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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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namens Tottie Gagneaux, die prüfend die Augen zusammenkniff und meinte: »Sind Sie nicht Priscillas Gehilfin?«
    Schnell warf ich ein: »Wussten Sie, dass die beiden am nächsten Wochenende hier sind? Sie kommen direkt aus Arizona, wenn ich mich nicht irre, aber es ist gar nicht so einfach, bei ihren vielen Reisen auf dem Laufenden zu bleiben …«
    Es nieselte, als wir das Theater verließen, und Miss Ruby wies mir den Weg zu sich nach Hause. Sie lebte in Harambee, in einem bescheidenen eingeschossigen Haus auf einer Hügelkuppe; eine steile Betontreppe führte zum Eingang. Als ich sie dort absetzte, sah ich in einem der vorderen Fenster das bläuliche Flackern eines Fernsehers. Eine Gestalt mit Baby auf dem Arm – das musste Yvonne sein – schob den Vorhang zur Seite, um einen Blick auf mein Auto zu werfen. »Ich bin Ihnen so dankbar, dass Sie mir heute Gesellschaft geleistet haben«, sagte ich, und Miss Ruby antwortete: »Ja, Ma’am.« Bevor sie die Tür hinter sich schloss, setzte sie noch hinzu: »Gute Nacht, Alice.« Ich war beinahe sicher, dass dies in den elf Jahren, seit wir einander kannten, das erste Mal war, dass sie meinen Namen nannte.
     
    Auf dem Heimweg fühlte ich mich eigenartig unbeschwert und zufrieden. Der Abend war ganz anders verlaufen als erwartet, aber auf angenehme Weise: Charlie hätte sich im Theater sicher gelangweilt, während es Miss Ruby gefallen zu haben schien. Doch als ich in unsere Einfahrt einbog, stiegen Zweifel in mir auf. Shannons Auto war nicht mehr da, und in der Garage stand Charlies Jeep Cherokee. War das Spiel vielleicht wegen Regens abgebrochen worden?
    Ich schloss die Haustür auf, und sobald ich einen Fuß hineingesetzthatte, hörte ich schwere Schritte auf mich zukommen. Charlie kam mir im Flur entgegen. »Ich kann nur hoffen, dass das ein verdammt gutes Stück war.«
    »Ist mit Ella alles in Ordnung?«
    »Alles bestens. Ich habe Shannon um neun nach Hause geschickt, und seitdem warte ich hier auf dich.«
    »In der Pause habe ich noch hier angerufen und mit ihr gesprochen, also musst du kurz danach angekommen sein.«
    »In der Pause, ja?« Er verschränkte die Arme vor der Brust. Immer wenn er morgens zur Arbeit ging oder abends nach Hause kam, umarmten und küssten wir uns. Bisher aber hatten wir weder das eine noch das andere getan. Mit einem sarkastischen Unterton sagte er: »Dann hast du deine tägliche Dosis der schönen Künste gehabt?«
    Ich antwortete nicht.
    »Und du hast dich nicht gefragt, wo ich bin?«, fuhr er fort. »Nicht mal ein, zwei Minuten zwischendurch, während du den Schauspielern beim Labern zugeguckt hast?«
    »Ich dachte, du wärst beim Spiel. Charlie, ich habe im Country Club angerufen, bei Arthur und Jadey, ich bin zum Haus deiner Eltern gefahren, und es tut mir leid, das zu sagen, aber es war auch nicht das erste Mal, dass ich nicht wusste, wo du steckst.«
    »Also bist du nicht eine Sekunde lang auf die Idee gekommen, dass etwas passiert sein könnte?«
    »
Ist
etwas passiert?«
    »Ich weiß nicht. Was denkst du?«
Du hast Mist gebaut
, schien seine Haltung auszudrücken,
und ich habe alle Zeit der Welt, um darauf zu warten, dass dir das klar wird
.
    Ich war zutiefst erschrocken, und zugleich spürte ich Verbitterung in mir aufsteigen. Wenn etwas passiert war, warum spielte er dann Spielchen mit mir? Und wenn nichts passiert war, stellte sich dieselbe Frage – warum spielte er mit mir?
    »Hör auf damit«, sagte ich. Einige Sekunden lang sahen wir einander nur an, und ich lächelte nicht mein fürsorgliches Lächeln, ich lächelte überhaupt nicht. Ich war gern bereit, Charlie zu umsorgen, wenn er glaubte, die ganze Welt hättesich gegen ihn verschworen, aber nicht, wenn er sich verhielt, als sei auch ich Teil des Komplotts.
    Endlich sagte er mit erstaunlich ruhiger Stimme: »Die Firma ist am Arsch.« Damit drehte er sich um und ging am Wohnzimmer vorbei ins Fernsehzimmer. Ich folgte ihm. (Im Grunde war ich nicht so streng, wie ich tat, ich folgte ihm letztlich doch, und ich
würde
ihn umsorgen, wenn er mir im Gegenzug nur das kleinste Quäntchen Respekt erwies – oder auch weniger als das, wenn er sich nur neutral verhielt. Wenn irgendjemand uns beobachtet hätte, hätte es auf ihn vielleicht gewirkt, als machte ich mich zum Fußabtreter, aber mir war es wichtig, nicht wegen jeder Kleinigkeit meine Kraft zu vergeuden. Außerdem gab es selten etwas, das mir wichtiger war, als nicht mehr streiten zu müssen.)
    Der Fernseher war an; es

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