Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
eine der vorgelagerten Bastionen, doch am nächsten Morgen steckte sein Kopf auf einer Lanze, die man über dem Tor befestigt hatte.«
»Keine erbaulichen Aussichten«, raunte ich.
»Clunsevoet hatte zunächst nicht vor, dich und deine Gefährten nach Münster reiten zu lassen. Er war so wütend auf euch, dass er euch tatsächlich allesamt zur Hölle schicken wollte. Als ich mit ihm aber nach seiner Rückkehr von Münster zusammentraf und ihm von euren dreisten Raubzügen berichtete, konnte ich Clunsevoet davon überzeugen, dass nur ein so verschlagener Kerl wie du dazu imstande sein würde, sich unerkannt unter die Täufer zu mischen und Amalia ausfindig zu machen.«
»Da braucht es wohl mehr als eine Maske aus Pferdemist«, seufzte Reynold und schaute recht verdrießlich drein.
»Was hat dir Clunsevoet noch berichtet?«, wandte ich mich wieder an Cort. »Die Belagerung – was unternimmt der Bischof, um die Stadt einzunehmen?«
»Franz von Waldeck hat mehrere tausend Mann vor der Stadt versammelt. Zumeist stellungslose Söldner, die in großen Scharen vor Münster eintreffen und von einem Tross aus Frauen, Kindern, Huren und Handwerkern begleitet werden. Zudem wurden Hunderte Bauern aus den umliegenden Gehöften zum Arbeitsdienst verpflichtet. Der Bischof hat an allen wichtigen Straßen, die zu der Stadt führen, Söldnerlager errichten lassen. Seit Wochen wird Kriegsgerät herangeschafft: Kartaunen und Feldschlangen, Salpeter und Schwefel, Hakenbüchsen, Lanzen und Spieße. Clunsevoet hatte erfahren, dass es im Mai bereits einen Sturmangriff auf eines der Stadttore gegeben hat, der allerdings in einer beschämenden Niederlage für die Söldner des Bischofs endete, da die Täufer Münster fanatisch verteidigen. Nun wird Franz von Waldeck aber bald die Kräfte für einen neuen Vorstoß auf die Wälle zusammengezogen haben.«
»Wir sollen also noch vor dieser Attacke in die Stadt gelangen«, sagte Jasmin und wischte sich Bierschaum vom Mund. »Und wenn uns das gelingt? Welchen Gefahren sind wir in Münster ausgesetzt?«
»Zu vielen«, meinte Cort und kicherte höhnisch. »So manches von dem, was über die Täufer und ihrTreiben in der Stadt geredet wird, ist gewiss übertrieben und einer allzu lebhaften Phantasie geschuldet, doch Clunsevoet hat mit mehreren ehemaligen Bürgern Münsters gesprochen, die bis zu ihrer Ausweisung mit den Täufern zusammengelebt haben. Nach diesen Berichten fällt die Stadt mehr und mehr einem religiösen Irrsinn anheim. Täglich tun sich in Münster Personen hervor, die von einem prophetischen Geist erfasst werden und die Köpfe der Täufer mit unheilvollen Visionen vergiften. Neugeschaffene Gesetze sehen die Todesstrafe für alle Bürger vor, die Gott lästern und öffentlich fluchen, stehlen oder die Ehe brechen. Sogar die Raffsucht, die Lüge und die Missgunst werden mit der Enthauptung geahndet.«
Reynold kratzte seinen Schädel und zog die Stirn kraus. »Diebstahl, Lüge, Raffsucht … da werden wir uns wohl ein wenig in Acht nehmen müssen.«
»Unsere erste Aufgabe wird es sein, jemanden zu finden, der uns hilft, in die Stadt zu gelangen«, fuhr Cort fort. »Clunsevoet hat mir einige Silbermünzen anvertraut, mit denen wir uns gewiss die eine oder andere Unterstützung erkaufen können.«
»Das ist ein Anfang«, sagte ich. »Mehr aber auch nicht.«
Nach einer Weile stand Jasmin auf und griff nach dem Wassereimer, den uns der Knecht bereitgestellthatte. Sie sagte uns, dass sie sich waschen wolle, und trat in den Nebenraum der Scheune, wo einige Kühe und Ziegen untergebracht waren. Kurz darauf erhob sich auch Reynold, der sagte, dass er sich die Füße vertreten müsse, und die Scheune verließ.
Es behagte mir nicht, mit Cort allein zurückzubleiben. Auch wenn sich der Hüne als recht redselig erwiesen hatte und durchaus bemüht war, gut mit uns auszukommen, konnte ich dennoch nicht außer Acht lassen, dass er mit dafür verantwortlich war, dass meine Tochter Mieke an einem unbekannten Ort gefangen gehalten wurde.
Cort schaute Reynold skeptisch hinterher. »Deine Gefährten«, sagte er, »kann man sich auf sie verlassen?«
»Können wir uns auf dich verlassen?«, erwiderte ich. »Oder muss ich befürchten, eines Morgens mit durchschnittener Kehle aufzuwachen?«
»Unsinn!«, meinte Cort. »Wir verfolgen das gleiche Ziel. Gegen dich hege ich keinen Groll. Ich bin nur ein ehemaliger Landsknecht, der jedem, der mich gut entlohnt, seine Dienste anbietet.«
»Und darum
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