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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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ich.
    »Das alles hat mich so sehr mit Stolz erfüllt«, sagte Bockelson. »Die Hingabe in jedem Augenpaar, obMann oder Frau. Welche Armee, und würde sie auch hundert Mal mehr Köpfe zählen, hätte in diesem Moment mächtiger sein können? Wir alle sind von der erquickenden Kraft Gottes erfüllt. Diese Gemeinschaft durfte nicht sinnlos geopfert werden. Das wäre niemals der Wille des Herrn gewesen.«
    Ich spürte, dass er es ehrlich meinte. Er sprach über eine Welt, die er sich zum größten Teil selbst erschaffen hatte. Wie hätte er es zulassen können, dass ein Mann wie Johann Dusentschur es sich herausnahm, die Täufergemeinde in den Abgrund zu stürzen. Jan Bockelson war ein geschickter Taktiker, kein verblendeter Fanatiker wie Jan Matthys, der in blindem Gottvertrauen in den Tod geritten war. Wahrscheinlich war es immer Bockelsons Verlangen gewesen, wie ein König zu herrschen. Ich fragte mich, ob er in diesem Moment tatsächlich davon überzeugt war, dass Gott seine schützende Hand über Münster hielt, oder ob er schon seit längerem daran zweifelte.
    »Es war ein guter Tag, Majestät«, sagte ich. Wie dieser Mann mit dem traurigen Blick dort vor mir hockte, empfand ich fast ein wenig Mitleid mit ihm. Wir beide waren uns im Grunde ähnlich. Wir schlüpften in verschiedene Rollen und gaukelten den Menschen eine Wahrheit vor, nach der sie sich sehnten. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass ich hier an der Seite eines Mannes saß, der als Richterohne jedes Bedauern seine Anhänger aufgrund lächerlicher Vergehen in den Tod schickte. Dieser Gedanke ließ mein Mitgefühl schwinden.
    Der König wies mich an, die restlichen Gurken abzustellen und ihn allein zu lassen. Ich folgte diesem Wunsch unverzüglich, und als ich in den Speisesaal zurückkehrte, stellte ich erstaunt fest, dass dort Amalia an der großen Tafel hockte.
    »Was macht Ihr hier?«, fragte ich erstaunt. »Ist es Euch erlaubt, Euch ohne besonderen Anlass am Königshof aufzuhalten?«
    »Ich bin keine Gefangene«, entgegnete sie. »Wenn man von den Stadtmauern einmal absieht.« Sie erhob sich und kam auf mich zu. Zum Glück waren wir im Moment noch allein in diesem Saal, so dass niemand unser vertrautes Gespräch mithören konnte.
    »Ich habe nach dir gesucht«, sagte Amalia. »In der Küche erhielt ich die Auskunft, dass du zum König geschickt wurdest. Warst du in seiner Kammer?« Sie seufzte. »Dann bist du ihm wohl näher gekommen als ich in den vergangenen Wochen.«
    »Warum habt Ihr nach mir gesucht?«
    Amalia trat rasch näher an mich heran und tastete nach meiner Hand. Ihre Finger waren angenehm warm und weckten in mir die Erinnerung an unsere lustvolle Begegnung, die erst wenige Tage zurücklag.
    »Hat es dir gefallen, beim Abendmahl von mir bedientzu werden?«, wollte sie wissen. »Ich musste dabei ständig an unser kleines Geheimnis denken.«
    »Nicht hier«, presste ich hervor. »Man darf uns nicht zusammen sehen.« Ich öffnete die Tür zu einer angrenzenden Kammer, vergewisserte mich, dass sich dort niemand aufhielt, und stieß Amalia recht grob hinein. Diese Unhöflichkeit hätte mich in arge Schwierigkeiten bringen können, doch wie ich es vermutet hatte, versetzte mein fehlender Respekt Amalia in lustvolle Erregung. Sie drehte sich zu mir um, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und fixierte mich mit einem erwartungsvollen Blick, während ich die Tür schloss.
    »Die Frau, die neben dir beim Abendmahl saß«, sagte sie. »Ist sie dein Eheweib?«
    »Das ist sie.« Ich trat näher an Amalia heran, und mir fiel auf, dass ihr Atem schneller ging.
    »Ich habe sie in den vergangenen Tagen häufig an unserem Hof zu Gesicht bekommen. Sie ist hübsch. Wie viele Frauen hast du noch geheiratet?«
    »Keine. Sie ist die Einzige.«
    »So?« Amalia gab sich erstaunt. »Du weißt, dass es als ein Makel angesehen wird, wenn ein Mann nur mit einer Frau die Ehe schließt. Solch ein Verhalten erregt das Missfallen der Prädikanten. Warum also sparst du dich für eine einzige Frau auf? Das ist doch Verschwendung.«
    Sie schlang ihre Arme um mich und küsste mich auf den Mund. Ich drängte sie von mir und warnte sie: »Euer Verhalten wird die Prädikanten erst recht in Wut versetzen. Wenn man uns so sähe, würde das unseren Tod bedeuten. Ehebruch ist die schwerste Sünde, die in Münster begangen werden kann.«
    »Soll ich mich dafür schämen, dass ich mich anderen Männern hingebe?«, erwiderte Amalia trotzig. »Gott hat niemals zu mir

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