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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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…« Ich machte eine Pause. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie viktorianisch ist.« Wie ich dort stand, neben mir ein überdimensionierter Fernseher, hörte sich das sogar in meinen Ohren lächerlich an.
    »Neunzig Dollar«, wiederholte die Frau nun eine Spur unfreundlicher. Mit Sicherheit hatte sie in ihrem Leben endlose finanzielle Leidensgeschichten gehört; Hartherzigkeit kam ihr da vermutlich zugute.
    Ich nahm die Brosche wieder an mich. »Ich werde es mir überlegen.«
    »Das Angebot gilt bis heute Abend um acht. Danach wird der Wert neu geschätzt.«
    »Vielen Dank.« Und da ich nicht den Anschein von Verzweiflung oder Verärgerung erwecken wollte, da ich nicht verzweifelt oder verärgert
sein
wollte, fügte ich vor dem Verlassen des Ladens noch hinzu: »Viel Spaß beim Schwimmen.«
     
    Ich rief Nadine von der Küche aus an, und nachdem ich mich gemeldet hatte, fragte sie: »Wie geht’s dir?«
    »Es fällt mir furchtbar schwer, das zu tun«, begann ich. »Es tut mir so leid, besonders nach all den Anstrengungen, die du unternommen hast, um das richtige Haus für mich zu finden, aber können wir das Gebot zurückziehen? Das können wir doch, oder? Das ist legal? Und der Verkäufer behält einfach das Handgeld?« Ich hatte bisher fünfhundert Dollar investiert – das war keine Kleinigkeit, aber bei weitem weniger,als es eine Anzahlung und eine monatliche Hypothek sein würden.
    »Willst du mich auf den Arm nehmen?«, fragte Nadine.
    Weit mehr als der Verlust des Hauses traf mich in diesem Moment, dass ich einem Menschen, der nett zu mir gewesen war, nicht Wort hielt. Gleichzeitig fürchtete ich, dass es für einen Rückzieher bereits zu spät sein könnte.
    »Alice, deine Zweifel sind völlig normal.« Nadine klang optimistisch. »Hör zu, ich möchte, dass du eine Liste mit all deinen Bedenken erstellst. Die gehen wir dann gemeinsam durch und schauen, was sich klären lässt. Ein Haus zu kaufen ist ein großer Schritt, aber du wirst sehen, es wird dich glücklich machen.«
    »Ich kann das Haus nicht kaufen«, sagte ich. »Es ist etwas dazwischengekommen.«
    »Machst du dir Sorgen wegen der Inspektion?«, fragte Nadine.
    »Es liegt nicht an diesem Haus. Ich kann überhaupt keins kaufen.«
    Einen quälend langen Moment schwieg Nadine. Dann sagte sie: »Weißt du, da draußen laufen ’ne Menge durchgedrehter Kunden herum, aber ich hätte nicht gedacht, dass du dazugehörst.«
    »Ich bin dir für deine Hilfe sehr dankbar«, sagte ich. Ich hatte nicht vor, ihr den Grund für meinen Sinneswandel zu erklären – damit hätte ich die Privatsphäre meiner Mutter verletzt –, aber ich beschloss, ihr diese Woche noch ein paar Zeilen zu schreiben. Das würde die Sache wenigstens ein bisschen besser machen. »Ich überlege, ob ich neben dem Handgeld eine Entschädigung zu leisten habe. Fällt irgendeine Gebühr an?«
    »Nein«, sagte sie mit kalter Stimme. Nie zuvor hatte ich jemanden so unterkühlt sprechen hören »Es steht dir frei zu gehen. Das Einzige, was du mir gegeben hast, war dein Wort.«
     
    Ich war in meiner Wohnung und arbeitete an Babar, der inzwischen einen grünen Anzug, eine rote Fliege und eine gelbeKrone trug, alles aus Pappmaché. Ich freute mich, wie gut er mir gelungen war, bis auf das nicht unbedeutende Problem, dass sein Kopf aufgrund des schweren Rüssels immer nach vorn fiel, was aussah, als würde er schlafen. Ich versuchte, das Problem mit einem Gewicht zu lösen, das ich an ein Stück Draht band und ihm um den Hals hängte; während meines Probelaufs bestand das Gewicht aus einer Dose Hühnernudelsuppe und hing versteckt hinter seinem Rücken, doch unglücklicherweise war der Draht noch zu sehen und wirkte wie eine kleine Schlinge. Vielleicht wäre es besser, dachte ich, eine Öse an seinem Hinterkopf zu befestigen (ich könnte ihn vor eine Wand stellen, damit es den Kindern nicht auffiel) und mit einem Haken in der Wand zu verbinden. Während ich über all das grübelte, wanderte ein Teil meiner Gedanken zu Charlie Blackwell, dem Ausbleiben seines Anrufs und der Kränkung, die ich empfinden würde, wenn er überhaupt nicht anriefe. Es würde bedeuten, dass er nur an einer Nacht mit mir, nicht an mir selbst interessiert wäre. Allerdings würde es die Sache auch vereinfachen: Ich müsste ihm nicht erklären, weshalb wir uns nicht wiedersehen konnten. So oder so hatte ich beschlossen, Dena nichts von ihm zu erzählen. Es wäre egoistisch, ihr alles zu gestehen, denn statt ihr reinen

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