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Die Frau des Seiltaenzers

Die Frau des Seiltaenzers

Titel: Die Frau des Seiltaenzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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führte schließlich zu der Erkenntnis, dass es wirklich einen Johannes Trithemius gab, einen Okkultisten geistlichen Standes, der es bis zum Abt des Würzburger Benediktinerklosters Sankt Jakobus brachte.«
    Magdalena dämmerte es, worauf der Palastprälat hinauswollte. Trithemius war einer der Neun Unsichtbaren gewesen. Aber waswussten der Kardinal und sein Sekretär von diesem Geheimbund? Wussten sie, dass Rudolfo den Benediktiner unter merkwürdigen Umständen beerbt hatte?
    Obwohl sie Patricis Bericht in große Unruhe versetzte, gab sie sich nach außen hin gelassen und fragte ruhig: »Das klingt alles sehr aufregend, aber warum erzählt Ihr mir das?« Dabei entgingen Magdalena die ungehaltenen Blicke nicht, welche die beiden Männer austauschten.
    »Einzelne Notizen dieses Trithemius«, fuhr Patrici fort, »waren mit schneller Hand aufgezeichnet, andere höchst kompliziert verschlüsselt und mit Querverweisen versehen, sodass sich die Bibliothekare der päpstlichen Bibliothek herausgefordert sahen. Mehr als ein Dutzend erfahrener Bücherwürmer mit Kenntnissen in Alchimie, Nigromantie, schwarzer Magie, Zauberei, Okkultismus und der Kabbala, der Geheimlehre des Judentums, versuchten sich über ein Jahr an den geheimnisvollen Schriften des Johannes Trithemius.«
    »Und war ihnen Erfolg beschieden?« Magdalena konnte sich kaum zurückhalten.
    Der Palastprälat und apostolische Sekretär wiegte den Kopf hin und her, ohne zu antworten. Erst als Kardinal Giustiniani ihm kopfnickend ein Zeichen gab, rang sich Patrici zu einer Antwort durch: »Wenn Ihr mich so fragt«, begann er zögernd, »kann ich nur sagen: ja und nein. Trithemius berichtete, er habe Kenntnis von einer alchimistischen Substanz mit der Bezeichnung Alkahest, mit deren Hilfe lebende Materie, also auch der Mensch, durchsichtig oder unsichtbar gemacht werden könne, ohne den Leib zu zerstören. Auch gab er an, den Standort von Pilzen zu kennen, welche bei Dunkelheit leuchten wie helle Laternen. Im Übrigen, sagte er, könne er das Jüngste Gericht, also das Weltenende, auf den Tag und die Stunde voraussagen. Jedoch nicht aus eigener Prophetie, sondern aus der Handschrift eines Jüngers Jesu, dem unser Herr das Datum anvertraut hat. Wo alle diese Kryptogramme niedergelegt sind, darüber hat sich Trithemius nicht weiter ausgelassen. Er schreibt nur, dieAufzeichnungen seien in neun ›Büchern der Weisheit‹ festgehalten; aber wo diese neun Bücher gelagert sind, das schreibt er nicht, jedenfalls nicht in den Textstellen, die bisher von den Steganographen des Vatikans entschlüsselt wurden.«
    Magdalena holte tief Luft. Ihr war klar geworden, dass sie mit dem Wenigen, das Rudolfo ihr über die Neun Unsichtbaren berichtet hatte, in ein geheimes Netzwerk verstrickt war, welches in höchsten Kreisen Interesse fand. Zunächst spielte sie jedoch die Ahnungslose.
    »Ihr habt mir noch immer nicht die Frage beantwortet, was ich mit alldem zu schaffen habe«, wandte sich Magdalena dem Legaten des Papstes zu.
    Giustiniani reagierte ungehalten: »Ihr wart es doch, die mit dem König der Seiltänzer das Bett teilte!«
    »Das leugne ich nicht, hochwürdigster Herr Kardinal. Auch wenn unsere Verbindung nicht unter dem Segen der Kirche stand. Sogar Pfaffen, Nonnen und Mönche – Seine kurfürstliche Gnaden, Kardinal Albrecht von Brandenburg, brauche ich wohl nicht zu erwähnen –, sogar diese hohen Herren geistlichen Standes leben heutzutage in wilder Ehe, wie man es nennt.«
    »Darum geht es nicht!«, entgegnete der Kurienkardinal, »obwohl – schon bei den Römern galt: quod licet Jovi, non licet bovi . 3 Nein, eines der Kryptogramme des Trithemius trug den Hinweis auf ein Elixier, das einem Menschen Flügel verleihen soll wie einem Vogel. Mit Hilfe dieses Elixiers soll er auf einem Ast stehen oder über ein gespanntes Seil gehen können, ohne Rücksicht auf die Gesetze der Natur. Bisher waren dazu nur zwei Menschen fähig, die Gott geschaffen hat: der Große Rudolfo, wie er sich nannte, und Ihr, Jungfer Magdalena Beelzebub!«
    Magdalena schwieg. In die Enge getrieben, starrte sie auf den blanken Refektoriumstisch, ratlos, wie sie auf die Vorhaltungen des päpstlichen Gesandten reagieren sollte.
    »Ihr schweigt, Jungfer?«, fragte Giustiniani, mit zusammengekniffenen Augen. »Dann darf ich dem wohl entnehmen, dass meine Behauptungen richtig sind?«
    Schweigen. Endlose Sekunden, die für Magdalena zur Qual wurden. »Und wenn es so wäre, wie Ihr sagt«, stammelte

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