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Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden

Titel: Die Frau des Zeitreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Niffenegger
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war. Sie hat mich auch erkannt.«
    »Na, das will ich doch hoffen.« Ich muss ihn fragen. »Kann sie... geht sie...?«
    Henry zögert. »Ja«, sagt er schließlich. »Sie kann es auch.« Wir schweigen beide. Er streichelt mein Gesicht. »Ich weiß.«
    Am liebsten würde ich weinen.
    »Clare, sie wirkte glücklich. Ich hab sie gefragt, und sie hat gesagt, es gefällt ihr.« Er lächelt. »Sie findet es interessant.«
    Wir beide müssen lachen, anfangs ein bisschen bekümmert, und dann, als mir das Komische dieser Bemerkung dämmert, lachen wir richtig, bis uns das Gesicht wehtut und uns Tränen über die Wangen laufen. Denn natürlich - es ist interessant. Sehr interessant.

GEBURTSTAG
Mittwoch, 5. September/Donnerstag, 6. September 2001 (Henry ist 38, Clare 30)
     
    Henry: Clare ist den ganzen Tag wie ein Tiger durchs Haus gelaufen. Alle zwanzig Minuten setzen die Wehen ein. »Versuch ein bisschen zu schlafen«, sage ich zu ihr, und sie legt sich ein paar Minuten aufs Bett, steht aber gleich wieder auf. Um zwei Uhr morgens schläft sie endlich ein. Ruhelos lege ich mich neben sie, beobachte, wie sie atmet, horche auf die kleinen unruhigen Geäusche, die sie von sich gibt, spiele mit ihren Haaren. Ich mache mir Sorgen, obwohl ich weiß, obwohl ich mit eigenen Augen gesehen habe, dass sie es überstehen wird und Alba es überstehen wird. Um 3.30 Uhr in der Nacht wacht Clare auf.
    »Ich möchte ins Krankenhaus«, sagt sie.
    »Vielleicht sollten wir ein Taxi rufen«, schlage ich vor. »Es ist ziemlich spät.«
    »Gomez meinte, wir sollen anrufen, egal, wie spät es ist.«
    »Gut.« Ich wähle Gomez und Charisse an. Sechzehnmal läutet das Telefon, bevor Gomez abhebt und sich meldet wie ein Mann vom Meeresgrund.
    »Muh?«, sagt Gomez.
    »Hey, Genosse. Es ist so weit.«
    Er murmelt etwas, das sich anhört wie »Senfeier«. Dann kommt Charisse ans Telefon und verspricht, dass sie schon unterwegs sind. Ich lege auf und rufe Dr. Montague an, hinterlasse eine Nachricht auf ihrem telefonischen Antwortdienst. Clare kauert auf allen vieren, wiegt sich vor und zurück. Ich lasse mich auf dem Boden neben ihr nieder.
    »Clare?«
    Sie blickt zu mir auf, wiegt sich weiter. »Henry ... warum haben wir das Ganze nur wieder auf uns genommen?«
    »Weil sie dir, wenn es vorbei ist, ein Kind geben, das du behalten darfst - deswegen wahrscheinlich.«
    »Ach, richtig.«
    Eine Viertelstunde später steigen wir in Gomez’ Volvo. Gomez hilft mir gähnend, Clare auf die Rückbank zu bugsieren. »Dass du mir bloß nicht mein Auto in Fruchtwasser ertränkst«, sagt er liebenswürdig zu Clare. Charisse rennt ins Haus und holt Mülltüten, mit denen sie die Sitze abdeckt. Und schon sind wir unterwegs. Clare schmiegt sich an mich und hält meine Hände fest in den ihren.
    »Lass mich nicht im Stich«, sagt sie.
    »Bestimmt nicht«, verspreche ich. Im Rückspiegel fange ich Gomez’ Blick auf.
    »Es tut weh«, sagt Clare. »Mein Gott, tut das weh.«
    »Denk an was anderes. An was Schönes«, sage ich. Wir rasen die Western Avenue entlang in Richtung Süden. Es herrscht kaum Verkehr.
    »Erzähl mir was...«
    Ich überlege fieberhaft, und mir fällt mein jüngster Aufenthalt in Clares Kindheit ein. »Erinnerst du dich noch an den Tag am See, als du zwölf warst? Wir waren schwimmen, und du hast mir von deiner ersten Blutung erzählt.« Clare packt meine Hände mit knochenerschütternder Kraft.
    »Hab ich das?«
    »Ja, irgendwie hast du dich geniert, warst aber auch mächtig stolz auf dich... Du hattest einen rosagrünen Bikini an, dazu diese gelbe Sonnenbrille mit den eingegossenen Herzchen im Gestell.«
    »Ich erinnere mich - ah! - oh, Henry, das tut weh, unglaublich weh!«
    Charisse dreht sich um und sagt: »Komm schon, Clare, ist doch bloß das Baby, das auf die Beckenknochen drückt, du musst dich anders hinsetzen, ja?« Clare versucht, ihre Stellung zu verändern.
    »Da wären wir«, sagt Gomez und biegt in die Haltezone der Notfallaufnahme des Mercy Hospital.
    »Es fängt an zu tropfen«, sagt Clare. Gomez hält an, steigt aus, und wir holen Clare vorsichtig aus dem Auto. Nach zwei Schritten platzt ihre Fruchtblase.
    »Gutes Timing, Kätzchen«, sagt Gomez. Charisse rennt mit unseren Papieren voraus, und Gomez und ich führen Clare langsam durch die Notfallaufnahme und lange Flure zur Entbindungsstation. Während man ihr unbekümmert ein Zimmer herrichtet, lehnt Clare am Empfangstisch der Schwestern.
    »Lass mich nicht im Stich«, flüstert

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