Die Frau des Praesidenten - Roman
weit – ich meldete mich morgens telefonisch im Büro, um Bescheid zu sagen, dass Ella nicht teilnehmen würde.Es wurde Zeit, Entscheidungen zu fällen und Pläne auszuführen, aber ich schob sie nur immer weiter vor mir her.
Jadey sagte am Telefon: »Ich weiß nicht, ob ich es dir erzählen sollte oder nicht«, eine Einleitung, nach der wohl noch nie jemand die fragliche Information
nicht
geliefert hat, »aber Chas hat sich mit einem Priester angefreundet, einem gewissen Reverend Randy. Keiner weiß, wie sie sich kennengelernt haben, und wenn man Chas fragt, weicht er nur aus. Nan hat erzählt, dass sie und John die beiden beim Abendessen im Club gesehen haben, und ich glaube, er war auch schon mit Chas bei einem Baseballspiel.«
»Wer ist er?«
»Das ist es ja eben, das weiß niemand. Keiner hat je von ihm gehört, auch wenn er unten in Cudahy angeblich eine Kirche leitet. Little Rose? Oder Heavenly Flower? Das klingt jetzt wahrscheinlich beunruhigender, als es ist.«
»Wie geht es Charlie?«
»Wir haben ihn zum Essen eingeladen, aber ich glaube, er hat Angst, dass ich ihm die Hölle heißmache, wenn er kommt.«
»Tu das bitte nicht, Jadey.«
»Arthur hat mir auch schon Vorträge gehalten: Dass du weg bist und das mit dem Verkehrsdelikt sei doch Strafe genug, und so weiter und so fort.«
Das war eigentlich nicht das, was ich gemeint hatte. Ich wollte Charlie nicht in Schutz nehmen, sondern ich wusste, dass ein Tadel von Jadey nutzlos wäre und nur einen Keil zwischen die beiden treiben würde. Zugleich spürte ich, wie in den letzten Tagen meine eigene Wut nachgelassen hatte. Ich vermisste Charlie – ich vermisste es, neben ihm zu sitzen und mit ihm zu reden, den Geschirrspüler einzuräumen und zu wissen, dass Charlie sich im Fernsehzimmer ein Spiel ansah, abends im Bett mit ihm herumzualbern, wenn wir das Licht ausgemacht hatten. Ich vermisste seine geschmacklosen Bemerkungen und wie er vernichtende Urteile über unsere gemeinsamen Bekannten fällte – wie ich es mir damit ersparen konnte, das selbst zu tun, und sie stattdessen großherzig verteidigen konnte.
»Ich verstehe immer noch nicht, wer dieser Reverend Randy ist«, sagte ich zu Jadey.
»Ich auch nicht«, antwortete sie.
Und dann rief er an, am darauffolgenden Abend. Wir hatten inzwischen dreieinhalb Wochen in Riley verbracht. Es war neun, und Lars und ich saßen mittlerweile an einem Puzzle des Sydney Opera House. »Es ist alles geregelt«, sagte Charlie. »Jessica ist für das kommende Schuljahr in Biddle eingeschrieben, und sie wird voll finanziert – von uns, meine ich, aber das wird keiner von den Suttons je erfahren, weil ich dachte, es wäre dir lieber. Wie geht es Ella?«
»Du hast Jessica Sutton in Biddle eingeschrieben?«
»Nancy Dwyer hat bei den Suttons angerufen, um sie auf den Campus einzuladen. Sie hat gesagt, die Schule wäre von uns auf Jessica aufmerksam gemacht worden – Yvonne und Miss Ruby wären ja schön blöd, wenn sie nicht wüssten, dass wir unsere Finger im Spiel haben, also habe ich gedacht, wir könnten ein Teilgeständnis ablegen. Und heute hat Jessica alle Tests bestanden. Damit ist die Sache geritzt. Ich werde den Scheck über ihr Schulgeld ausstellen, wenn auch der für Ella fällig ist.«
»Charlie, das ist ja großartig. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Danke.«
»Du hattest recht.« Er klang so gut wie schon lange nicht mehr, so energiegeladen und zuversichtlich, und es klang auch nicht so, als hätte er getrunken. »Es ist eine Gelegenheit, Gutes zu tun, und für wen sollten wir unsere Schatulle aufmachen, wenn nicht für Miss Ruby? Ich bin froh, dass du mich darauf gebracht hast. Geht es in Riley allen gut?«
Es war so, als wären Ella und ich tatsächlich ohne ihn im Urlaub, als wären Charlie und ich ein Ehepaar wie jedes andere, das sich am Ende des Tages über seine Erlebnisse austauschte. »Alles bestens.« Ich senkte die Stimme – ich war in der Küche, und meine Mutter und Lars saßen im Wohnzimmer. »Ehrlich gesagt, fürchte ich, Ella langweilt sich ein bisschen.«
Charlie kicherte. »Das spricht für sie, würde ich sagen.«
»Du klingst wirklich gut«, sagte ich. »Du hast … Du klingst wunderbar.«
»Ich habe mir angewöhnt, laufen zu gehen. Du weißt ja, dass ich John immer wegen seiner tuntigen Strumpfhosen ausgelacht habe, aber was soll ich sagen, Lindy, diese Endorphine sind schon was Besonderes. Das ist anders als bei anderen Sportarten.«
»Seit wann hast du
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