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Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden

Titel: Die Frau des Zeitreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Niffenegger
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Antwort haucht sie mir ein äußerst beschwörendes »Henry!« zu, das mich überzeugt, dass wir irgendwann später eine unglaublich schöne Zeit erleben werden. Umso schlimmer, dass ich rein gar nichts über sie weiß, nicht einmal ihren Namen. »Kennen wir uns?«, frage ich sie, worauf mir Isabelle einen Blick zuwirft, der besagt du Idiot. Aber die Frau erwidert: »Ich bin Clare Abshire. Ich kannte dich schon als kleines Mädchen«, und fordert mich auf, abends mit ihr essen zu gehen. Völlig verdattert stimme ich zu. Sie strahlt mich an, obwohl ich unrasiert, verkatert und nicht gerade in Bestform bin. Wir verabreden uns gleich für heute Abend im Beau Thai, und Clare, die mich für später sicher hat, schwebt aus dem Lesesaal. Hinterher, als ich wie benommen im Fahrstuhl stehe und begreife, dass mir ein gewaltiger Brocken aus meiner Zukunft, der absolute Volltreffer, hier in der Gegenwart zugeflogen ist, fange ich zu lachen an. Ich durchquere die Eingangshalle, sause die Treppe zur Straße hinunter und sehe Clare, die hüpfend und juchzend über den Washington Square rennt; mir kommen fast die Tränen, und ich weiß nicht warum.
Später am Abend:
     
    Henry: Um sechs hetze ich von der Arbeit nach Hause und versuche mich in Schale zu werfen. Mein Zuhause ist zurzeit eine winzige, aber irrsinnig teure Ein-Zimmer-Wohnung an der North Dearborn; ständig stoße ich mit irgendwelchen Körperteilen gegen lästige Wände, Theken und Möbel. Erstens: Siebzehn Schlösser an der Wohnungstür aufsperren, ins Wohnzimmer stürzen, das gleichzeitig mein Schlafzimmer ist, und ausziehen. Zweitens: Duschen und rasieren. Drittens: Ein verzweifelter Blick in den Kleiderschrank mit der düsteren Erkenntnis, dass nichts richtig sauber ist. Ich entdecke ein weißes Hemd, das noch in der Reinigungstüte steckt. Ich entscheide mich für den schwarzen Anzug, Budapester und hellblaue Krawatte. Viertens: Angezogen finde ich, dass ich aussehe wie ein FBI -Agent. Fünftens: Ich sehe mich um und stelle fest, die Wohnung ist ein Chaos. Ich beschließe, Clare heute Abend möglichst nicht mit zu mir zu nehmen, auch wenn sich die Möglichkeit ergeben sollte. Sechstens: Vor dem bodenlangen Spiegel im Badezimmer werde ich einen hageren, sehr aufgeregten einsfünfundachtzig großen zehnjährigen Egon-Schiele-Zwilling in sauberem Hemd und Anzug eines Bestattungsunternehmers gewahr. Ich überlege, in welcher Aufmachung Clare mich wohl gesehen hat, denn ich kann ja nicht in eigenen Kleidern aus meiner Zukunft in ihre Vergangenheit gekommen sein. Hatte sie nicht gesagt, sie sei noch ein kleines Mädchen gewesen? Eine Fülle nicht zu beantwortender Fragen schießt mir durch den Kopf. Ich halte inne und atme tief durch. Gut. Dann stecke ich Brieftasche und Schlüssel ein, und schon bin ich unterwegs: Ich sperre die siebenunddreißig Schlösser ab, fahre in dem wackeligen kleinen Aufzug nach unten, kaufe im Laden in der Eingangshalle Blumen für Clare, lege die zwei Blocks zum Restaurant in Rekordzeit zurück und komme trotzdem zu spät. Clare wartet bereits in einer Sitznische, und mein Anblick scheint sie zu erleichtern. Sie winkt mir zu, als sehe sie einen Festzug.
    »Hallo«, sage ich. Clare trägt ein weinrotes Samtkleid mit Perlenkette. Sie sieht aus wie ein von John Graham gemalter Botticelli: große graue Augen, lange Nase, winziger fein geschnittener Mund wie bei einer Geisha. Ihre langen roten Haare fallen ihr über die Schultern bis zur Rückenmitte. Clare ist so blass, dass sie im Kerzenlicht an eine Wachsfigur erinnert. Ich halte ihr die Rosen hin. »Für dich.«
    »Vielen Dank«, sagt Clare, unglaublich begeistert. Sie sieht mich an und merkt, dass mich ihre Reaktion verwirrt. »Du hast mir noch nie Blumen geschenkt.«
    Ich rutsche auf den Sitz ihr gegenüber, völlig fasziniert. Diese Frau kennt mich wirklich; sie ist nicht irgendeine flüchtige Bekanntschaft auf meinen künftigen Exilstationen. Die Bedienung kommt und reicht uns die Speisekarten.
    »Erzähl schon.«
    »Was denn?«
    »Alles. Ich meine, verstehst du, warum ich dich nicht kenne? Es tut mir schrecklich Leid...«
    »Ach was, nicht nötig. Im Ernst, ich weiß doch, woran es liegt.« Clare senkt die Stimme. »Für dich ist nämlich noch nichts davon passiert, aber ich, also, ich kenne dich schon ziemlich lange.«
    »Wie lange?«
    »Ungefähr vierzehn Jahre. Mit sechs hab ich dich zum ersten Mal gesehen.«
    »Himmel. Hast du mich sehr oft gesehen? Oder nur ein paar Mal?«
    »Bei

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