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Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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schleifte ihn in die Kammer.
    »Cort … was zum Teufel machst du hier?«, brachte ich hervor, noch immer konsterniert von der unerwarteten Entwicklung des Geschehens.
    Cort schloss die Tür. »Wir haben ein Problem.«
    »Nur eines?«, meinte Jasmin.
    »Du solltest dich um die Ochsenherde kümmern«, herrschte ich Cort an.
    »Es gibt keine Ochsenherde mehr«, entgegnete Cort in einem ähnlich verärgerten Ton.
    Ich stutzte. »Was soll das heißen?«
    »Die Ställe waren leer. Einer der Viehtreiber sagte mir, dass sämtliche Ochsen für das gestrige große Abendmahl geschlachtet worden sind.« Er seufzte. »Die Täufer haben unsere Möglichkeit zur Flucht einfach aufgefressen.«
    Nun musste ich mich setzen. »Du lieber Himmel!«, stöhnte ich.
    »Wir hätten alles abbrechen müssen. Ich wollteeuch warnen, darum bin ich hierhergekommen. Dann traf ich Reynold, der mir sagte, dass Amalia mich gesehen hatte und dass wir in Schwierigkeiten stecken. Daraufhin bin ich hierher zur Kammer gelaufen und kam wohl gerade noch rechtzeitig.« Er stieß mit der Fußspitze gegen den bewusstlosen Ollrich.
    Ich überlegte kurz, dann traf ich eine Entscheidung. »Wir haben Amalia, und wir nehmen sie mit. Wie wir sie dann aus der Stadt herausschaffen, können wir später überlegen. Beeilen wir uns, bevor wir entdeckt werden.«
    »Was ist mit dem Prädikanten?«, fragte Jasmin. »Sollen wir den auch mit uns schleppen? Er weiß, dass wir Amalia in unsere Gewalt gebracht haben.«
    »Wir lassen ihn hier zurück«, entgegnete ich. »Er wäre uns nur hinderlich, und unsere Tarnung ist nun ohnehin wertlos geworden.«
    Ich nahm ein Tuch, stopfte es in Ollrichs Mund und fesselte ihm die Hände. Wahrscheinlich würde es nicht allzu lang dauern, bis man ihn hier fand, aber bis dahin hatten wir gewiss unser Versteck in der Neubrückenstraße erreicht.
    Jasmin half mir, Amalia den Sack überzustreifen. Erfreulicherweise reichte der tatsächlich von ihrem Kopf bis zu den Füßen. Cort legte sich Amalia über die Schulter, und obwohl wir am Fuß der Treppe einerMagd und auf dem Hof zwei Pagen begegneten, schöpfte niemand Verdacht.
    Reynold erwartete uns an der vereinbarten Stelle. »Ist sie das?«, fragte er und deutete auf den Leinensack.
    »Nein, das ist der Erlöser Jesus Christus«, knurrte Cort und legte Amalia auf die Karre. Wir schoben das Gefährt mit vereinten Kräften durch den Regen, der die Straße in einen sumpfigen Morast verwandelt hatte.
    Jasmin und ich drückten fest gegen den hinteren Teil des Wagens. Ihre Augen verrieten, dass sie sich große Sorge machte. »Du hast keinen blassen Schimmer, wie wir Münster verlassen sollen«, sagte sie. »Habe ich recht?«
    »Ich muss nachdenken«, erwiderte ich nur, während sich der Karren schmatzend durch den Schlamm voranbewegte.

KAPITEL 28
    Auch wenn der Regen es uns erschwerte, mit dem Gefährt voranzukommen, hatte die Nässe dennoch etwas Gutes. Bei diesem widrigen Wetter hielt sich kaum eine Menschenseele auf der Straße auf, so dass wir weitgehend unbeobachtet das Haus von Anton Kribbe erreichten. Wir wussten nicht, wie lange esdauern würde, bis jemand den gefesselten Prädikanten Ollrich in Amalias Kammer entdecken würde. Wenn bekannt wurde, dass Amalia von uns verschleppt worden war, würde es von Vorteil sein, wenn niemandem aufgefallen war, dass wir einen mit einem Sack beladenen Wagen in die Neubrückenstraße geschoben hatten.
    Ich hämmerte mit der Faust an Kribbes Tür. Der Alte öffnete uns so rasch, als habe er die ganze Zeit bereits ungeduldig am Eingang auf uns gewartet. Während Cort Amalia ins Haus trug, schoben Jasmin, Reynold und ich den Karren die Straße hinab, versteckten ihn in einem verlassenen Schuppen und liefen zu Kribbes Haus zurück.
    »Es ist euch tatsächlich gelungen«, begrüßte mich der Alte.
    »Nichts ist gelungen«, grantelte ich. Ich ging zu Cort, der Amalia inzwischen von dem Sack befreit und sie auf eine Bank gesetzt hatte. Während er die Fesseln an ihren Füßen löste, entfernte ich den Knebel aus ihrem Mund. Sie hielt die Augen geschlossen und schlief noch immer. Einen Moment lang überlegte ich, ob ich auch die Schnur an ihren Handgelenken lösen sollte. Da ich aber befürchtete, dass Amalia recht ungehalten reagieren würde, wenn sie wieder bei Besinnung war, beließ ich es dabei.
    Kribbe wollte wissen, was geschehen sei, und icherklärte ihm, dass wir vor einem großen Problem standen, da sich unsere geplante Möglichkeit zur Flucht durch das

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