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Die Frau des Seiltaenzers

Die Frau des Seiltaenzers

Titel: Die Frau des Seiltaenzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Frage nicht gehört.«
    »Vielleicht hat er sie wirklich nicht gehört!«
    »Ach was, er verzog das Gesicht und verschwand!«
    Magdalena überlegte. »Aber das«, meinte sie schließlich, »ist doch ein untrügliches Zeichen dafür, dass er etwas zu verbergen hat. Und dafür, dass wir auf der richtigen Fährte sind!«
    »Vielleicht hast du recht«, erwiderte Schweinehirt. Doch aus seinen Worten sprach Resignation.
    Kaum hatte Schweinehirt am nächsten Morgen mit seiner Arbeit begonnen, als er Lucius’ unsichere Schritte vernahm.
    »Ich habe nachgedacht«, begann der alte Mönch ohne Umschweife. Und noch ehe Wendelin nachhaken konnte, fuhr er fort: »Ihr habt Euch gestern nach der Hinterlassenschaft unseres Abtes Trithemius erkundigt.«
    »Oh, Ihr erinnert Euch, Bruder Lucius!«
    »Ich bin zwar alt, blind und auch ein wenig gebrechlich, aber schwachsinnig bin ich nicht.«
    »Verzeiht, so habe ich das nicht gemeint!«
    »Spart Euch Eure Lügen. Ich habe Eure Worte durchaus so aufgefasst. Jetzt hört mir zu: Als der Papst in Rom seine Bücherdiebe in alle Länder der Christenheit schickte, damit sie sich für Gottes Lohn aus jeder Bibliothek den zehnten Teil aneigneten, da machte in allenKlöstern von Cordoba bis Königsberg der Spruch die Runde: Versteckt Eure Zimelien 6 , die Päpstlichen kommen. Zum Kostbarsten in dieser Bibliothek gehörten die Handschriften und Manuskripte des Trithemius wie sein im Jahre des Herrn 1503 entstandenes Werk »De requisitis et effectu verae magiae« , sein »Tractatus chymicus« , das Buch »Liber octo questiorum« , seine »Polygraphia« , nicht zu vergessen die »Steganographia« 7 , in welcher er sich über die Geheimschriften auslässt, in denen manche seiner Aufzeichnungen verfasst sind.«
    »Gewiss habt Ihr diese Zimelien gut versteckt!«
    Zielsicher nahm Bruder Lucius eine flackernde Funzel von der Wand, die den hinteren Teil der Bibliothek erleuchtete, und ebenso zielsicher näherte er sich einem in die Wand eingelassenen Bücherregal mit fünf Reihen in Leder gebundener Folianten. Mit Geschick ertastete er den Bücherrücken eines bestimmten Bandes. Auf einen Druck teilten sich die Bücher wie zwei Türflügel. Sie sprangen auf, wie von Geisterhand geführt.
    Staunend erkannte Wendelin, dass das vermeintliche Wandregal nur aus alten Buchrücken bestand, welche auf eine zweiflügelige Türe aufgeleimt waren.
    »Kein schlechtes Versteck«, bemerkte Schweinehirt. »Dahinter kann nur die geheime Sammlung der Schriften des Trithemius verborgen sein.«
    »Das dachte ich auch«, antwortete Bruder Lucius und reichte Wendelin die Funzel, damit er in das Versteck hineinleuchte.
    Mit dem flackernden Licht in der Hand betrat Schweinehirt den fensterlosen Raum. Muffiger Geruch schlug ihm entgegen, und es dauerte ein paar Augenblicke, bis sich seine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten.
    »Da ist nichts«, rief der Bibliothekar, »gar nichts! Das Versteck ist leer.«
    »Ich weiß«, erwiderte Bruder Lucius. Er hatte es vorgezogen, den Raum nicht zu betreten. »Die Bücherdiebe Seiner Heiligkeit des Papstes waren im Umgang mit Klosterbibliotheken erfahren. Sie haben das Versteck sofort ausgemacht und das Verlies, von dem außer mir niemand wusste, ausgeräumt, den Inhalt in Fässer verladen und abtransportiert. Zwar wussten sie nicht, was sie raubten, aber sie dachten, alles, was sich hinter geheimen Türen verberge, sei von besonderem Wert.«
    »Womit sie nicht ganz unrecht hatten.«
    Der Mönch und der Bibliothekar standen sich lange schweigend gegenüber. Obwohl es nicht sein konnte, fühlte Wendelin den prüfenden Blick des Ordensbruders auf sich gerichtet.
    »Wert«, meinte er endlich, »ist ein vager Begriff. Ein Stein, wertlos für jeden anderen, kann für dich von unschätzbarem Wert sein, weil er dich an einen besonderen Ort, ein außerordentliches Ereignis oder eine lieb gewordene Person erinnert, die ihn einmal in Besitz hatte. In diesem Fall, fürchte ich, werden die hohen Herren im Vatikan nicht viel Freude an den Büchern haben, sind doch viele in Geheimschrift geschrieben oder so gedruckt, dass sie nur von Eingeweihten gelesen werden können, die über einen bestimmten Schlüssel dafür verfügen.«
    Mit einem Mal war Schweinehirt hellwach. Er wünschte, Magdalena wäre Zeuge ihres Gesprächs gewesen. Was wusste dieser Bruder Lucius?
    »Und wenn die hohen Herrn im Vatikan mit Hilfe gebildeter Steganographen Zugang zu den Geheimbüchern und Geheimschriften fänden?«
    Der

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