Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
hastig durch diesen Eingang drängten, wurden hinter uns gleich mehrere Schüsse abgefeuert, die uns gewiss zum Verhängnis geworden wären, wenn wir noch immer im offenen Gelände gestanden hätten. Nun aber schlug der Mann die Tür hinter uns zu, und wir stolperten in das Torhaus, wo wir in unserer Hast gegeneinanderstürzten und auf die Knie fielen. Der Bärtige schien dies als Aufforderung zum Gebet anzusehen und sank mit gefalteten Fingern neben uns auf den Boden.
»Danket dem Herrn«, jubilierte er. »Danket dem Allmächtigen für eure Errettung und lasst ihn uns lobpreisen.«
Wir schauten uns an und atmeten erleichtert auf, als wir feststellten, dass keiner von uns eine Verletzung davongetragen hatte und dass wir tatsächlich in das belagerte Münster eingedrungen waren.
»Halleluja!«, rief Reynold aus und streckte die Hände gen Himmel. »Wenn einem das Glück hold ist, dann kalbt sogar der Ochse.«
KAPITEL 13
Da knieten wir also auf dem Steinboden, nachdem wir wie betrunkene Tanzbären in das Torhaus gestolpert waren. Der Bärtige, der uns hereingelassen hatte, hob noch immer die gefalteten Hände zum Himmel, sprach ein weiteres Stoßgebet und schlug das Kreuz über seiner Brust.
Wir taten es unserem Retter gleich. In diesem Augenblick, in dem mein Herz noch vor Aufregung raste, dankte ich tatsächlich dem Herrn. Sollte er seine schützende Hand über uns gehalten haben, war das wohl mehr als angebracht. Und wenn wir ihm – was ich eher vermutete – völlig egal waren, dann war diese kurze Buckelei auch nicht weiter tragisch.
Der Bärtige erhob sich, musterte uns und breitete die Arme zu einer einladenden Geste aus. »Ich heiße euch willkommen im Neuen Jerusalem. Von dieser Stunde an seid ihr Teil der wahren Gemeinschaft Christi.«
»Wie schön«, krächzte Reynold.
Mich störte der Spott in seiner Stimme, darum nahm ich die Pistole, die ich Cort vorhin überlassen hatte, wieder an mich und fügte rasch an: »Und mit diesen Waffen werden wir die Gemeinschaft verteidigen.«
»Wir werden sehen«, rief ein Mann, der zu uns trat – ein knorriger Kerl, der eine Arkebuse bei sich trug. Wahrscheinlich war er es gewesen, der zuvor vom Rondell aus auf uns geschossen hatte.
»Der hier hat den Bischöflichen mächtig zugesetzt«, meinte der Bärtige und klopfte mir auf die Schulter, dann deutete er auf Cort und sagte: »Und es beruhigt mich zudem, wenn ein solcher Riese von nun an mein Verbündeter ist und nicht mein Gegner.«
»Wir werden sehen«, murmelte der Arkebusier erneut, und ich fragte mich, ob er noch andere Wörter kannte. Zunächst schwieg er aber und gab uns ein Zeichen, ihm zu folgen.
Er führte uns über eine Brücke, auf der wir den äußeren Stadtgraben und den zweiten Wasserlauf zwischen den Wällen überquerten. Schließlich erreichten wir ein weiteres Torhaus. Auf sein Rufen hin wurde eine breite Holztür geöffnet. Wir traten in eine Wachstube, in der sich drei mit Kurzschwertern bewaffnete Männer aufhielten, die sich von ihrer Kleidung her kaum von den Landsknechten im Lager des Bischofs unterschieden.
Mein Blick fiel auf ein Tor am anderen Ende dieses Raumes. Wahrscheinlich mussten wir nur noch diese Pforte passieren, um auf die Straßen Münsters zu gelangen. Es war eine verlockende Vorstellung,dass die Wachleute uns hier verabschieden und mit den besten Wünschen in die Stadt entlassen würden, doch diese Hoffnung erwies sich als Trugschluss. Der grimmige Arkebusier wies uns an, eine Treppe hinaufzusteigen, und brachte uns in eine Kammer im ersten Stock.
»Hier werdet ihr warten«, befahl er uns.
»Auf was?«, wollte ich wissen.
»Ich lasse nach dem Prädikanten Ollrich schicken. Er hält sich hier ganz in der Nähe im Gemeinschaftshaus auf.«
Reynold rümpfte die Nase. »Ein Prädikant? Was ist das für einer?«
»Einer der Prediger, der prüfen wird, ob ihr aus redlichen Beweggründen zu uns übergelaufen seid.« Der Arkebusier schaute mit düsterem Blick von einem zum anderen. »Und sollte sich herausstellen, dass ihr nur Spione der Bischöflichen seid …« Der Kerl lachte heiser und zog ein Messer hervor. Mehr brauchte es nicht, um uns klarzumachen, dass unser Leben verwirkt war, wenn dieser Prädikant unseren Ausführungen keinen Glauben schenken würde. Dann verließ er die Kammer und verschloss die Tür hinter sich.
»Welch freundliche Begrüßung«, spottete Jasmin. Sie zog den Schlapphut von ihrem Kopf und wischte über ihr schmutziges Gesicht. Sofort machte
Weitere Kostenlose Bücher