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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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schenkten.
    Bald darauf senkte sich die Nacht über das Lager. Ich schlug den Weg zu unserem Quartier ein, machte mich aber im Schutz der Dunkelheit daran, von den Leichen, die hier an vielen Stellen zusammengetragen worden waren, allerlei Kleidungsstücke und Kriegsgerät einzusammeln. Beladen mit Hüten, Schärpen, einem Lederkoller sowie zwei Radschlosspistolen und einer Pike kehrte ich zu meinen Gefährten zurück, die mich verwundert anstarrten, als ich mein Gepäck vor ihnen ablud.
    »Willst du dir den Weg in die Stadt freikämpfen?«, fragte Jasmin und nahm eine der Pistolen zur Hand.
    Ich schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil. Wir werden uns mit den Täufern verbünden.«
    Alle schauten mich nur fragend an, und darum erklärteich: »Wir desertieren und schließen uns den Sektierern an.«
    Reynold verzog das Gesicht, als hätte ich ihm eine Maulschelle verpasst. »Hast du den Verstand verloren?«
    »Keineswegs. Mit dieser Staffage werden wir überzeugende Landsknechte abgeben, und wenn wir vor eines der Stadttore treten, werden uns die Täufer einlassen und in ihre Dienste nehmen. Mutige Soldaten, die die Münsteraner bei der Verteidigung der Stadt unterstützen können, werden dort nach wie vor willkommen sein. Ich habe gehört, wie jemand davon sprach, dass anderen Deserteuren bereitwillig die Tore geöffnet wurden.« Das war nicht gelogen, aber ich verschwieg meinen Gefährten, dass diese Männer daraufhin von ihren eigenen Waffenbrüdern niedergestreckt worden waren.
    Keiner sagte mehr ein Wort, aber ich erkannte die Zweifel in ihren Gesichtern. Mit meinem Vorhaben hatte ich sie wohl ein wenig überfallen.
    »Schlaft jetzt«, riet ich ihnen. »Morgen sehen wir weiter.«
    Ich wickelte mich in meine Decke und grübelte über meinen Plan. Es dauerte lange, bis ich in den Schlaf fand, denn mich plagte die Sorge, dass ich auf mich allein gestellt war, wenn ich am morgigen Tag dieses gefährliche Vorhaben ausführen würde.

KAPITEL 12
    Als sich die Sonne über den Horizont zwängte, weckte ich meine Gefährten und breitete die Kleidungsstücke und Waffen, die uns für kurze Zeit in altgediente Landsknechte verwandeln sollten, auf dem Boden aus. Reynold richtete sich auf und runzelte nur die Stirn. Jasmin zischte verächtlich. Allem Anschein nach hatten sie sich entschlossen, mir nicht zu folgen, und auch ich selbst wurde plötzlich mutlos, weil mich der Gedanke quälte, dass ich schon in der nächsten oder übernächsten Stunde mein Leben verwirkt haben könnte.
    »Schließt ihr euch mir an?«, fragte ich die beiden, obwohl ich die Antwort ahnte. Jasmin und Reynold schüttelten den Kopf und bestätigten damit meine Vermutung.
    Glücklicherweise erhielt ich zumindest Unterstützung von Cort. Der Hüne griff nach einer der bunten Schärpen und streifte sie sich über. Dann schulterte er sein Langschwert.
    »Du willst doch nicht etwa mit ihm gehen?«, fragte Reynold. »Emanuels Vorhaben ist irrsinnig.«
    »Und genau darum hat Clunsevoet ihn hierhergeschickt«, entgegnete Cort. »Nur ein Mann, der bereit ist, das Unmögliche zu wagen, ist in der Lage, Amalia zu retten.«
    »Und er ist auch in der Lage, uns alle ins Verderben zu führen«, meinte Jasmin.
    »Ich muss den Versuch wagen«, sagte ich kleinlaut. »Soll ich denn meine Tochter im Stich lassen? Nach allem, was mir hier in den vergangenen Tagen vor Augen gekommen ist, ist dies die einzige Möglichkeit, in die Stadt zu gelangen, auch wenn ich dafür mein Leben aufs Spiel setze. Mieke ist es mir wert.«
    »Gottverflucht!«, krächzte Jasmin. »Versuch gar nicht erst, uns ein schlechtes Gewissen zu machen.«
    Ich seufzte und langte nach einer der Pistolen, dem Lederkoller und einem breitkrempigen Hut. Cort nickte zufrieden und forderte mich auf, zügig aufzubrechen, denn in den frühen Morgenstunden würden die Wachposten der Bischöflichen noch schläfrig sein.
    Ich verdrängte den Gedanken, dass ich Jasmin und Reynold womöglich zum letzten Mal gegenüberstand, verabschiedete mich rasch und trat mit Cort an die Schanze, die dem Kreuztor gegenüberlag.
    Zunächst hielten wir uns in der Nähe der Erhebung auf und behielten die Wachmannschaft im Auge. Eine Gruppe Söldner hockte gelangweilt um ein Feuer an dem mit Flechtwerk und Holzstreben verstärkten Erdwall. Die meisten von ihnen waren damit beschäftigt, ihre Arkebusen zu säubern. Einer rollte ein kleines Fass heran, nahm den Deckel ab und füllteeine Handvoll Schwarzpulver in ein Ledersäckchen. Im Moment

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