Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Gemetzel bereits beendet war. Er ist dann zwischenden Leichen umhergelaufen und hat die Toten bestohlen.«
»Also ist es wohl auch nicht wahr, dass er sein Ohr bei einem dieser Waffengänge verloren hat.«
»Hat er das so erzählt?«
Cort nickte.
»Ich war zugegen, als man es ihm abgeschnitten hat«, sagte ich. »Das geschah aber nicht auf einem Schlachtfeld, sondern auf dem Marktplatz von Warendorf. Zuvor war er bei einem Diebstahl in einem Badehaus ertappt und festgenommen worden. Er hatte die Ringe und Ketten einiger wohlhabender Kaufleute gestohlen, während die sich mit den Huren vergnügten.« Ich schaute Cort an. »Das also ist unsere Geschichte. Doch was ist mit dir? Wer bist du?«
»Ich? Ich bin nur ein Mann, der es versteht, mit dem Schwert umzugehen. Jemand, der fünfzehn Jahre lang als Landsknecht durch die Gegend gezogen ist und sich nun in den Diensten Everhard Clunsevoets verdingt.«
»Aha«, sagte ich. »Und welche Belohnung hat Clunsevoet dir dafür in Aussicht gestellt, dass du in Münster dein Leben für seine Tochter aufs Spiel setzt?«
»Eine Belohnung?« Cort schüttelte den Kopf. »Er hat mir keinen Lohn dafür angeboten.«
»Willst du mir weismachen, er hätte dich ebenfalls dazu gezwungen?«
»Nein. Ich begleite euch freiwillig.«
»Warum?«
Cort zögerte einen Moment, als wäge er ab, was er mir darauf antworten solle. Dann aber entgegnete er: »Ich gehe wegen Amalia nach Münster.«
»Das musst du mir erklären.«
Cort lächelte verlegen. »Clunsevoet weiß es nicht, aber ich begehre seine Tochter, und ich würde alles – sogar mein Leben – dafür geben, sie aus der Gewalt der Täufer zu befreien.«
Nun war ich wirklich überrascht. Cort erwies sich nicht nur als ungewöhnlich redselig, sondern zudem als verliebter Gockel.
Dieser auf den ersten Blick so grobschlächtige Kerl versetzte mich einmal mehr in Erstaunen, und meine Abneigung gegen ihn schwand zusehends.
KAPITEL 7
Am nächsten Morgen stärkten wir uns vor Sonnenaufgang mit einer Suppe, dann begaben wir uns zu den Pferden. Reynolds Stute lahmte noch immer, doch zumindest konnte er nach dieser Rast wieder aufsitzen und in einem gemächlichen Schritt reiten.
Durch diese Verzögerung würden wir Münster jedoch wohl erst in den Abendstunden erreichen und blieben den ganzen Tag über der trockenen Sommerhitze ausgesetzt.
Jasmin und Reynold hatten inzwischen ihren Streit beigelegt. Jasmin hatte mir auf meine Nachfrage hin berichtet, dass sie Reynold am gestrigen Abend einen kräftigen Tritt in den Hintern verpasst hatte und dass die Angelegenheit damit für sie erledigt sei. Zwar sprachen die beiden nicht viel miteinander, doch da die Pferdehufe so viel Staub aufwirbelten, dass wir ständig husten mussten, redeten wir ohnehin kaum.
Je weiter wir uns Münster in den nächsten Stunden näherten, desto rascher veränderte sich das Bild abseits der Straße. Wir passierten abgeholzte Waldflächen, wo sich auf weiten Flächen traurige Baumstümpfe aneinander reihten, und auch die Äcker lagen brach. Wahrscheinlich waren die Bauern um Münster schon vor Wochen gezwungen worden, den Bischof bei der Belagerung zu unterstützen. Je öder und verlassener sich die Landschaft um uns herum darbot, desto belebter wurde das Treiben auf der Straße. Bald schon befanden wir uns in Begleitung von zahlreichen Landsknechten, die sich mit ihren Frauen und Kindern auf den Weg nach Münster gemacht hatten. Zudem stießen Händler und Handwerker zu uns sowie ein buntgeschmückter Wagen,auf dem ein halbes Dutzend draller Huren schwatzte und lachte.
Früher als erwartet, nämlich bereits am Nachmittag, erreichten wir Münster, oder besser gesagt, eines der vorgelagerten Söldnerquartiere, die den Zufahrtsweg nach Münster blockierten. Wir trabten vorbei an langen Reihen von Zelten, Wagenkolonnen und notdürftig errichteten Hütten mit Stroh-oder Reisigdächern. Zwischen den Unterkünften waren breite Wege angelegt worden, die zu einem Sammelplatz führten, auf dem ein regelrechter Markt abgehalten wurde. Kaufleute boten allerlei Waren feil, Schmiede und Zimmerleute hatten hier ihre Werkstätten errichtet, und die Söldner sammelten sich in langen Reihen vor den dampfenden Garküchen, um ihre Verpflegung zu erhalten. Ringsherum wimmelte es von Männern und Frauen, die sich, wie es bei den Landsknechten üblich war, in schillernden bunten Stoffen kleideten und federgeschmückte Barette auf dem Kopf trugen. Echte Straußenfedern konnten sich
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