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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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ich mich rasch in die Küche des Königshofes und hole ihn. Vielleicht läuft mir dabei ja auch Cort über den Weg, und ich erfahre endlich, was hier vor sich geht.« Ich deutete auf Amalia, die inzwischen ruhiger geworden war. Das Opium schienbereits seine Wirkung zu zeigen. »Hab ein Auge auf sie. Ich bin gleich zurück.«
    Mit schnellen Schritten eilte ich durch den windgepeitschten Regen und hielt Ausschau nach Cort. Ich entdeckte aber nur Reynold, der unter dem Dach der Werkstätten vor dem Gewitter Schutz suchte und neben sich einen Handkarren abgestellt hatte. Seltsam, dass an diesem Tag ausgerechnet auf ihn am meisten Verlass war.
    Ich trat auf Reynold zu, berichtete ihm, was geschehen war, und hielt ihn an, die Augen und Ohren offen zu halten. Sogleich lief ich weiter zum Königshof und erreichte völlig durchnässt die Küche. Der Leinensack lag noch da, wo ich ihn zurückgelassen hatte. Das war beruhigend, doch schon im nächsten Moment fuhr mir ein weiterer Schreck durch alle Glieder, denn plötzlich wurde die Tür aufgestoßen, und angeführt von Bernt von Zwolle kehrte das gesamte Gesinde an den Königshof zurück.
    »Was machst du schon hier?«, rief mir von Zwolle verwundert zu. »Bist wohl schon vor uns vor dem Regen geflüchtet. Nun ja, bei diesem Gewitter kann man dir keinen Vorwurf machen.«
    »Der Gerichtstag …?«, stammelte ich.
    »Wurde abgesagt aufgrund der widrigen Verhältnisse.« Von Zwolle wrang sein nasses Barett auf dem Boden aus. »Gott schickte uns Blitz und Donner, umuns mitzuteilen, dass er uns heute nicht auf der Straße haben will.«
    Ich schluckte hart. Wenn der Gerichtstag vorzeitig beendet worden war, bedeutete das, dass der König und sein gesamtes Gefolge an den Hof zurückkehrten. Auch die Frauen des Königs würden schon bald ihre Gemächer aufsuchen. Wir mussten Amalia so schnell wie möglich aus dem Gebäude schaffen.
    »Du schlachtest eine Gans«, wies mich der Küchenmeister an, doch ich ignorierte ihn und lief aus der Küche. Er rief mir etwas hinterher, doch das war mir egal. Unser Vorhaben stand auf der Kippe, und als hätte sich alles gegen mich verschworen, passierte ich auf meinem Weg nach draußen eine Gruppe nassgeregneter Prädikanten, in der ich Hermann Ollrich erkannte. Mit gesenktem Kopf trat ich rasch an den Männern vorbei und befürchtete schon, dass Ollrich mich bemerken und mich festhalten würde, doch anscheinend hatte er nicht in meine Richtung geschaut.
    Zurück am Hof der Frauen begegnete ich einer schnatternden Ansammlung von Weibern, die im Hauptsaal und in der Küche ihre nassen Mäntel ablegten und sich trockene Tücher reichten. Auch die meisten der Königsfrauen hielten sich hier auf, was meine Hoffnung nährte, dass Jasmin und Amalia bislang unentdeckt geblieben waren.
    Mit klopfendem Herzen lief ich die Treppe hinauf.Jasmin wartete auf dem Korridor vor der Tür zu Amalias Kammer.
    »Ich habe von unten Stimmen gehört«, sagte sie hastig. »Da zog ich es vor, hier auf dich zu warten, um im schlimmsten Fall die Flucht ergreifen zu können.«
    Ich zog den Leinensack hervor. »Wir gehen nicht ohne Amalia.« Jasmin und ich traten in die Kammer, wo Amalia noch auf dem Bett lag und anscheinend in einen unruhigen Halbschlaf gesunken war.
    »Hilf mir, ihr den Sack überzustreifen«, wies ich Jasmin an. Wir brachten Amalia in eine sitzende Position. Gerade als ich den Leinensack über ihren Kopf ziehen wollte, zuckte ich zusammen, denn ich bemerkte aus den Augenwinkeln, dass die Tür aufgestoßen wurde. Dort stand nun Hermann Ollrich, und sein stechender Blick huschte von mir zu Jasmin und der gefesselten Amalia.
    »Meine Augen haben sich vorhin also nicht getäuscht. Du bist es«, sagte Ollrich. Er schaute zu Jasmin. »Und als ich dich das letzte Mal zu Gesicht bekam, warst du wie ein Mann gekleidet.« Er trat einen Schritt zurück. »Was auch immer ihr hier treibt … ich werde es zu verhindern wissen.«
    Ich befürchtete, dass Ollrich im nächsten Moment die Wachen rufen würde und dass es zu spät war, die Flucht zu ergreifen. Der Prädikant lächelte maliziös,doch plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck von Triumph zu Erschrecken, denn eine Hand packte ihn am Kragen, und bevor Ollrich auch nur einen Ton herausbringen konnte, traf ihn eine Faust und brach ihm erneut die Nase. Der Prädikant taumelte, und ein zweiter Schlag streckte ihn zu Boden.
    »Er hat aus dem ersten Mal nichts gelernt«, sagte Cort, fasste Ollrich an den Beinen und

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