Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Rache einfordert und uns in diese Fäkaliengrube steckt, auch wenn wir Eure Forderung erfüllen?«, fragte ich.
»Und woher habe ich die Gewissheit, dass ihr mich nicht betrügt und euch bei der ersten Gelegenheit davonmacht?«
»Ihr habt mein Wort«, versicherte ich ihm und kreuzte die Finger unter dem Tisch.
Er lachte spitz. »Da du dir denken kannst, dass das Wort eines Diebes für mich nicht den geringsten Wert hat, habe ich eine Vorsichtsmaßnahme getroffen, um mir deiner Treue gewiss zu sein.«
Ich runzelte die Stirn.
»An dem Tag, an dem du mir Amalia zurückbringst«, erklärte er, »wirst auch du deine Tochter wiedersehen.«
»Mieke? Was habt Ihr mit ihr gemacht?« Ich erhob mich, doch Clunsevoet blieb unbeeindruckt.
»Es geht ihr gut«, sagte er mit einer Unschuldsmiene. »Zwei meiner Männer haben bereits die Stadt mit ihr verlassen. Sie schaffen das Mädchen an einen weit entfernten Ort, den du niemals finden wirst.«
»Ihr seid ein gottverdammter …«, knurrte ich, doch Clunsevoet fiel mir ins Wort und richtete einen Finger auf mich.
»Du und deine Begleiter – ihr habt genau einen Monat lang Zeit, um Amalia aus Münster herauszuschaffen. Sollte sie sich bis dahin nicht wieder in meiner Obhut befinden, oder sollten du und deine Begleiter es vorziehen, meinen Auftrag zu missachten, werde ich nicht zögern, deine Tochter an einen Mädchenhändler zu verkaufen, der so lange auf sie einprügelt, bis sie ihre Verstocktheit verliert und sich für ihn als Hure verdingt.«
Ich schnaufte, doch gleichzeitig zwang ich mich dazu, ruhig zu bleiben. Es nutzte nichts, wenn ich Clunsevoet beschimpfte. Ich drehte mich zu Reynold und Jasmin um, machte ihnen mit einem Blick deutlich, dass ich ratlos war, und trat dann aus der Küche.
»Bringt uns zu den Pferden!«, rief ich. »Wir wollen keine Zeit verlieren.«
Cort führte uns zu einem Bretterstall, neben dem bereits vier Reittiere bereitgestellt worden waren. Einer von Clunsevoets Schergen verstaute Proviant und Decken hinter den Sätteln. Cort ergriff die Zügel eines kraftstrotzenden Schimmels. Die anderen Pferde machten hingegen nicht den besten Eindruck. Reynold und Jasmin saßen auf zwei alten Stuten auf, deren verfilztes Fell darauf schließen ließ, dass die beidenTiere ihre beste Zeit schon lange hinter sich hatten. Mir gab man einen Falben an die Hand, dessen Kopf ständig zur linken Seite zuckte, so dass ich mich fragte, ob das Tier noch recht bei Verstand war. Obwohl sich Mieke in Clunsevoets Gewalt befand, vertraute der Gutsherr uns nur diese müden Klepper an. Wahrscheinlich hielt er es für möglich, dass wir uns trotz seines Druckmittels auf und davon machen und ihn ein weiteres Mal bestehlen würden.
Bevor wir aufbrachen, trat Everhard Clunsevoet noch einmal vor uns, verschränkte die Arme auf dem Rücken und nickte jedem von uns erwartungsvoll zu. »Enttäuscht mich nicht«, sagte er. »Und gräm dich nicht zu sehr über das Schicksal deiner Tochter, Emanuel. Es liegt in deiner Hand, sie schon bald zurückzubekommen. Betrachten wir uns in dieser Angelegenheit als Verbündete. Zumindest zeitweilig.«
»Wir sind keine Verbündeten«, entgegnete ich. »Denn wer sich mit Hunden schlafen legt, der steht mit Flöhen auf.«
»Für deine freche Zunge sollte ich deine Tochter zur Rechenschaft ziehen«, sagte Clunsevoet. »Aber ich werde dieses Mal noch darüber hinwegsehen. Wenn ich jedoch in einem Monat Amalia nicht in die Arme schließe, wird es Mieke schlecht ergehen.« Er deutete auf das Tor zur Straße. »Und nun fort mit euch!«
KAPITEL 6
Wir ließen Osnabrück hinter uns und folgten den Wegen in südliche Richtung. Wären uns kräftigere Pferde anvertraut worden, hätten wir den Ritt nach Münster durchaus bis zum späten Abend hinter uns bringen können. Mit den trägen Tieren war das allerdings unmöglich. Vor allem Reynolds Stute hielt uns auf. Sie lahmte bereits zur Mittagszeit, so dass wir alle absitzen und unsere Pferde am Zügel führen mussten. Als die Dämmerung einsetzte, hatten wir kaum die Hälfte des Weges hinter uns gebracht. Wir beschlossen also, eine Rast einzulegen, und baten in einem Bauerngehöft um ein Quartier für die Nacht.
Die Leute auf dem Gehöft beäugten uns mit skeptischen, vorsichtigen Mienen, doch als Cort einige Münzen hervorholte und diese für einen Schlafplatz anbot, klopfte ihm der Bauer wie einem Freund auf die Schultern, wies einen Knecht an, sich um die Pferde zu kümmern, und führte uns in den
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