Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Immerhin halten nicht weit entfernt die Landsknechte des Bischofs ihre Hakenbüchsen und Kanonen im Anschlag. Und wenn die Dunkelheit hereinbricht, suchen wir uns einen Weg, die Schanze unbehelligt zu überqueren.
»Das klingt alles so einfach«, meinte Anton Kribbe.
»Es ist einfach«, sagte ich. »Ich bin davon überzeugt, dass unser Vorhaben gelingen wird.« Ich schmunzelte aufmunternd. »Genießt diese Nacht. Es wird eure letzte in Münster sein. Morgen schon werden wir uns im Lager des Bischofs besaufen.«
KAPITEL 27
Wie an jedem Morgen wurden wir zum Glockenschlag der fünften Stunde geweckt. Doch dieser Tag würde kein Tag wie jeder andere sein. Das war auch Jasminklar, und als ich mich auf unserem Lager aufsetzte, küsste sie mich auf den Mund. Es war nur eine flüchtige Geste, weder leidenschaftlich noch verlangend, aber für mich kam es einem neuen Anfang gleich.
»Viel Glück«, sagte sie leise.
»Das brauchen wir alle«, erwiderte ich, dann erhoben wir uns, erledigten die Morgenwäsche und begaben uns in die Küche, wo uns eine Suppe gereicht wurde. Eines der Fenster stand offen, und in der morgendlichen Dämmerung vernahm ich das Rauschen und Plätschern von Regen.
Zur neunten Stunde, nachdem die dringendsten Arbeiten erledigt waren, kündigte Bernt von Zwolle an, dass das Gesinde nun geschlossen aufbrechen würde, um dem Gerichtstag auf dem Domplatz beizuwohnen. Nur zwei der Mägde würden zurückbleiben, um die Mittagsspeise vorzubereiten.
In dem Tumult des Aufbruchs stahl ich mich auf den Hinterhof und verbarg mich eine Weile in dem Schuppen, in dem Amalia mich vor einigen Tagen verführt hatte. Ob auch sie wohl in diesem Moment an unseren Beischlaf dachte, während sie in ihrer Kammer begierig darauf wartete, dass ich durch ihre Tür trat und sie mir ausgeliefert sein würde? Nun, ihr Wunsch würde in Erfüllung gehen – nur etwas anders, als Amalia es sich in ihren wollüstigen Phantasien ausmalte.
Ich wartete mehrere Minuten ab, und erst als ich sicher war, keine Stimmen mehr zu hören, verließ ich den Schuppen. Der Regen war stärker geworden, und ein auffrischender Wind peitschte mir die Nässe ins Gesicht, als ich durch die Mauerpforte zum Hof der Königsfrauen lief und dort Reynold begegnete, der aufgebracht über den Regen schimpfte. Ich schickte ihn zu den Werkstätten, wo er die Karre besorgen sollte, und betrat das Hauptgebäude durch den Hintereingang, von dem aus ich rasch in die Küche gelangte. Wie erwartet war auch hier alles verlassen.
»Jasmin«, rief ich. Sofort darauf öffnete sich eine seitliche Holztür, aus der Jasmin in die Küche trat. Wahrscheinlich hatte sie sich dort in der Kammer versteckt, als das Gesinde zum Domplatz gegangen war.
»Was ist mit Reynold?«, fragte sie.
»Heute ist auf ihn Verlass. Er schaut sich nach einer Karre um.« Ich zog aus meiner Gürteltasche die Schachtel mit den Opiumpillen und wies Jasmin an: »Bring mir einen Becher Wein.«
Eilig stieg Jasmin eine Treppe hinab und kehrte bald darauf mit einer Kanne Wein zurück. Sie nahm einen Zinnpokal von einer Anrichte und füllte ihn. Nun zerbröselte ich ein Opiumkügelchen in den Wein, überlegte kurz, streute dann noch ein zweites hinein und verrührte alles miteinander. Die Mengedes Rauschmittels würde gewiss ausreichen, um Amalia für mehrere Stunden in einen seligen Schlaf fallen zu lassen.
»Machen wir uns auf den Weg zu Amalias Kammer«, sagte ich. »Sie wird wohl schon ungeduldig warten.« Meine letzten Worte gingen in einem heftigen Donnern unter.
»Worauf wartet sie denn eigentlich?«, wollte Jasmin wissen. »Was hast du ihr versprochen?«
Für einen Moment brachte sie mich in Verlegenheit, und ich suchte nach einer schlüssigen Antwort. »Ein gemeinsames Gebet«, behauptete ich, obwohl mir klar war, wie seltsam das klingen musste.
»Ein Gebet?« Jasmin stutzte.
Ich hatte keine Lust auf weitere Erklärungen, die mich nur in immer neue Schwierigkeiten bringen würden. »Komm endlich«, sagte ich und lief aus der Küche zu der Treppe, von der aus ich auf den Korridor und vor Amalias Kammertür gelangte. Ich verharrte kurz, atmete tief ein und klopfte an das Holz. Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete ich die Tür und trat in das Zimmer. Zu meinem Erschrecken stellte ich fest, dass der Raum verlassen war. Damit hatte ich nicht gerechnet. Wo zum Himmel war Amalia?
Ich drehte mich zu Jasmin um. »Sie ist nicht hier.«
»Scheint so, als wäre das gemeinsame Gebet dochnicht die
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