Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
sich. Bislang hatte sie sich geweigert, vor unseren Augen den Eimer zu benutzen.
»Also«, sagte Jasmin zerknirscht in meine Richtung, »verrätst du uns, wie dein Plan aussieht?«
Ich senkte meine Stimme und flüsterte, weil ich befürchtete, dass vor der Tür eine Wache mit allzu spitzen Ohren postiert worden war. »Wir gehen auf alles ein, was Clunsevoet von uns verlangt. So, wie ich es gestern verstanden habe, wird uns nur dieser Hüne Cort nach Münster begleiten. Wenn wir Osnabrück hinter uns gelassen haben, dürfte es uns gewissgelingen, den Kerl zu überwältigen. Er ist kräftig, aber wir sind zu dritt. Wenn Goliath gefesselt am Wegesrand liegt, suchen wir rasch das Weite.«
»Clunsevoet wird vor Wut toben, wenn wir uns davonmachen«, sagte Jasmin. »Er wird nichts unversucht lassen, uns erneut aufzuspüren, und wenn er uns dann in die Finger bekommt, wird er nicht zögern, uns in dieser Fäkaliengrube zu ersäufen.«
»Wir ziehen fort von hier«, erwiderte ich. »Und dieses Mal müssen wir sehr viel mehr Abstand zwischen Clunsevoet und uns bringen.«
»Wohin sollen wir denn deiner Meinung nach gehen?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Nach Süden vielleicht. In die bayerischen Lande oder bis nach Böhmen. Auf jeden Fall so weit entfernt, dass Clunsevoet uns nicht finden wird.«
»Und unser Wagen?«, warf Reynold ein. »Sollen wir den einfach zurücklassen? Was wird aus unseren Habseligkeiten?«
Ich hob die Schultern. »Zum größten Teil schleppen wir ohnehin nur wertlosen Plunder mit uns herum.«
»Aber meine Arzneien …«
»Regenwürmer und Katzenkot wirst du auch in Nürnberg oder Prag sammeln können«, fiel ich ihm ins Wort. »Oder ziehst du es vor, dich in Münster indie Gesellschaft dieser verblendeten Wiedertäufer zu begeben, die nur darauf warten, jemanden wie dich oder mich dem Scharfrichter zu überlassen?«
Reynold ließ ein abfälliges Brummen hören, doch unser Gespräch wurde ohnehin unterbrochen, als ein Schlüssel im Schloss klapperte und die Tür aufgestoßen wurde. Cort und der Kahlköpfige traten unter den Türbalken. Der Kahle betrachtete Mieke und meinte: »Das Mädchen schaut aus, als müsse es dringend den Abtritt aufsuchen.«
Mieke nickte eifrig. Der Kahlköpfige streckte die Hand aus und sagte: »Wenn du mich nicht beißt, führe ich dich dorthin.«
Ohne ein Wort huschte Mieke trippelnd aus der Kammer. Der Mann folgte ihr.
»Mein Herr will mit euch sprechen.« Cort winkte uns mit sich. Er ging voraus und brachte uns in eine Küche, in der Everhard Clunsevoet bereits an einem breiten Tisch saß und eine opulente Frühmahlzeit einnahm, die aus Weizenbrot, Rauchwurst, Milch und einer wohlriechenden Gemüsesuppe sowie einem großen Krug Bier bestand. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, und ich hoffte, dass er uns an seinem Mahl teilhaben lassen würde. Nachdem Cort uns angewiesen hatte, an Clunsevoets Tafel Platz zu nehmen, stellte eine Küchenmagd jedoch nur eine Schale Haferbrei sowie einen Becher Brunnenwasservor jedem von uns ab. Clunsevoet blieben unsere enttäuschten Gesichter wohl nicht verborgen, denn er grinste nur, tunkte Brot in die Suppe und stopfte es sich in den Mund.
Wir aßen schweigend, während Clunsevoet schmatzend seine Suppe löffelte. Er stürzte sein Bier hinunter und rülpste laut.
Während ich den faden Brei verspeiste, hielt ich Ausschau nach Mieke. Sie hätte längst in der Küche eintreffen müssen, und ich fragte mich, ob es zu Schwierigkeiten gekommen war. Vielleicht hatte sie doch Gefallen daran gefunden, Clunsevoets Männer wütend zu machen, und weigerte sich nun, das Abtritthäuschen zu verlassen. Sie war nur ein Mädchen, aber wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte sie sehr störrisch sein, wie ich aus eigener leidvoller Erfahrung wusste.
Inzwischen hatte Clunsevoet seine Mahlzeit beendet und wischte sich den Mund ab. »Ich habe Pferde für euch satteln lassen«, sagte er dann. »Ihr könnt umgehend aufbrechen. Wenn ihr euch beeilt, erreicht ihr Münster noch vor Einbruch der Nacht.«
»Und was geschieht, wenn es uns tatsächlich gelingen sollte, Eure Tochter aus Münster herauszuschaffen?«, wollte ich wissen. »Wohin sollen wir sie bringen?«
»In dieses Haus«, antwortete Clunsevoet. »Ich lassehier jemanden zurück, der mich umgehend verständigen wird, wenn ihr mit Amalia eingetroffen seid. Dann werde ich so schnell wie möglich nach Osnabrück kommen.«
»Woher weiß ich, dass Ihr danach nicht doch Eure
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