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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Aus keinembestimmten Grund – einfach, weil wir mittlerweile alles zusammen machten – begleitete ich ihn an einem Freitagnachmittag nach Houghton und musste feststellen, dass er sich, beziehungsweise Hank Ucker für ihn, eine Wohneinheit in einem trostlosen vierstöckigen Gebäudekomplex unweit der Innenstadt gemietet hatte. Die Wohnung hatte zwei Schlafzimmer, eine kleine Küche und war mit braunem Teppichboden ausgelegt. Vor den Fenstern hingen beigefarbene Gardinen. Auf dem hellen Sofa, Modell Anbaumöbel, verlief ein blau-rotes Zickzackmuster, davor stand ein niedriger Couchtisch aus Glas. In einer Ecke auf dem Boden stand ein nicht angeschlossener Fernseher. Sämtliche Wand- und Geschirrschränke waren leer, in der Küche gab es weder Geschirrtücher noch Servietten, nicht einmal Taschentücher, und in beiden Badezimmern fehlten Seife und Handtücher; neben der Spüle stand eine volle Flasche Spülmittel, und als ich mir nach dem Pinkeln damit die Hände wusch, streckte mir Charlie seinen Oberkörper entgegen und sagte: »Trockne dich an mir ab.« Ich rieb meine Handflächen an seinem Oxford-Hemd ab, und er sagte: »O ja, das macht mich heiß.«
    »Wozu brauchst du zwei Schlafzimmer, wenn du nie hier übernachtest?«
    »Früher oder später werden Reporter rumschnüffeln.« Charlie grinste. »Ein einzelnes Schlafzimmer könnte den Verdacht erwecken, ich würde mich nur hier einmieten, damit ich in dem Bezirk gewählt werden darf. Ich möchte auf die braven Bürger von Houghton doch nicht wie ein zynischer Politiker wirken.«
    »Wir sollten einkaufen gehen«, sagte ich.
    »Das sagt ihr Frauen immer.«
    Ich schnitt eine Grimasse, und er sagte: »War ja nur ein Scherz. Maj hat versprochen, den Laden aufzupolieren, bevor ich einziehe, aber wenn du so scharf drauf bist, deine weibliche Note einzubringen, nur zu.« Maj nannten Charlie und seine Brüder anscheinend ihre Mutter – es war die Kurzform für Ihre Majestät. Und laut Charlie gefiel ihr dieser Spitzname sogar; er konnte sich zwar nicht mehr genau erinnern, wann siedamit angefangen hatten, aber er vermutete, als sein ältester Bruder in der Highschool und Charlie in der fünften oder sechsten Klasse gewesen war. Ich fragte ihn, wie sie ihren Vater nennen würden, und als ob ihm noch nie eine andere Möglichkeit in den Sinn gekommen wäre, antwortete Charlie Dad, wobei ihn die Enkel Pee-Paw riefen; ihre Großmutter nannten sie Grandmaj.
    »Ich spreche davon, Seife zu kaufen, was für die meisten Menschen weniger ein Dekorations- als vielmehr ein Hygieneartikel ist«, sagte ich. »Diese Wohnung ist deprimierend, und das ist absolut unnötig. Deprimierend und, wie mir scheint, ein Schwindel.«
    »Sie
ist
ein Schwindel.« Er beugte sich nach vorn und gab mir einen Kuss.
    »Charlie, wenn du in diesem Bezirk für den Kongress kandidieren willst, solltest du Zeit hier verbringen. Es gibt auf der Welt weiß Gott schlimmere Orte zum Leben als Houghton.«
    »Meinst du, sie erwägen das als ihr Stadtmotto?«
    »Ob du’s glaubst oder nicht, ich versuche, dir zu helfen.« Ich sah mich um. »Was hältst du davon: Wir richten die Wohnung ordentlich ein. Kaufen Bettwäsche, Handtücher, Lebensmittel … nichts Verderbliches, nur ein paar Sachen, die wir im Küchenschrank aufbewahren können. Und dann verbringen wir hier die Nacht.« Wir hatten noch immer keine ganze Nacht zusammen verbracht, was auch mir zunehmend albern vorkam.
    »Wie wär’s, wenn wir erst kuscheln und dann einkaufen gehen?«, fragte Charlie.
    »Ich werde nicht in einem Bett ohne Bettlaken kuscheln.«
    »Du bist ganz schön hart im Verhandeln, Lindy.« Lindy war Charlies neuer Spitzname für mich, eine Abkürzung meines Nachnamens. »Du arbeitest doch nicht etwa heimlich für die Handelskammer hier in Houghton?«
    Wir lächelten uns an, und so war das bei Charlie – in meiner Ungeduld ihm gegenüber schwang immer schon etwas Heiteres mit. Er brachte mich zum Lachen, und ich beschwatzte ihn gern. Ich hatte das Gefühl, dass ich ihm wirklich helfenkonnte, dass meine Ruhe und Ordnung seine Energie und sein Temperament ergänzten, und umgekehrt.
    »Sollte ich für sie arbeiten«, sagte ich, »dann werde ich dir das ganz bestimmt nicht verraten.«
     
    Wir liebten uns spät am Nachmittag, allerdings auf dem Sofa, da ich die Bettwäsche, die wir gekauft hatten, zunächst waschen wollte, bevor ich die Betten damit bezog. »Wer macht denn so was?«, fragte Charlie, und ich antwortete: »Alle.«
    Er runzelte

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