben mit sich herumschleppen müssen. Das Herz, wissen Sie.«
Sie tätschelte ihre Brust und beugte sich leicht zu Erika vor.
»Ich traue Jan Olof nicht, das habe ich wohl noch nie. Nicht weil er böse wäre, absolut nicht. Und er ist auch nicht geizig. Aber ich finde, dass er ein bisschen, ja, wie soll ich sagen … gefühlskalt ist. Es fällt mir schwer, in Jan Olof einen Mann zu sehen, der einer Vollblutfrau wie Barbro etwas bieten kann.«
Erika starrte auf ihren Mund, der ein gekünsteltes Lächeln zeigte. Sie sah auf ihren Notizblock und beendete die eigenartige Unterredung mit den üblichen Routinefragen.
Erika verließ die große Villa mit dem zwiespältigen Gefühl, eine vertrauliche Mitteilung erhalten zu haben, ohne sie entziffern zu können. Was hatte die alte Dame ihr eigentlichgesagt? Dass Barbro schon lange daran gedacht habe, ihren Mann zu verlassen und ihre Pläne in die Tat umgesetzt hatte? Aber weshalb hatte sie erwähnt, dass sie Jan Olof nicht über den Weg traute?
Kapitel 33
Der Besitzer des Pubs lächelte Erika freundlich von der Bar her zu, als sie hereinkam. Sie entdeckte Julias rabenschwarzen Haarschopf sofort. Die Beschreibung der Kollegen stimmte – Julia Lindmark fiel auf. Sie saß bei einer Flasche Rotwein an einem Ecktisch und blätterte in einem Büchlein, das wie ein Kalender aussah. Auf dem Tisch lag ein aufgeschlagenes Boulevardmagazin mit Paparazzifotos von verschiedenen Promis.
»Hallo, Frau Lindmark«, sprach Erika sie freundlich an und musterte interessiert die Frau, die die Kollegen so miesgelaunt und in ebenso miserablem Zustand am Flughafen Landvetter aufgegriffen hatten. Sie fuhr zusammen, schlug schnell den Kalender zu und ließ ihn in die Handtasche gleiten. Die stark geschminkten Augen verdunkelten sich, als ihr bewusst wurde, wer vor ihr stand.
»Ah, sind Sie das? Sind Sie der Bulle? Ja, ja, setzen Sie sich nur.«
Julia schien sich wieder zu entspannen und schenkte sich ein Glas Wein ein.
»Ich kann Ihnen wohl kein Gläschen anbieten?«
Erika schüttelte lächelnd den Kopf. Ihr Gegenüber trug
Weitere Kostenlose Bücher