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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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eine Mal hatte ich ihn in beinahe vierzehn Jahren kein einziges Mal zu Gesicht bekommen.)
    Er schlenderte zur Couch, wo er anscheinend gesessen hatte, bevor ich gekommen war. Der Fernseher war an, es lief
Der Preis ist heiß
(Pete Imhof schaute
Der Preis ist heiß
?), auf dem Couchtisch lag ein angefangenes Kreuzworträtsel aus dem
Riley Citizen
, daneben ein Stift ohne Kappe und ein Aschenbecher, in dem noch ein Zigarettenstummel vor sich hin glimmte. Pete zündete sich eine neue Zigarette an, tat einen Zug, ließ den Rauch durch seine Nasenlöcher entweichen und sagte dann: »Es kommt immer mal wieder vor, dass eine Rechnung nicht aufgeht.«
    »Pete, das war glatter Betrug!«
    »Seit wann bist du denn ein Experte in Vermögensverwaltung?«, fragte er verärgert, und zum ersten Mal kam mir der Gedanke, dass er möglicherweise gar nicht mutwillig gehandelt hatte. Wahrscheinlich hatte er gehört, dass mein Vater gestorben war, und hatte dann in der Annahme, dass sie geerbt hatte, meine Mutter aufgesucht, um Geld für sein Schneeballsystem zu sammeln. Aber er konnte das Ganze tatsächlich für ein gewinnbringendes Geschäft gehalten haben. Vielleicht hatte er es gar nicht nur aus Boshaftigkeit mir gegenüber getan.
    »Was auch immer es war«, sagte ich, »du kannst wehrlose Menschen nicht in waghalsige Spekulationen hineinziehen. Meine Mutter braucht das Geld zum Leben, für sich und meine zweiundachtzigjährige Großmutter.«
    »Alice, ich hab auch genug verloren. Fünfunddreißig Riesen, um genau zu sein, was um einiges mehr ist als alle anderen.«
    »Du musst meiner Mutter das Geld zurückzahlen.« Ich versuchte entschlossen und überzeugend zu klingen.
    Er schnaubte verächtlich. »Einem Nackten kann man nicht in die Tasche greifen.«
    »Dann überleg dir, wie du die Angelegenheit sonst in Ordnung bringen kannst.«
    »Sollte mir irgendwann etwas zu Ohren kommen, das für sie interessant sein könnte …«
    »Wag es ja nicht, sie noch mal zu kontaktieren.«
    »Du solltest dich mal entscheiden, was du willst.« Ich starrte ihn wütend an, und er fügte hinzu: »Warum entspannst du dichnicht?« Er hielt mir die Zigarettenschachtel hin – es waren Camels –, und ich schüttelte den Kopf. »Wenn du lieber ein Bier willst, ich hab jede Menge«, sagte er. »Es ist noch früh am Tag, aber ich werd dir das nicht negativ auslegen.«
    Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Hey, wie ich sehe, trägst du keinen Ehering«, sagte er. »Noch ledig?«
    Ich kochte innerlich, schäumte vor Wut. Mir fiel ein, wie er mich an jenem Tag – damals, im Haus seiner Eltern – eine Hure genannt hatte; ich hatte das nie vergessen, aber immer versucht, es so gut wie möglich zu verdrängen.
    »Mir würde da schon was einfallen, um mal Dampf abzulassen«, sagte er grinsend. »Das würde uns beiden gefallen.«
    »Du bist widerlich«, gab ich zurück.
    »Das hast du früher aber ganz anders gesehen.« Er lächelte, und als ich sein Lächeln nicht erwiderte, verfinsterte sich seine Miene. »Vergiss das Geld, Alice. Deine Mutter ist eine erwachsene Frau, die ihr ganzes Leben mit einem Bankier verheiratet gewesen war, verdammt noch mal. Das Geschäft sah vielversprechend aus, aber es haben einfach zu wenig Leute mitgemacht. Wir mussten den Schaden begrenzen.«
    »Das reicht mir nicht.«
    Wir sahen uns böse an. Er schüttelte den Kopf. »Ich muss schon sagen, du traust dich was. Was genau wirfst du mir hier eigentlich vor? Dass ich deine Familie angeschissen habe? Wo doch gerade du wissen solltest, dass Fehler passieren.«
    Es war sein Trumpf. Und hatte ich Pete mit meiner Art zu argumentieren nicht geradezu herausgefordert, ihn auszuspielen? Dann würde nämlich alles darauf hinauslaufen, dass mich, nicht ihn, die Schuld an der Situation traf und dass ich mich schuldig fühlen konnte, statt wütend zu sein. Und gehörte sich Schuld nicht viel besser für eine Dame? Passte sie nicht viel besser zu mir? Ja, egal, was Pete Imhof tat oder sagte, gleichgültig wie betrügerisch oder grausam, meine Tat würde immer schwerer wiegen. Es war dieses Wissen, das mich davon abhielt, seinen Couchtisch umzustoßen, den Aschenbecher quer durch den Raum zu feuern oder ihm das Gesicht zu zerkratzen.Ich verließ seine Wohnung, und das Einzige, was ich noch sagte, war: »Komm keinem von uns je wieder zu nahe.«
     
    Ich schaffte es ein paar Blocks, bevor mir die Tränen kamen und ich aus Angst, von jemandem gesehen zu werden, der mich kannte, in den schmalen

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