Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
waren diese Kerle noch unsere Kameraden, doch sobald wir in das Niemandsland traten und sie begriffen, dass wir zu den Täufern überlaufen wollten, würden sie uns als ihre Feinde ansehen.
Ich lupfte meinen Hut, strich mir angespannt über die Haare und atmete tief ein. »Also dann«, sagte ich zu Cort. »Möge uns das Schicksal gewogen sein.«
Wir wollten losgehen, doch eine Stimme hinter uns hielt uns auf.
»Wartet!«
Ich wandte mich um und erblickte erstaunt, dass Reynold und Jasmin auf uns zuliefen. Beide hatten sich nun ebenfalls ausstaffiert und gaben recht lächerliche Bilder buntgeschmückter Soldaten ab. Jasmin verbarg ihre langen Haare unter einem Hut, und jeder von ihnen schwenkte einen Tonkrug in den Händen.
»Wir sollten uns stärken, bevor wir vor das Tor treten.« Jasmin streckte mir einen Krug entgegen. Ich nahm ihn, schaute die beiden aber nur fragend an.
»Du weißt, wie sehr mir Mieke am Herzen liegt«, erklärte sie. »Ich tue das für sie – nicht für dich.«
»Und du?«, wandte ich mich an Reynold. »Bangst du nicht länger um dein Leben?«
Er zog sein Wams am Kragen zur Seite und holte fünf Amulette hervor, die er an Schnüren um seinenHals trug. »Die hier werden mich unverwundbar machen.«
Ich lachte, trank aus dem Krug und hustete, als der Branntwein in meine Kehle floss.
»Hattest wohl noch was übrig von dem Geld, das du mir gestohlen hast«, brummte Cort.
Reynold griente und nahm die beiden Krüge. »Die werden uns nützlich sein.« Mir erschien der Ausdruck in seinen Augen seltsam entrückt. Wahrscheinlich hatte er das kürzlich erworbene Opium dazu benutzt, seine Furcht zu betäuben.
Reynold lief auf die Wachen zu, die an einem Feuer saßen und einen Brei kochten. Er johlte laut und rief: »Kommt, Männer, begrüßt den neuen Tag mit einem kräftigen Schluck. Trinkt!«
Die Landsknechte ließen sich nicht lange bitten und griffen gierig nach dem Branntwein. Auch die anderen Männer kamen zusammen, und jeder verlangte, als Nächster aus einem der Krüge zu trinken.
»Das wird sie ablenken«, raunte Jasmin.
Ich nickte. »Gut gemacht.« Wir traten an das Ende der Schanze und konnten von hier auf das vorgelagerte Torhaus blicken, hinter dem eine Brücke über den ersten Wassergraben zu einem breiten Rondell führte. Der Morgennebel hatte sich bereits verzogen. Das bedeutete, dass wir ein gutes Ziel abgeben würden.
»Und du glaubst tatsächlich, dass die Täufer uns bereitwillig das Tor öffnen werden, wenn wir sie darum bitten?«, krächzte Reynold.
Ich nickte. »Sorgen bereiten mir – trotz des Branntweins – die Kerle an der Schanze. Du wirst sehen, die Täufer werden uns Überläufer gewiss in ihre Reihen aufnehmen. Doch für unsere jetzigen Waffenbrüder werden wir damit zu Verrätern, und sie werden nicht zögern, das Feuer auf uns zu eröffnen, wenn sie begreifen, was wir vorhaben.«
Nun, wo die Wachen noch abgelenkt waren, wollte ich keine weitere Zeit mehr verlieren. Ich trat über die Grenze der Schanze und winkte meine Gefährten mit mir. Reynold bekreuzigte sich noch rasch und küsste jedes einzelne seiner Amulette.
Die anderen folgten mir. Mit eiligen Schritten näherten wir uns dem Stadtwall, der sich wie ein drohender Koloss vor uns erhob. Wir hatten etwa einhundert Schritte zurückgelegt und befanden uns in der Mitte zwischen dem Kreuztor und der Schanze, als die Täufer auf uns aufmerksam wurden. Auf dem Rondell tauchten mehrere Männer auf, die Arkebusen und Armbrüste auf uns richteten, und einen Augenblick später wurde auch schon ein Schuss abgefeuert. Eine Ladung Blei ließ vor unseren Füßen die Erde aufspritzen.
»Oh, Jesus und alle Heiligen!«, stöhnte Reynold.
»Ihr da«, erklang es vom Rondell. »Keinen Schritt weiter!«
Mit einem Handzeichen stoppte ich die anderen. Ich richtete meinen Blick zum Festungswerk und rief den Bewaffneten zu: »In Gottes Namen, lasst uns eintreten!«
»Was wollt ihr in Münster?«
»Euch darin unterstützen, die wahre Lehre Christi zu verteidigen.«
»Vielleicht wollt ihr aber auch nur unser Brot fressen und unseren Wein saufen«, höhnte der Mann.
»Wir bieten euch unsere Dienste an«, rief ich darum schnell hinauf. »Ist euch nicht jede Hand, die ein Schwert führt, von Nutzen, um den Bischof und seine Soldaten von Münster fernzuhalten?«
Der Mann lachte. »Du sprichst von dem Bischof, dem du anscheinend vor nicht allzu langer Zeit die Treue geschworen hast.«
Die Täufer gaben sich
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