Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
wo Frau und Tochter zusammen im Bett lagen, bevor er im Gästezimmer verschwand. Sie fing an zu weinen und musste feststellen, dass sie nicht wieder aufhören konnte.
Irgendwann schlief sie ein und träumte, dass sie oben auf einer Leiter festsaß.
*
Das schnurlose Telefon in der klapprigen Halterung schreckte sie mit seinem schrillen elektronischen Klingeln auf. Eva betrachtete es angewidert. Sie hasste dieses Telefon. Nie konnte sie sich die Kombination der Tasten merken, die sie drücken musste, um sich mit dem zu verbinden, der gerade dran war. Manchmal informierte eine schnippische Stimme den Anrufer: »Eva und Brian können Ihren Anruf nicht entgegennehmen. Nach dem Signalton können Sie eine Nachricht hinterlassen.« Eva rannte dann aus dem Zimmer und schloss die Tür. Später hörte sie zutiefst betreten die Nachricht des Anrufers ab.
Eva versuchte, den Anruf entgegenzunehmen, aktivierte aber stattdessen eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter, die sie noch nie gehört hatte. Sie wollte weglaufen, aber gefangen im Bett, blieb ihr nichts anderes übrig, als die Ohren mit Kissen zu verbarrikadieren. Trotzdem drang die Stimme ihrer Mutter zu ihr durch.
»Eva! Eva? Ach, ich hasse diese Scheißanrufdingsbumse. Ich ruf an, um dir zu sagen, dass Mrs. Dingsbums, die mit dem Wollgeschäft, du weißt schon wer – lang, dünn, großer Adamsapfel, immer am Stricken, strick, strick, strick, hatte einen kleinen mongoloiden Sohn, der ins Heim kam, hat ihn Simon genannt, was ziemlich grausam ist, wenn man bedenkt – ihr Name liegt mir auf der Zunge … fängt mit ›B‹ an. Ich hab’s! Pamela Oakfield! Nun, sie ist tot! Man hat sie in ihrem Laden gefunden. Ist auf eine ihrer Stricknadeln gefallen! Ging glatt durchs Herz. Die Frage ist, wer den Laden weiterführt? Simon ist dazu nicht in der Lage. Jedenfalls ist die Beerdigung nächste Woche Donnerstag. Ich werde Schwarz tragen. Ich weiß, heutzutage ist es Mode, sich wie ein Clown anzuziehen, aber ich bin zu alt, um mich noch zu ändern. Na ja, jedenfalls … Ach, ich hasse diese Anrufdingsbumse. Ich weiß nie, was ich sagen soll!«
Eva stellte sich vor, dass ein Junge mit Down-Syndrom ein Wollgeschäft führte. Und dann fragte sie sich, warum der Junge und seine Freunde ein zusätzliches Chromosom hatten. Fehlte uns normalen Menschen ein Chromosom? Hatte die Natur sich vertan? Waren diese sanften, ebenso begeisterungsfähigen wie flatterhaften Wesen mit den schmalen Augen und den kurzen Zungen eigentlich dazu bestimmt, die Welt zu beherrschen?
Rubys alte Nachricht lief zwei Minuten, doch als sie zu Ende war, klingelte das Telefon noch immer. Eva griff nach der Schnur und riss sie aus der Steckdose. Dann fielen ihr die Kinder ein. Wie sollten sie Eva im Notfall sonst erreichen? Der Akku ihres Handys war leer und sie hatte nicht vor, ihn aufzuladen. Sie stöpselte das Telefon wieder ein. Es klingelte immer noch. Sie nahm den Hörer ab und wartete, dass jemand sprach.
Schließlich sagte eine gewählte Stimme: »Hallo, ich bin Nicola Forester. Ist das der schwere Atem von Mrs. Eva Biber oder ist das ein Haustier?«
Eva sagte: »Ich bin’s, Eva.«
Die Stimme sagte: »Oje, Sie klingen so nett. Leider muss ich einen Eimer kaltes Wasser über Ihre Ehe kippen.«
Eva dachte: »Warum überbringen feine Leute immer schlechte Nachrichten?«
Die Stimme fuhr fort: »Ihr Mann hat seit acht Jahren eine Affäre mit meiner Schwester.«
Die nächsten Sekunden dehnten sich zu einer Ewigkeit aus. Evas Gehirn konnte die Worte, die sie gerade vernommen hatte, nicht ganz verarbeiten. Ihre erste Reaktion bei der Vorstellung, dass Brian sich mit einer anderen Frau vergnügte, in einem Haus, das sie nicht kannte, mit einer Person, die sie nie getroffen hatte, war, laut zu lachen. Der Gedanke, dass Brian ein Leben neben seiner Arbeit und ihrem Zuhause hatte, war undenkbar.
Sie sagte zu der Frau: »Verzeihung, aber könnten Sie in zehn Minuten noch mal anrufen?«
Nicola sagte: »Ich weiß, das muss ein furchtbarer Schock sein.«
Eva hängte den Hörer wieder auf. Sie schwang die Beine aus dem Bett und wartete, bis sie sich sicher genug fühlte, um ins Bad nebenan zu gehen, wo sie sich am Rand des Waschbeckens abstützte. Dann begann sie mit den Schminkutensilien aus ihrem schmuddeligen Mac-Make-up-Täschchen ihr Gesicht zu transformieren. Sie musste ihre Hände irgendwie beschäftigen. Nachdem sie fertig war, ging sie zurück ins Bett und wartete.
Als das Telefon erneut klingelte,
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