Die Frau des Zeitreisenden
sehen, und ich denke schon, Gottverdammt, aber nein, ich meine es nicht so, Gott, aber Alba kommt doch, sie kommt, und dann sehe ich Henry, er taumelt in mein Blickfeld, verwirrt und nackt, aber siehe, er ist da! und Amit sagt Sacre Dieu! und dann Ah, das Köpfchen schneidet durch, und ich presse, und Albas Kopf kommt heraus, und ich greife nach unten, um ihn zu berühren, ihren zarten schlüpfrigen nassen samtenen Kopf und ich presse immer weiter, bis Alba in Henrys wartende Hände gleitet und jemand sagt Ohl und ich bin leer und befreit und dann höre ich ein Geräusch wie von einer alten Vinylplatte, bei der man die Nadel in die falsche Rille setzt und dann schreit Alba auf und plötzlich ist sie da, jemand legt sie mir auf den Bauch, und als ich nach unten blicke, ist da ihr Gesicht, Albas Gesicht, ganz rosig und zerknittert, und ihre Haare ganz schwarz, und ihre Augen suchen blindlings, und ihre Hände greifen nach mir, und Alba schiebt sich zu meiner Brust hoch, und sie hält inne, erschöpft von der Anstrengung, erschöpft vom schieren Akt der Geburt.
Henry beugt sich über mich, berührt ihre Stirn und flüstert: »Alba.«
Später:
Clare: Es ist der Abend von Albas erstem Tag auf Erden. Ich liege in meinem Krankenhausbett mit Alba im Arm, umgeben von Luftballons, Teddybären und Blumen. Henry sitzt im Schneidersitz am Fußende und fotografiert uns. Alba, die eben aufgehört hat zu trinken, pustet Vormilchbläschen von ihren winzigen Lippen und schläft dann langsam ein, eine weiche warme Tasche aus Haut und Flüssigkeit an meinem Nachthemd. Henry knipst den Film zu Ende und entlädt den Fotoapparat.
»Hey«, sage ich, denn plötzlich fällt es mir ein. »Wohin bist du verschwunden? Im Entbindungsraum?«
Henry lacht. »Und ich hatte schon gehofft, du hast nichts gemerkt. Ich dachte, du wärst vielleicht so abgelenkt...«
»Wo warst du?«
»In bin mitten in der Nacht in meiner alten Grundschule herumgegeistert.«
»Und wie lange?«
»O Gott. Stunden. Als ich ging, wurde es schon hell. Es war Winter, und sie hatten die Heizung abgedreht. Wie lange war ich weg?«
»Ich weiß nicht genau. Vielleicht fünf Minuten?«
Henry schüttelt den Kopf. »Ich war außer mir. Im Ernst, ich hatte dich einfach verlassen, bin sinnlos durch die Gänge der Francis Parker gewandert... Das war so... Ich bin mir so...« Henry lächelt. »Aber es ist ja gut gegangen, hmm?«
Ich lache. »Ende gut, alles gut.«
»>Du sprichst klüger, als du selber gewahr wirst.<« Es klopft leise an der Tür; Henry sagt: »Herein!«, und Richard tritt ein und bleibt dann zögernd stehen. Henry dreht sich um und sagt: »Dad...«, verstummt dann, springt vom Bett und fügt hinzu: »Komm doch und setz dich.« Richard hat Blumen und einen kleinen Teddy dabei, den Henry zum Haufen auf der Fensterbank legt.
»Clare«, setzt Richard an. »Ich ... herzlichen Glückwunsch.« Langsam lässt er sich im Sessel neben dem Bett nieder.
»Möchtest du sie mal halten?«, fragt Henry leise. Richard nickt und schaut mich an, ob ich einverstanden bin. Er sieht aus, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Sein Hemd müsste gebügelt werden, und er stinkt nach Schweiß und dem Joddunst von altem Bier. Ich lächle ihn an, wenngleich ich mich frage, ob das eine gute Idee ist. Ich gebe Alba an Henry weiter, der sie vorsichtig in Richards unbeholfene Arme legt. Alba wendet ihr rosiges rundes Gesicht dem langen unrasierten ihres Großvaters zu, dreht sich zu seiner Brust und sucht einen Nippel. Nach einer Weile gibt sie auf und gähnt, dann schläft sie wieder weiter. Richard lächelt. Ich hatte schon vergessen, wie ein Lächeln sein Gesicht verändert.
»Sie ist schön«, sagt er an mich gewandt, und zu Henry: »Sie sieht aus wie deine Mutter.«
Henry nickt. »Jetzt hast du deine Geigerin, Dad«, sagt er und lächelt. »Hat nur eine Generation übersprungen.«
»Eine Geigerin?« Richard blickt auf das schlummernde Kind hinab, auf die schwarzen Haare und winzigen Hände. Noch nie sah ein Mensch weniger aus wie eine Konzertgeigerin als Alba in diesem Augenblick. »Eine Geigerin.« Er schüttelt den Kopf. »Aber woher willst du... Nein, vergiss es. Du bist also eine Geigerin, nicht wahr, kleines Mädchen?« Alba streckt die Zunge ein klein bisschen heraus, und wir alle lachen.
»Sie wird einen Lehrer brauchen, wenn sie alt genug ist«, deute ich an.
»Einen Lehrer? Ja... Ihr wollt sie hoffentlich nicht zu diesen idiotischen Suzuki schicken?«, will
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