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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Townsend
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diesen schrecklichen Menschen gegenübertreten, die wir einmal als Mum und Dad tituliert haben? Oder wie wir sie jetzt nennen: Der Große Ehebrecher und seine Frau, die Falsche Prophetin.«
    Brian junior sagte: »Als ich klein war, habe ich sie geliebt – und du auch, Brianne, das kannst du nicht leugnen!«
    »Kleine Kinder sind Idioten, die glauben ja auch an die Zahnfee, an den Weihnachtsmann, an Gott!«
    »Ich hab an sie geglaubt«, lamentierte Brian junior. »Ich habe daran geglaubt, dass sie immer das Richtige tun. Dass sie die Wahrheit sagen. Dass sie ihre fleischlichen Gelüste im Griff haben.«
    Brianne lachte: »Fleischliche Gelüste? Entweder hast du das Alte Testament gelesen oder D. H. Lawrence.«
    Brian junior sagte: »Disneyland tut weh. Der Gedanke, dass Dad im Hotel mit seiner Kreditkarte eine Prostituierte bezahlt hat, während wir mit Mum für ›It’s a Small World‹ anstanden.«
    Brianne sagte: »Wir sollten ihm ein letztes Lebewohl sagen.«
    Keiner der beiden hatte etwas zu schreiben. Wer brauchte so etwas heutzutage noch? Gemeinsam löschten sie jede Spur ihrer Eltern von ihren Laptops. Dann entfachte Brianne ein virtuelles Feuer auf dem Bildschirm und tippte »Eva Biber« und »Brian Biber« hinein. Brian legte seinen Zeigefinger auf Briannes, und gemeinsam drückten sie die Taste, die die Namen ihrer Eltern verbrannte und die Erinnerung an sie für immer auslöschte.
    Sie besprachen, welche Tätowierung sie sich machen lassen wollten. Es waren die beiden Hälften einer Gleichung, die zusammen die perfekte Summe ergaben.
    Nachdem sie das Tattoo-Studio verlassen hatten, erregten sie eine Menge Aufmerksamkeit – doch niemand, nicht mal das Gesindel, das mitten am Tag in der Stadt herumlungerte, wagte einen Kommentar.
    Seine Schwester verlieh Brian junior Kraft und Selbstvertrauen. Früher war er mit gesenktem Blick durch die Straßen gelaufen. Jetzt starrte er stur geradeaus und die Leute wichen vor ihm zurück.

57
    Eva hatte den Ahornblättern beim Sprießen zugesehen. Zum ersten Mal war es möglich, das Fenster offen zu lassen. Sie lag auf dem Rücken und machte auf dem Bett ihre Übungen, hob langsam beide Beine, bis sie ihre Bauchmuskeln spürte. Der Zigarettenrauch, der durchs Fenster hereinkam, verriet ihr, dass Alexander an der Tür war.
    Vorhin hatte sie ihn mit Venus und Thomas streiten hören, die ihre Schuhe nicht finden konnten. Eva hatte gelacht, als sie Alexander fragen hörte: »Wo habt ihr sie zuletzt hingestellt?«
    Er hielt sich an das inoffizielle Drehbuch für Eltern, dachte sie.
    Wie viele tausend Jahre schon wurden Kindern dieselben Fragen gestellt? Wann hatten Kinder angefangen, Schuhe zu tragen, und woraus waren sie gemacht? Aus Tierhaut oder geflochtenen Pflanzen?
    Es gab so vieles, das sie nicht wusste.
    Dann hatte sie Alexander noch sagen hören: »Esst auf, in Afrika gibt es Kinder, die verhungern.«
    In ihrer Kindheit waren es chinesische Kinder gewesen, die verhungerten, dachte Eva.
    Er hatte Thomas’ Frage: »Warum müssen Kinder überhaupt zur Schule?« kurz angebunden mit »Darum« beantwortet.
    Wäre die Menge auf der anderen Straßenseite nicht gewesen, hätte sie ihnen gern nachgesehen, Alexander trotz Dreadlocks in seinem marineblauen Mantel elegant, die Kinder in ihren rotgrauen Schuluniformen.
    Ihre Mutter hatte sich bei ihr beklagt, dass die Bilder und Zeichnungen der Kinder im ganzen Haus herumlagen. »Es würd mir ja nix ausmachen, wenn’s nicht so’n Schund wär.«
    Eva konnte riechen, dass ihre Mutter heute backte. Im ganzen Zimmer hing der übersüße Geruch der Kuchen, die sie später an die Menge verkaufen würde.
    Eva hatte sie gebeten, es nicht zu tun. »Du ermutigst sie zum Bleiben und du schlägst noch Kapital daraus.«
    Ruby hatte sich von den Einnahmen aus Tee- und Kuchenverkauf einen neuen Wohnzimmerteppich zugelegt. Sie hatte sich geweigert, damit aufzuhören: »Wenn es dir nicht passt, steh doch auf. Die werden schon weggehen, wenn sie sehen, dass du nur eine ganz normale Frau bist.«
    Während ihrer Nackenübungen drehte Eva den Kopf und sah ein Elsterpaar mit Stroh in den Schnäbeln vorbeifliegen. Die Vögel brüteten in einem Baumloch im Stamm des Ahorns. Eva beobachtete ihr Kommen und Gehen seit einer Woche mit großem Interesse.
    »Two for joy – zwei bringen Glück«, dachte sie.
    Sie fragte sich, ob es möglich war, dass ein Mann und eine Frau vollkommen glücklich miteinander sind.
    Als sie und Brian, auf sein Drängen, noch

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