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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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wohingegen Charlie ihr den Namen seiner Mutter geben wollte. Schließlich einigten wir uns auf den Kompromiss, beide Namen zu verschmelzen, und meine Mutter wurde, sicher nicht zum ersten Mal, mehr oder weniger übergangen.
    Charlie nippte am Whiskey. »Ich wünschte, mein Lebensweg wäre inzwischen klarer zu erkennen, weißt du? Meine Bestimmung.« Oh, wie ich dieses Thema hasste. Wer dachte schon jenseits der Highschool noch ernsthaft über seine Bestimmung nach?
    »Schatz, ich weiß nicht, ob es so etwas wie eine Bestimmung wirklich gibt, aber falls doch, bin ich ziemlich sicher, dass dusie hier drin nicht finden wirst.« Dabei deutete ich auf die Whiskeyflasche.
    Charlie grinste breit. »Wie kann ich mir da sicher sein, bevor ich unten angekommen bin?«
    Ich verfolgte das Thema nicht weiter, sondern sagte: »Wenn du in der Firma bleiben willst, finden wir einen Weg, deine Position dort zu verbessern, und wenn du beschließt, zu gehen, bin ich sicher, dass du etwas auftun wirst, das dir gefällt. Du hast ein schönes Leben, und wir haben es gut zusammen – wir haben einander und Ella. Vergiss das bitte nie, versprochen?«
    Charlie grinste noch immer. »Baseballtrainer werde ich nur, wenn du Cheerleader wirst und mir deine Pompons zeigst.«
    Ich beugte mich zu ihm hinüber und küsste ihn auf die Wange. »Verlass dich lieber nicht darauf.«
     
    Ich stand in der Autoschlange, die sich immer nach Schulschluss vor der Biddle Academy bildete, und wartete auf Ella, als eine Frau auf der Beifahrerseite ans halboffene Fenster meines Volvos klopfte. Sie beugte sich herunter, und ich erkannte Ellas Lehrerin, Ida Turnau. »Alice, kann ich Sie kurz sprechen?«, fragte sie.
    Mrs. Turnau war eine zierliche Person mit rosigem Teint und einem sehr freundlichen Gesicht, etwa in meinem Alter. (Im direkten Gespräch nannte ich sie zwar Ida, aber zu Hause sprachen wir immer von Mrs. Turnau.) Ich hatte sie in der letzten Zeit ein wenig kennengelernt, weil ich einige Male als zusätzliche Aufsicht zu Klassenausflügen mitgekommen war: In einer Pizzeria in Menomonee Falls hatten sich die Kinder die Küche angesehen und ihre eigenen individuellen Pizzakreationen erschaffen, und im Erlebnispark Old World Wisconsin hatten sie an einer nachgespielten Prohibitionskampagne teilgenommen und eine Flachsspinnerei besichtigt. Ich selbst fand diese Aktivitäten um einiges interessanter als Ella und ihre Freunde.
    Mrs. Turnau sagte: »Es ist mir ein bisschen peinlich, aber gestern Abend habe ich in den Nachrichten von dieser Rückrufaktion für Hackfleisch gehört, und ich habe mich gefragt,ob es wohl möglich wäre, zur Schuljahres-Abschlussfeier auf Blackwell-Hamburger zu verzichten? Das ist mir wirklich unangenehm, und ich bin sicher, bis dahin wird das Problem längst behoben sein, aber ich weiß einfach, dass mich Eltern danach fragen werden.« Die Abschlussfeier der dritten Klasse sollte in zwei Wochen bei uns zu Hause stattfinden.
    »Oh, natürlich«, sagte ich. Ich hätte gern wiederholt, was Charlie zu mir gesagt hatte, dass der Fehler wahrscheinlich nicht bei Blackwell Meats gelegen hatte, aber das hätte vermutlich nichts genützt. »Das ist doch selbstverständlich.«
    »Es ist ja nur, damit die anderen Eltern sich keine Sorgen machen«, sagte Mrs. Turnau. Die Warteschlange bewegte sich ein Stück weiter, und sie fügte hinzu: »Dann will ich Sie nicht weiter aufhalten. Es war schön, Sie zu sehen, Alice.«
    Als sie gegangen war, bemerkte ich, dass direkt vor mir in der Schlange der Volvo von Beverly Heit stand, deren Sohn ein Jahr weiter war als Ella. (Ich hatte mitbekommen, dass die Lehrer in Biddle uns Eltern die
Volvo-Mafia
nannten, ein Spitzname, an dem auch ich nicht unschuldig war. Mehr als einmal hatte ich aber auch den Impuls – dem ich nie nachgab –, Ellas Lehrern zu sagen:
Ich bin eine von euch! Ich weiß, dass ich wie eine von denen aussehe, aber in Wirklichkeit bin ich eine von euch!
) Ich drückte ganz vorsichtig auf die Hupe, und als Beverly durch den Rückspiegel zu mir schaute, winkte ich ihr zu. Sie winkte zurück, dann hielt sie ein Handgelenk hoch und tippte auf ihre Uhr:
Das dauert ja ewig!
Ich nickte:
Ich weiß!
    Da ich selbst eine staatliche Schule besucht und an zweien unterrichtet hatte, war ich zuerst dagegen gewesen, Ella in der Biddle Academy einzuschreiben. Es war nicht so, dass Charlie und ich darüber diskutiert hätten, das nicht. Diese Schule, die von der Montessori-Vorschulgruppe bis zur zwölften

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