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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Townsend
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Verandabeleuchtung. Er trug seinen marineblauen Crombie- Mantel und rauchte eine Zigarette.
    Es waren einige verzweifelte Schreie zu hören, von Leuten, die Eva noch vor dem abendlichen Toresschluss sehen wollten. Sie hatte sich angewöhnt, jeden Tag fünf Leuten Audienz zu gewähren. Wen sie empfing, bestimmte Alexander, der einen erstaunlich bunt gemischten Haufen aus der Menge auswählte.
    An diesem Nachmittag war unter den Ratsuchenden eine 57-Jährige gewesen, deren Mutter einen über Siebzigjährigen heiraten wollte – wie sollte sie das verhindern?
    Eva hatte gesagt: »Gar nicht, Sie kaufen ihr eine Flasche Champagner und geben den beiden Ihren Segen.«
    Der zweite war ein Federenthusiast, der glaubte, Eva verstecke ein schönes Paar Flügel. Eva hatte sich umgedreht, ihr T-Shirt bis zum Hals hochgezogen und dem Enthusiasten ihren nackten Rücken gezeigt.
    Dann war da eine Jugendliche, die Eva erzählte, sie wolle sterben und Kurt Cobain im Himmel Gesellschaft leisten. Und ein megafetter Amerikaner, der extra aus New Orleans gekommen war und für zwei Plätze in der Business Class bezahlt hatte, um Eva zu erzählen, sie sei die Reinkarnation von Marilyn Monroe und er würde gern mit ihr plaudern.
    Und natürlich gab es die Hinterbliebenen von kürzlich Verstorbenen, die sich nicht mit der harten Realität abfinden konnten, dass sie ihre Lieben nie wiedersehen würden. Sie schickten Briefe und Fotos, baten Eva, mit ihren Toten zu sprechen und deren Botschaften an die Lebenden zu übermitteln. Eva bemühte sich, die Emotionen in ihrem Zimmer runterzukochen. Sie fing an, sich abzuwenden, wenn es Tränen gab.
    Alexander trat seine Zigarette aus und warf sie in den Rinnstein. Leise sagte er zu Sandy: »Das war’s für heute Abend. Hör auf deine gute Seite. Kein Geschrei heute Abend. Zeig ein bisschen Respekt. Hier hat es heute eine Beerdigung gegeben.«
    An jenem Abend sah Alexander, nachdem er Venus und Thomas in Brian juniors altem Zimmer ins Bett gebracht hatte, aus dem Fenster, bevor er selbst schlafen ging. Er sah, dass die einzige Person auf der gegenüberliegenden Straßenseite Sandy Lake war, die vor ihrem Zelt saß.
    Sie hatte es sich so gemütlich gemacht, wie es eben ging, hatte ihre Isomatte mit Pappe und Zeitungen gepolstert. Mithilfe einer Kopflampe las sie eine Zeitschrift über Promis, die an Engel glaubten.
    Alexander schob das Fenster hoch, um etwas Luft reinzulassen. Sandy sah sofort hoch, und etwas an ihrer Stille beunruhigte ihn. Er schloss das Fenster und verriegelte es.
    Sandy war heute Abend deprimiert. Penelope hatte sie im Stich gelassen und war nach Hause gefahren, um ihre Bronchitis auszukurieren. Sandy war am längsten hier und hatte immer noch keine richtige Audienz bei Eva bekommen. Eva hatte ihr einen Termin versprochen, doch aus irgendeinem Grund wurde er immer wieder verschoben, und Sandy verlor allmählich die Geduld. Sie musste Eva ihre Lebensgeschichte erzählen – wie lieblos die Menschen sie ihr ganzes Leben behandelt hatten und wie sich Mr. Barthi, wenn sie bei ihm im Laden um die Ecke war und ihm von Eva und den Engeln erzählte, weigerte, ihr zuzuhören.
    Kürzlich hatte er zu ihr gesagt: »Ich kann mit Ihrem Geschwätz nichts anfangen. Ich bin Agnostiker.«
    Es war Alexanders Schuld. Er war es, der sie von Eva fernhielt. Er war eifersüchtig, weil Sandy die selbst erkorene wahre Expertin für das Phänomen Eva war. Ihr Sammelalbum enthielt mehr Zeitungsartikel als die aller anderen Eva-Fans, und sie konnte die Höhepunkte von Evas Aufstieg zum Ruhm auswendig aufsagen. Auf ihrem iPad waren Links zu sämtlichen Internetseiten und Blogs, die Eva betrafen, und sie war stolz auf die Effizienz ihrer News Alerts, die ständig nach Updates zu Eva suchten.
    Sie war die Hauptquelle für die Verbreitung von Informationen und Fehlinformationen über Evas angeblich spirituellen Kräfte. Eine fiktive Audienz bei Eva beschrieb sie blumig als Begegnung »mit einem weltfremden Geschöpf. Eva besitzt eine ätherische, geradezu jenseitige Schönheit. Und jedes Wort, das sie spricht, ist weise und wahr.«
    Wenn Neuankömmlinge sie drängten, zu erzählen, was Eva denn so Beeindruckendes gesagt hatte, wischte Sandy sich die Augen und sagte: »Tut mir leid, mir kommen immer die Tränen, wenn ich von Eva rede …« Und nach einer fürs Publikum aufreizend ausgedehnten Pause, sagte sie dann: »Eva sprach zu mir, und die Worte, die sie sprach, waren einzig für meine Ohren bestimmt. Doch als

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