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Die Frau des Seiltaenzers

Die Frau des Seiltaenzers

Titel: Die Frau des Seiltaenzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Vermögen entlohnt hatte.
    Die Zecher, gerade noch spottend und foppend, verstummten, als der Musikant die Münze aufhob, küsste und Magdalena einen dankbaren Blick zuwarf. Dann verschwand er aus der Wirtsstube.
    Magdalena spürte den vorwurfsvollen Blick des Gesandten. Umso mehr setzte er sie in Erstaunen, als er mit keinem Wort auf den Vorfall einging und seine vorangegangene Rede wieder aufnahm: »Ich habe dir von Jakob Fugger nur deshalb erzählt, weil ich dir ein Angebot machen will.«
    »Ein Angebot? Ich verstehe nicht, was du meinst!«
    »Es ist so – wir leben in einer Zeit, in der sich neue Handelswege auftun. Geschäfte mit Indien, China und der Neuen Welt jenseits des Ozeans bieten ungeahnte Möglichkeiten. Wie ich schon sagte, handeln wir mit Gewürzen, auch mit Gold und Silber, mit Perlen und Edelsteinen, aber nicht mit Stoffen. Das ist Sache der florentinischen Medici. Die sind dem Fugger schon lange ein Dorn im Auge, weil sie für ihre kostbaren Stoffe verlangen, was sie wollen. Kurz gesagt, der Fugger will den Stoffhandel mit Indien und China aufnehmen. Die Transportmöglichkeiten sind vorhanden, was fehlt, ist der Mann, der alles organisiert.«
    »Und worin«, fragte Magdalena, »besteht dein Angebot?«
    Matthäus Schwarz schmunzelte vielsagend und meinte schließlich: »Der Mann könnte durchaus auch eine Frau sein.« Der Gesandte ergriff ihre Hände und zog sie zu sich über den Tisch, dass Magdalena vor Aufregung errötete. Er blickte ihr tief in die Augen und fuhr fort: »Jakob Fugger hält viel von Frauen im Geschäft. Sein Eheweib Sibylle ist in Geldangelegenheiten sein bester Berater.«
    »Und du meinst …?« Magdalena schüttelte den Kopf. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass der geschäftstüchtige Gesandte weniger eine Organisatorin für den Stoffhandel suchte als eine willige Bettfrau.
    Behutsam entzog sie sich seinem Griff und sagte: »Dein Vorschlag ehrt mich, aber ich glaube, ich könnte deine Erwartungen nicht erfüllen. Außer Latein und den frommen Gebeten, die einer Nonne abverlangt werden, habe ich nichts gelernt. Von Zahlen habe ich keine Ahnung. Wie du gesehen hast, entlohne ich einen Lautenspieler mit einem Wochenlohn. Ich würde den Fugger in den Bankrott treiben!«
    Matthäus Schwarz zeigte sich unnachgiebig. Mit blumigen Worten, der Mensch wachse mit seinen Aufgaben, versuchte er gerade Magdalena doch noch von seinem Angebot zu überzeugen, als Constantin Forchenborn eintraf. Er hatte beim Rat der Stadt die Auftrittsgenehmigung für den Mummenschanz eingeholt und die Erlaubnis erhalten, dass die Gaukler im hinteren Teil des Marktplatzes kampieren durften.
    Stolz zeigte Magdalena dem Marktschreier ihren Beutel mit dem Geld, das sie vom Fürstbischof als festes Honorar erhalten hatte. Eine Weile verfolgte der Fugger-Gesandte das Gespräch der beiden, dann erhob er sich, grüßte höflich, meinte an Magdalena gewandt: »Du solltest über meinen Vorschlag ernsthaft nachdenken!«, und verschwand.
    Forchenborn fragte Magdalena: »Wer war der Kerl?«
    »Ein Abgesandter des Fuggers«, erwiderte Magdalena knapp und in der Hoffnung, dass die Sache damit erledigt sei.
    »Des Jakob Fugger aus dem Schwäbischen, den man den Reichen nennt?«
    »Ja, dieser.«
    »Und was meinte er damit, du solltest über seinen Vorschlag nachdenken?«
    Es half alles nichts, Magdalena musste heraus mit der Sprache, wollte sie sich nicht lästigem Gerede und unangenehmenMutmaßungen aussetzen. Also erzählte sie, wie sie dem Gesandten beim Fürstbischof begegnet war und dass Matthäus Schwarz, so sein Name, ihr das Angebot unterbreitet habe, in Fuggersche Dienste zu treten.
    Der Marktschreier verzog das Gesicht. »Du hast hoffentlich abgelehnt!«
    »Natürlich«, antwortete Magdalena. Obwohl der Vorschlag des Gesandten ihr noch immer im Kopf herumspukte und sie sich nicht sicher war, was sich in Wahrheit dahinter verbarg.
    Dem Marktschreier kam die Sache unglaubwürdig vor, wie er überhaupt Magdalena misstraute. Er habe, ließ er sie wissen, beim Wirt im hinteren Teil des Gebäudes zwei Schlafplätze reserviert, eigene Schlafkammern gebe es nicht, aber Strohsäcke zur Genüge.
    Gelangweilt hörte Magdalena dem Marktschreier zu, den Blick zur Türe gewandt, während Forchenborn ankündigte, er werde vom Wirt einen einspännigen Eselskarren mieten und in aller Herrgottsfrühe dem Gauklertross entgegenfahren und ihm den rechten Weg weisen.
    Zwei Tage ohne Rudolfo waren Magdalena hart vorgekommen. Nie hätte

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