Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
gesprochen, aber er weiß, wie sehr ich vernachlässigt werde. Mein Ehemann kümmert sich weniger um mich als um einen Hund auf der Straße. Die einzige Frau, die er beachtet, ist Divara, die er zu seiner Königin gemacht hat.«
»Dennoch begehen wir eine schwere moralische Verfehlung.«
Amalia verzog das Gesicht. »Wenn ich dich sprechen höre, sehe ich meinen Vater vor mir. Der forderte stets Anstand und Demut von mir. Er selbst wollte mich aber ohne mein Einverständnis mit einem unansehnlichen und linkischen Kaufmann verheiraten, weil der über beträchtlichen Grundbesitz verfügt. Im Gegenzug für die Einwilligung in die Hochzeit hatte der meinem Vater großzügige Weiderechte versprochen. Als ich gegen diese Pläne aufbegehrte, steckte mein Vater mich zur Läuterung in ein Kloster, wo die vertrocknete Äbtissin mich in der Küche, in der Wäscherei und auf den Feldern schuftenließ, bis meine Finger bluteten. Das nenne ich eine moralische Verfehlung.«
Je weiter Amalia sich in Rage redete, desto lauter wurde sie. Ich gab ihr mit einem Handzeichen zu verstehen, ihre Stimme zu senken.
»Was ist dann passiert?«, wollte ich wissen.
Amalia antwortete nun in einem gedämpfteren Tonfall. »Als die Täufer in das Kloster kamen und in ihren Predigten die Nonnen aufforderten, diese Zuchthäuser der Jungfernschaft zu verlassen, war ich die Erste, die vortrat und verkündete, dass ich ihnen folgen würde. Der Prädikant Bernhard Rothmann bewunderte meine Entschlossenheit so sehr, dass er mich noch am gleichen Tag die wahre Taufe empfangen ließ. Er war es auch, der mich mit dem Propheten Matthys und mit Jan Bockelson bekannt machte.«
»Und dann hat Bockelson Euch geheiratet.«
»Das dauerte noch einige Wochen. Zunächst nahm Bockelson mich in seinen Haushalt auf, wo ich verschiedene Arbeiten verrichtet habe. Abends ließ er mich an den Versammlungen der Täufer in seiner Wohnstube teilnehmen, wenn er mit seinen Vertrauten das weitere Vorgehen der Gemeinde Christi besprach. Seine Augen waren dann oft auf mich gerichtet. Und als die Prädikanten später beschlossen, dass die Täufer es den Altvätern David, Abraham und Jakob gleichtun und sich mehrere Eheweiber nehmen sollten,wandte Jan Bockelson sich kurz darauf an mich und sagte mir, dass ich ihm in einem Traumbild als eine Braut gegenübergetreten sei. Damit habe ihm der Herr mitgeteilt, dass er mich zur Frau nehmen solle.«
Sie seufzte. »Mir war klar, dass ich ihn mit all seinen anderen Eheweibern teilen musste, aber ich hatte nicht erwartet, dass er nach der Heirat so schnell das Interesse an mir verlieren würde. Nur ein einziges Mal hat er mich beschlafen. Kann es in Gottes Sinne sein, dass ein Weib so sehr von ihrem Ehemann vernachlässigt wird? Der Allmächtige war es doch, der die Begierden in uns erschaffen hat.«
Und diese Begierden würden Amalia wohl über kurz oder lang den Kopf kosten, befürchtete ich. Mir kam jedoch der Gedanke, dass ich mir Amalias Lasterhaftigkeit durchaus zunutze machen konnte. Dies war im Grunde die Gelegenheit, auf die ich gewartet hatte. Nun musste ich die Initiative ergreifen.
Ich packte sie, zog sie heran und presste mich fest gegen sie. Amalia japste überrascht und keuchte. Es war nicht meine übliche Art, Frauen derart rüde zu behandeln. Im Grunde war es mir sogar unangenehm, aber ich ahnte, dass ich nur auf diese Weise mein Ziel erreichen würde.
»Ich kann dir geben, wonach du verlangst«, hauchte ich in ihr Ohr. »Aber nicht hier und nicht heute.«
Sie stöhnte leise. »Wann?«
»Morgen. Und ich will es in deiner Kammer tun – auf deinem Bett.«
»Was?«, fragte sie aufgeregt. »Sag mir, was du dann tun wirst.«
»Ich werde mir das nehmen, was du mir verweigert hast.« Ich ohrfeigte sie. Es war nur ein leichter Klaps, aber er reichte aus, sie in meinem Arm vor Lust erbeben zu lassen.
»Du nimmst es dir wie ein Tier«, stöhnte Amalia. Es klang wie eine Aufforderung.
»Morgen wird der Gerichtstag abgehalten«, sagte ich. »Du wirst dir einen Grund suchen, am Hof zu bleiben. Behaupte, du würdest von Übelkeit geplagt. Dann wartest du in deiner Kammer. Ich werde zur zehnten Stunde zu dir kommen.«
Meine Hand lag nach der Ohrfeige noch immer auf ihrer Wange. Amalia drehte leicht ihren Kopf und leckte über meinen Daumen. »Ich hoffe, du machst da weiter, wo wir hier aufgehört haben«, raunte sie lüstern.
Sie löste sich von mir und trat mit einem erwartungsvollen Lächeln aus der Kammer. Als sie die Tür
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