Die Frau des Polizisten
passte, wurde sie bockig oder machte eine Szene. Oder aber sie stürzte einfach aus dem Büro. Ich glaube, dass alle, auch Sten, sich vor ihr fürchteten.«
»Und auch Sie«, fügte Erika hinzu. Vanja nickte stumm. Ihr Blick ging unruhig zwischen Erika und Per hin und her.
»Ich habe Ihnen die Namen gegeben, weil ich hoffte, dass endlich einmal Schluss mit der Mauschelei und dem Mist, den Barbro verzapft hatte, ist. Ich dachte, dass sie einfach nur aus einer Laune heraus eine Zeitlang nicht ins Büro gekommen ist – nicht, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte.«
»Hatte Barbro mit Sten ein Verhältnis?«
»Hmm«, erwiderte Vanja und verzog verächtlich das Gesicht. »Sie hat ihn sofort um den Finger gewickelt. Hat mit ihm geflirtet und sich zur Schau gestellt, dass man beinahe vor Scham gestorben wäre. Aber er biss an. Und sie waren auch nicht sonderlich diskret mit ihrer Affäre.«
Mit wachsendem Interesse hörte Erika Vanjas nüchterner Schilderung zu, wie sich im Grunde alles im Bauamt verändert hatte, seit Barbro zu ihnen gestoßen war. Ihre Stimmungsschwankungen, ihre offensichtlich kindische Art, mit Konflikten und Schwierigkeiten umzugehen. Und dass sie rasch herausgefunden hatte, wie sich Vanjas Zuverlässigkeit ausnutzen ließ, indem sie Arbeit, zu der sie keine Lust hatte, auf ihren Schreibtisch verschob.
»Unterhielt Barbro noch zu anderen Männern Verhältnisse?«
»Ja«, erwiderte Vanja grimmig. »Sie hat mit jedem geflirtet. Wirklich jedem. Hat mit ihnen gespielt. Hat so lange weitergemacht, bis sie sie an der Angel hatte, egal ob sie sie interessierten oder nicht. Es war wie ein Sportwettkampf oder ein Spiel für sie.«
»Und Kai Andrée?«
»Ja. Das war anfangs mein Projekt, aber sowie sie ihn getroffen hatte, sagte sie, dass sie ihn jetzt übernehmen würde. Sie hat sofort ihre Krallen in ihn geschlagen.«
»Wusste Sten darüber Bescheid?«
»Keine Ahnung. Eifersüchtig war er natürlich schon, aber das war ihr egal.«
»Ist vor Weihnachten etwas Bestimmtes vorgefallen?«
Vanja schloss die Augen und schluckte hart. Dann sah sie langsam mit schmalen Augen zu Erika auf.
»Ja. Wir hatten Toni Christensen als Kunden bekommen. Barbro war völlig aus dem Häuschen, gebärdete sich wie eine Verrückte. Er sei die Liebe ihres Lebens, sagte sie, und dass ein Paar aus ihnen werden würde, sie zusammen arbeiten würden … Es waren völlige Hirngespinste! Er hingegen blieb distanziert, zeigte nicht einmal ein höfliches Interesse für sie. Es war wohl das erste Mal, dass sich ein Mann nicht die Spur von ihr beeindruckt zeigte. Jedenfalls war das mein Eindruck.«
»Wie hat Barbro reagiert, als Toni starb?«
»Sie … war zuerst am Boden zerstört, enttäuscht. Aber dann immer wütender. So als ob jemand ihr das Lieblingsspielzeug weggenommen hätte.«
»Tonis Frau Helene. Wie …?«
Vanja schüttelte mit fest aufeinandergepressten Lippen den Kopf.
»Nein. Keiner von ihnen hat Barbro ernst genommen.«
»Und der Architekt Stefano?«, fragte Erika mit einem erwartungsvollen Flattern in der Magengrube.
Vanja drehte und wendete sich verlegen, während sie sachlich schilderte, dass Barbro sich nach Tonis Tod auf den nächsten gutaussehenden und erfolgreichen Architekten gestürzthätte. Aber dass sie das Gefühl hatte, dass sich Barbro Stefano gegenüber reservierter und kühler als Toni gegenüber verhalten hatte. Die Beziehung zu Sten sei währenddessen weitergelaufen. Und Vanja war sich sicher, dass sie ebenfalls weiterhin Kai getroffen hatte.
»Sie wissen nicht zufällig, ob Barbro einen neuen Mann hatte, mit dem sie flirtete oder in den sie verliebt war? Jemanden, den sie erwähnt hat?«
Vanja schüttelte entschieden den Kopf. Sie warf einen verstohlenen Blick zu Per hinüber, der ihrem Blick immer noch nicht begegnete, sondern vollkommen gebannt von einem Gemälde zu sein schien.
»Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Und ich weiß auch nicht, ob sie einen Neuen hatte. Leider«, sagte Vanja.
Erika machte sich auf ihrem Block Notizen und musterte Vanjas rundes Gesicht, während sie nachdachte. Kleine Schweißperlen waren an Vanjas Haaransatz hervorgetreten. Sie knetete nervös die Finger.
»Sie sagen, dass Barbro ihrem Mann untreu war. War er denn nicht eifersüchtig?«
»Er war überhaupt nicht eifersüchtig«, antwortete Vanja heftig und errötete. »Oder vielleicht ein klein bisschen. Er liebte sie ja über alles, ein wenig eifersüchtig wird er wohl gewesen
Weitere Kostenlose Bücher