Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
Vom Netzwerk:
zu ihnen zum Essen – ich gewöhnte mich daran, sie Harold und Priscilla statt Mr. und Mrs. Blackwell zu nennen –, und wir machten Reisen, manchmal zusammen mit Jadey und Arthur. In den ersten fünf Jahren nach unserer Hochzeit reisten wir nach Colorado, Kalifornien, North Carolina, New York und New Jersey, und ich war nur ein kleines bisschen enttäuscht, als Charlie für uns alle entschied, dass wir seine Eltern nicht nach Hawaii begleiten würden. Zu diesem Zeitpunkt war unsere Tochter, Ella, zwei und damit für eine Flugreise zu klein.
    In den ersten Jahren unserer Ehe waren wir sehr glücklich – die meiste Zeit unserer Ehe waren wir glücklich, doch wie alle Paare haben auch wir Rückschläge erlitten. Dass die guten Zeiten die schlechten überwiegen, ist nicht unbedingt das, was die Öffentlichkeit hören will, aber es ist die Wahrheit. Je längerwir zusammen sind, desto unglaublicher scheint mir das Tempo, das wir vorgelegt haben. Nach sechs Wochen verlobt! Nach weiteren sechs Wochen verheiratet! Wie impulsiv, wie mutig oder dumm. Kannten wir einander überhaupt? Aber ich glaube, das taten wir. Auch wenn sich unser Leben radikal verändert hat, glaube ich, dass wir heute noch die gleichen Menschen sind wie damals.
    Es überraschte mich nicht, wenn Experten und Journalisten Charlie sowohl in dieser ersten Wahl zum Kongressabgeordneten als auch in späteren Wahlen unterschätzten; immerhin hatte ich ihn bei unserer ersten Begegnung auch unterschätzt.

TEIL 3
402 Maronee Drive
    Wir hatten Theaterkarten für eine Aufführung um halb acht, daher hatte Charlie versprochen, um viertel nach sechs zu Hause zu sein, und ich hatte rechtzeitig Marsala-Hühnchen für unser Abendessen mit Ella vorbereitet. Aber um zwanzig vor sieben war er immer noch nicht da, und unsere Babysitterin, eine College-Studentin namens Shannon, die Ella über alles liebte, wartete schon auf ihren Einsatz. Ich rief in Charlies Büro an und erreichte nur seinen Anrufbeantworter, auf dem die Stimme seiner Sekretärin erklärte, er sei außer Haus oder in einer Besprechung. Hatte er unsere Verabredung vergessen – wir wollten in Tschechows
Möwe
– und war in den Country Club gefahren, um Squash zu spielen oder Krafttraining zu machen? War er bei einem Baseballspiel? Es war ein Mittwoch im Mai, und obwohl wir im Marcus Center Abonnenten waren, besuchten wir das Theater üblicherweise eher freitags oder samstags.
    Ich sah in der Zeitung nach, und tatsächlich hatten die Brewers ein Heimspiel, sie traten gegen die Detroit Tigers an. Das war die plausibelste Erklärung für Charlies Abwesenheit, aber um sicherzugehen, rief ich noch im Country Club an. Dort ließ ich mich mit Tony verbinden, dem Siebzigjährigen, der in der eichengetäfelten Bar zwischen den beiden Umkleideräumen Getränke ausschenkte und mir sagte, er hätte Charlie nicht gesehen. Das konnte aber immer noch heißen, dass Charlie auf dem Weg in die Squashhallen oder den Kraftraum einen Seiteneingang benutzt hatte, oder vielleicht war er im Haus seiner Eltern, wo Arthur und er sich gern in Ruhe Baseball im Fernsehen ansahen. Harold und Priscilla waren zwei Jahre zuvor, 1986, nach Washington D. C. umgezogen, nachdem Harold zum Vorsitzenden des Republican National Committee gewählt worden war, aber das Haus war noch immer voll möbliert.
    Dann rief ich Jadey an – sie und Arthur wohnten ebenfallsam Maronee Drive, gut einen Kilometer westlich von uns – und hatte ihren fünfzehnjährigen Sohn Drew am Apparat. »Mom ist gerade mit Lucky draußen«, sagte er.
    »Und ist dein Vater schon zu Hause?«, fragte ich.
    »Er arbeitet heute länger.«
    Als ich auflegte, war es zehn vor sieben, und die Autofahrt ins Stadtzentrum würde gut und gerne fünfundzwanzig Minuten dauern. Shannon saß in der Küche mit Ella, die schon fast mit dem Abendbrot fertig war. Ich ging zu Ella hinüber und küsste sie auf die Stirn. Zu beiden sagte ich: »Um halb neun geht es nach oben, um viertel vor neun ist das Licht aus, und kein Fernsehen.«
    »Mommy, deine Ohrringe sehen aus wie Reißzwecken«, sagte Ella.
    Ich lachte. Die Ohrringe, die sie meinte, waren golden und hatten mit Reißzwecken tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit. Dazu trug ich ein blassrosa Kostüm und farblich passende Pumps von Ferragamo. »Denk daran, Barbies Teegesellschaft wegzuräumen«, sagte ich zu ihr und wandte mich dann an Shannon: »Im Kühlschrank sind noch Steaks, falls Sie sich was warmmachen möchten. Wir werden gegen

Weitere Kostenlose Bücher