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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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ganzes Major-League-Baseballteam gekauft hat.« Er wandte sich an Charlie: »Also gut, du Teufelskerl, stimmt das nun oder nicht?«
    »Morgy, dich wollte ich als Shortstop einsetzen.« Charlie tätschelte Wilburs Bauch. »Du solltest langsam mit dem Training anfangen, mein Freund.«
    »Das ist nicht fair!« Wilbur schüttelte breit lächelnd den Kopf. »Es ist
nicht
fair, dass ausgerechnet du den besten Job überhaupt abbekommen hast. Ich würd mein linkes Ei dafür hergeben.«
    »Na so was, ich wusste gar nicht, dass du ein linkes Ei hast«, antwortete Charlie, und Wilbur meinte zu mir: »Er hat sich kein bisschen verändert, oder?«
    Ich lächelte matt. »Entschuldigt mich bitte.« Ich ging zu einem der Ausschankzelte, um mir ein Wasser zu holen, und als ich den Becher gerade entgegennahm, stand plötzlich Holly Goshen, die Frau von Dennis Goshen, neben mir.
    »An so einem Abend muss man aufpassen, dass man nicht dehydriert, was?«, sagte sie. Dennis und Holly lebten und arbeiteten in New York, er als Händler an der Wall Street und sie als Aerobiclehrerin. Wir waren zu ihrer Hochzeit eingeladen gewesen, die sie irgendwann in den frühen Achtzigern im Rainbow Room gefeiert hatten, und Holly war, wie man es von einer Aerobiclehrerin erwarten durfte, schlank und attraktiv und hatte welliges blondes Haar. Wir standen eine Weile nebeneinander, nippten an unseren Getränken und beobachteten das Geschehen. Um ein Gespräch anzufangen, sagte ich: »Ich nehme an, ihr fahrt morgen früh nach New York zurück?«
    Holly nickte. »Es ist mir peinlich, das zu sagen, Alice, aber ich bin wirklich froh, dass ich hier nicht die Einzige bin, deren Mann sich immer noch die Nase pudert. Und du bist so ein netter und normaler Mensch, da ist es richtig beruhigend, dich zu treffen.«
    »Deren Mann immer noch … was?«, echote ich.
    »Ich wollte nicht sagen, dass …« Sie lachte nervös, und ich begriff, dass sie dachte, sie hätte mich beleidigt. »So sind die Jungs nun mal, das ist alles, was ich damit sagen wollte. Einige Kollegen von Dennis rauchen jeden Abend Freebase, aber er kann das nicht mehr, Gott sei Dank. Er ist immerhin zweiundvierzig!«
    »Willst du mir etwa sagen, dass Dennis und Charlie heute Abend Kokain genommen haben?«
    »Ich dachte …« Sie wurde immer unsicherer. »Ich habe die beiden vor dem Abendessen zusammen verschwinden sehen, und da habe ich einfach angenommen, dass … Ich bin voll ins Fettnäpfchen getreten, oder? Könnten wir ganz einfach so tun, als hätte ich nichts gesagt?«
    Wie gern hätte ich geantwortet:
Charlie würde nie Kokain nehmen
, aber sobald ich darüber nachdachte, fiel mir rückblickend auf, wie merkwürdig er sich verhalten hatte und wie zudringlich er gewesen war.
    Das alles war nicht Hollys Schuld. Sie hatte nicht das Geringste damit zu tun, aber mir fehlte einfach die Kraft, demMoment die Schärfe zu nehmen. Ich stellte meinen Plastikbecher ab. »Ich muss gehen.«
     
    Obwohl ich auf dem Weg ins Hauptzelt fast mit Joe Thayer zusammengestoßen wäre, dauerte es mehrere Sekunden, bis ich ihn erkannte. »Du bist genau der Mensch, nach dem ich gesucht habe«, sagte er. »Ich habe dich bei der Campusparade gesehen, aber ich wurde von der Menge mitgerissen und konnte nicht … Geht es dir nicht gut? Alice, um Himmels willen, was ist mit dir?«
    Ich hatte mich sehr darum bemüht, nicht zu weinen, aber es gelang mir nicht. Vielleicht lag es an Joes mitfühlendem Gesichtsausdruck, an seiner freundlichen Art. Ständig kamen und gingen Leute, und wahrscheinlich kannte ich die meisten von ihnen. Obwohl mir schon einige Tränen die Wangen heruntergelaufen waren, presste ich die Lippen fest aufeinander und schüttelte den Kopf.
    »Was hältst du von der Idee, wenigstens so zu tun, als könnte ich dir irgendwie helfen?«, fragte Joe. »Sollen wir ein Stück zusammen spazieren gehen?«
    Ich nickte, da ich noch immer nicht in der Lage war zu sprechen, und er fasste mich behutsam am Ellbogen und führte mich die Treppen hinunter und durch den Torbogen, der zu unserem Wohnhaus führte, bog dann aber vor Campbell nach links ab und ging mit mir in Richtung Nassau Hall. Der Campus lag im Dunkeln, und die Nachtluft war noch warm; alles roch nach Frühsommer. Mehr als zehn Minuten gingen wir schweigend nebeneinanderher. Zuerst dachte ich, ich müsste mich zusammenreißen und etwas sagen, aber dann wurde mir allmählich bewusst, dass Joe gar nicht auf eine Erklärung wartete – er bot mir nur seine

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