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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Fünfhundert-Teile-Puzzle vor, auf dem ein Zug in den Schweizer Alpen zu sehen war – er hatte dafür extra einen Klapptisch aufgebaut –, und meine Mutter füllte im Vorgarten eine gläserne Salatschüssel mit Wasser und einigen Spritzern Fensterreiniger, damit Ellas Barbie schwimmen gehen konnte; weder sie noch Lars äußerten sich jemals zu der Hautfarbe der Puppe. Nach einer Weile kam meine Mutter wieder herein und sagte: »Es würde keine fünf Minuten dauern, Barbie ein kleines Handtuch zu nähen.«
    Ich sah von dem Puzzle auf. »Du könntest dich ja zur Abwechslung auch einfach mal ein bisschen entspannen.«
    Aber sie hatte schon diesen grüblerischen, nach innen gekehrten Gesichtsausdruck, der anzeigte, dass sie ein neues Projekt verfolgte, und verschwand nach oben zu ihrer Nähmaschine.
    Durch das Fenster konnte ich Ella von Zeit zu Zeit mit Barbie reden hören – »Jetzt üben wir Rückenschwimmen« –, und dann war es längere Zeit still. Als ich rausging, um nach ihr zu sehen, hockte sie neben der Schüssel mit der blauen Flüssigkeit.»Liebes, hast du …«, begann ich, und als Ella zu mir aufsah, bemerkte ich, dass sie ein glitzerndes lilafarbenes Krönchen und dazu passende Ohrringe trug. »Na so was«, sagte ich. »Wo hast du denn die her?«
    »Von der Frau.« Sie zeigte auf das Haus gegenüber, das Haus der Janaszewskis.
    »Eine Frau hat sie dir gegeben?«, fragte ich.
    Ella nickte.
    »Hat sie dir geholfen, sie festzumachen?«
    Ella nickte wieder. Das Plastikdiadem war hinter ihren Ohren festgesteckt und prunkte mit eleganten Schnörkeln, die in der Mitte einen übergroßen künstlichen Amethyst und einen glitzernden Stern umschlossen. Die Ohrringe wurden von Clips gehalten und stellten ebenfalls Amethyste dar, die mit Strasssteinen besetzt waren. Ich ahnte sofort, wer solche Accessoires besonders liebte, aber sicher war ich mir nicht, und selbst wenn, konnte ich nicht einschätzen, was dieses Geschenk bedeuten sollte. War es eine spontane, unbedeutende Aufmerksamkeit für ein kleines Mädchen, ein verspieltes Friedensangebot an mich oder etwa im Gegenteil die spöttische Andeutung von Kritik mit dem Subtext
Deine Tochter ist eine Prinzessin
?
    »Hat dir die Dame gesagt, wie sie heißt?«
    Ella zuckte mit den Schultern. »Grandma macht mir ein Handtuch für Barbie.«
    »Das weiß ich, und vergiss bitte nicht, dich bei ihr zu bedanken. Ella, hat die Frau, die dir diesen Schmuck gegeben hat … Wusste sie, wie du heißt?«
    Sie kniff die Augen zusammen. »Ich glaube schon.«
    »Wie sah sie denn aus?«
    »Mommy, sie ist genau
da
reingegangen. Du kannst selbst nachsehen.«
    »War sie eher so alt wie ich oder wie Grandma?«
    Ella betrachtete kurz mein Gesicht und sagte dann: »Sie sah alt aus, aber mehr so wie du.«
    Ich sah zum Hauseingang der Janaszewskis hinüber. War das eine Einladung oder eine Herausforderung? Oder beides?Oder hatte einfach Denas Mutter die Sachen aus der Stadt mitgebracht, weil sie gedacht hatte, sie könnten Ella gefallen?
    Ich setzte mich auf die Veranda und wartete ab, ob wieder jemand herauskommen würde. Bald darauf gesellte sich auch meine Mutter zu uns – sie hatte auf das kleine Handtuch, das sie offenbar aus einem älteren großen ausgeschnitten hatte, sogar ein rotes »B« gestickt –, aber sie fragte nicht nach dem Krönchen und den Ohrringen. Vermutlich ging sie davon aus, dass ich sie mitgebracht hatte. Als wir fast eine Stunde später wieder ins Haus gingen, hatte sich bei den Janaszewskis noch nichts geregt.
     
    Ich hatte schon mehrmals, zu verschiedenen Tageszeiten, in unserem Haus in Maronee angerufen, aber Charlie hatte nie abgenommen. Als ich schließlich eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterließ, meldete er sich jedoch wenige Stunden später zurück. Wir verabredeten uns für den darauffolgenden Tag zu einem Picknick mit Ella auf einem Rastplatz an der I-94 zwischen Riley und Milwaukee. Auf die Idee mit dem Picknick war ich gekommen: Ich hielt es für besser, als sich in einem Restaurant zu treffen, falls er die Beherrschung verlor und zu schreien anfing; außerdem würden Ella und er herumtollen können. Unser Gespräch war kurz und nicht feindselig, eher emotional neutral, aber spürbar angespannt.
    Ella und ich machten Sandwiches mit Hühnchen und Salat, und meine Mutter bestand darauf, uns Kuchen zu backen. Wir wollten gerade das Haus verlassen, als Arthur anrief. »Es ist niemandem was passiert«, sagte er, »und Chas geht es gut, aber er

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