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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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Rechtfertigung. »Ich kann es dir nicht verübeln, dass du in Sorge um deine Tochter bist. Doch ich sage dir: Du wirst sie nur zurückbekommen, wenn wir Amalia befreien und nach Osnabrück bringen. Du magst Clunsevoet dafür verachten, dass er deine Tochter gefangen hält, aber er ist trotz allemein Mann, der zu seinem Wort und zu seinen Versprechungen steht. Und das erwartet er auch von dir.«
    Ich seufzte. »Wenn es eine Möglichkeit gäbe, in die Stadt zu gelangen, dann wären uns diese Gedanken wohl gar nicht erst gekommen. Aber ich bin ratlos.«
    »Und du?«, wandte sich Jasmin an Cort. »Hast du etwas in Erfahrung bringen können, das uns weiterhilft?«
    Cort schüttelte den Kopf. »Ich habe noch einmal mit Antonius gesprochen. Doch er ist ebenso ratlos wie wir alle.«
    »Dann müssen wir auf den Angriff warten«, meinte Jasmin. »Diese gewaltige Erdrampe könnte schon bald die Wallanlagen erreicht haben. Wenn dann die Stadt im Sturm genommen wird, suchen wir nach Clunsevoets Tochter. Und sollte uns das Schicksal gewogen sein, finden wir sie, bevor sie einer dieser blutgierigen Landsknechte in die Finger bekommt.«
    »Die Rampe?«, krächzte Cort und lachte spöttisch. »Ich glaube, ich muss euch da etwas vor Augen führen.« Er stand auf und winkte uns mit sich. Es gefiel mir nicht, durch den Regen zu stapfen, aber da es dem Hünen anscheinend wichtig war, folgten wir ihm.
    Cort führte uns zu der Stelle, von der aus ich am Tag unserer Ankunft die riesige Erdrampe bestaunthatte. Es machte mich stutzig, dass uns auf dem Weg viele Bauern entgegenkamen, die mit erschütterten Gesichtern schimpfend an uns vorbeizogen. Kurz darauf, als der Erdhügel in Blickweite kam, verstand ich, warum vielen dieser knorrigen Männer die Tränen in den Augen standen. Durch den Regen war schlimmer Schaden an der Erdwalze entstanden. Der turmhohe Hügel, an dem Hunderte Arbeiter wochenlang geschuftet hatten, um ihn Fuß für Fuß auf die Mauern zuzubewegen, war vom Regen aufgeweicht worden und zusammengestürzt. Man konnte in dem zerflossenen Schlamm noch einige Erhebungen erkennen, doch die wirkten lächerlich, wenn man sich das Bild der einstmals so imposanten Rampe vor Augen hielt. Einige Männer knieten dort in diesem Schlammfeld und krallten ihre Finger in den feuchten Untergrund oder hieben mit den Fäusten auf die Erde, um ihrer Enttäuschung und Verzweiflung Luft zu machen. Auch den Täufern war dieses Missgeschick natürlich nicht verborgen geblieben. Auf dem Stadtwall hatten sich Dutzende von ihnen versammelt. Sie feixten, lachten und schmähten die traurigen Belagerer mit derben Spottrufen.
    »Bei allen Heiligen«, zischte Jasmin. Einen Moment lang blieben wir schweigend vor diesem Bild des Jammers stehen, dann sprach Cort das aus, was wohl jedem von uns im Kopf herumging.
    »Auf einen Sturmangriff brauchen wir nun wohl nicht mehr zu hoffen.« Er stemmte enttäuscht die Hände in die Hüften, dann drehte er sich um und ging ohne ein weiteres Wort davon.

KAPITEL 11
    Cort irrte sich.
    Die zerstörte Erdwalze ließ die Landsknechte nicht in Mutlosigkeit versinken, sondern entfachte unter den Belagerern eine brennende Wut und das Verlangen, mit allen Mitteln die Stadt zu stürmen und den Täufern ihre Überheblichkeit und den Spott heimzuzahlen.
    Wir konnten es in den Augen der Soldaten und sogar in den Gesichtern der Bauern, der Handwerker und der Trossleute erkennen. Ihnen allen juckte es in den Fingern, die Mauern Münsters zu erklimmen, die Täufer zu erschlagen und die Stadt zu plündern.
    Der Bischof und sein Kriegsrat teilten wohl dieses Begehren, denn noch am selben Tag, an dem die Erdwalze zu Schlamm zerflossen war, wurden die Stadtmauern unter Beschuss genommen. Vor allen Toren Münsters donnerten die Kanonen, und im anhaltenden Regen ging ein unaufhörlicher Kugelhagel aufdie Stadt nieder. Es war mir ein Rätsel, woher die Belagerer trotz der Nässe solche Mengen trockenes Pulver auftreiben konnten, doch es reichte aus, um den Beschuss vier Tage lang aufrechtzuerhalten.
    Dann endete die Kanonade, und am 31. August erklang zu Sonnenaufgang ein Alarmschuss, der den Sturm auf die Stadt eröffnete. Tausende Landsknechte rannten unter anfeuernden Rufen auf die Mauern zu. Viele von ihnen warfen Reisigbündel in die schlammbedeckten Gräben, um diese passierbar zu machen, danach trugen sie breite Leitern heran, über die sie den ersten Wall zu überwinden versuchten. Im Schutz ihrer breiten Schilde kämpften sich die

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