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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Townsend
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Sänger einen Ton verfehlten.
    Miss Bailey, ihre Musiklehrerin in der Schule, hatte sie bei einem Gesangswettbewerb angemeldet. Eva sollte einer gelangweilten Jury einen Soloklassiker vorsingen,
    Schuberts »Forelle«. Danach hatte sie in deren lächelnde Gesichter geblickt, unwillkürlich angenommen, sie würde ausgelacht, und war von der Bühne geflohen, durch lange Korridore in einen Garten mit Bänken, wo die anderen Teilnehmer ihre Lunchpakete aßen. Alle hatten sie angestarrt.
    Bei der Schülerversammlung am Montag hatte die Rektorin Miss Fosdyke nach der Andacht verkündet, dass Eva Brown-Bird beim Gesangswettbewerb die Goldmedaille gewonnen hatte. Eva war schockiert, und der donnernde Applaus war ihr unerträglich. Sie lief rot an und senkte den Kopf. Als Miss Fosdyke sie aufforderte, auf die Bühne zu kommen, drängelte sie sich durch die Reihen von Mädchen und floh durch die nächste Tür. Auf dem Weg zur Toilette hörte sie lautes Gelächter aus dem Saal. Daraufhin holte sie Mantel und Ranzen und lief im strömenden Regen durch die Straßen ihres Viertels, bis es Zeit war, nach Hause zu gehen.

55
    Als die Trauergesellschaft zu Hause ankam, schleuderte die Menge Brian und Titania ihren Unmut entgegen. Dann, nach einer Geste von Alexander, verstummte sie. Im Internet kursierten bereits Fotos von Yvonnes Beerdigung. Einige der Dauergäste hatten ihre Befürchtung getwittert, dass es nach ihrem Tod mit der Benutzung der Toilette vorbei war.
    Kaum waren die Trauernden im Flur versammelt, hörten sie Eva eine vertraute Melodie singen. »I stood upon the shore, And watched in sweet peace, The sheery fish’s bath, In the clear little brook.«
    Titania flüsterte Ruby zu: »Das ist Schubert, ›Die Forelle‹.«
    Ruby sagte: »Warum erzählen mir die Leute ständig Sachen, die ich schon weiß?«
    Als Eva zu Deutsch wechselte, stimmte Ruby mit ein: »Ich stand an dem Gestade, und sah in süßer Ruh, des muntern Fischleins Bade, im klaren Bächlein zu.«
    Die anderen sahen sich an und lächelten, und Brian sagte: »Los, zeig’s ihnen, G’ma.«
    Ohne die Stimme zu senken, sagte Ruby: »Sie hat das blöde Lied wochenlang geübt, auf Englisch und auf Deutsch. Ich bin bald durchgedreht.«
    Eva schrie nach unten: »Ja, und was ist mit der Goldmedaille passiert, Mum?«
    »Oh, nein, nicht schon wieder die blöde Medaille! Du wirst es überleben, Eva!«
    Zu Stanley sagte Ruby: »Sie wusste, dass ich Gerümpel hasse. Sie hätte das Ding wegpacken sollen.«
    Stanley lächelte, er war selbst ein ordentlicher Mensch.
    Sie humpelte zum Fuß der Treppe und rief nach oben: »Es war sowieso kein echtes Gold.«
    Viel später, als Eva Brianne fragte, wie die Beerdigung gewesen war, sagte sie: »Brian junior hat sich bei der Trauerrede zum Affen gemacht, aber es war okay. Geweint hat niemand, außer Dad.«
    »Hättest du keine Träne rausquetschen können, Brianne? Es gehört doch wohl zum guten Ton, bei einer Beerdigung zu weinen.«
    Brianne sagte: »Du bist so bigott! Ich dachte, du bist für Wahrheit und Schönheit und den ganzen Mist aus dem neunzehnten Jahrhundert.«
    Brianne war wütend und enttäuscht, dass Alexander ihr so wenig Aufmerksamkeit schenkte. Er hatte mit ihr nicht mehr Zeit verbracht als mit dem Rest der Familie. Okay, dann liebte er sie eben nicht. Aber er hätte wenigstens ihre besondere Verbundenheit erkennen müssen. Es war ihr gelungen, sich in der Kirche neben ihn zu setzen, doch was ihn betraf, hätte sie ebenso gut ein alter Sack Kartoffeln sein können. Er hatte sie einfach ignoriert. Sie war aufgebracht. Sie musste unbedingt ihren Internetfreunden erzählen, was sie empfand. Sie ging in Brian juniors Zimmer und schmiss ihren Laptop an.
    Brian junior war schon online und am Twittern. Er tippte:
    Oma = Wurmfutter. Unterwegs zu Jesus, der nicht existiert.
    Er wechselte zur Facebook-Fanseite seiner Mutter. Unter einem seiner Troll-Pseudonyme begann er über die Menge vor seinem Haus herzuziehen, insbesondere über Sandy Lake. Er schloss seine Hetzrede, indem er seinen Status zu »Hat jemand eine Handgranate?« aktualisierte.
    Brianne war auf derselben Seite, benutzte jedoch ihren richtigen Namen. Sie tippte:
    Vor meiner Haustür steht ein schmuddeliger schwarzer Müllmann. Hält sich für den Türsteher, dabei sollte er lieber bei sich selbst anfangen, denn seine Rastalocken sind ranzig wie die Schwänze von toten Eseln. Schneid sie ab, Opa.
    Alexander stand vor der Hautür im Schein der

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