Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
Supermarkt«, sagte sie. »Und wenn du schon hinfährst …«
Er unterbrach sie. »Wenn ich hinfahre?«
»Ja«, sagte sie, »wenn du zum Supermarkt fährst. Bringst du mir dann einen großen Trichter, eine Zweiliter-Plastikflasche und eine Packung große Gefrierbeutel mit? Und bewahrst ab jetzt alle Plastiktüten für mich auf? Würdest du das tun? Ich brauche die Sachen für meine Ausscheidungen.«
»Was für Ausscheidungen?«
»Meine körperlichen Ausscheidungen.«
Er sagte, ungläubig: »Nebenan ist ein Scheißbadezimmer!«
Sie drehte sich auf die Seite und sah ihren Mann an. »Ich schaffe die paar Schritte ins Bad nicht, Bri. Ich hatte gehofft, du würdest mir helfen.«
»Du bist ekelhaft«, sagte er. »Ich habe nicht vor, deine Pisse und deine Scheiße zu entsorgen!«
»Aber ich kann dieses Bett nicht mehr verlassen, Brian. Ich schaffe den kurzen Weg ins Bad nicht. Was soll ich denn machen?«
Nachdem Brian gegangen war, lauschte sie eine Weile, wie er fluchend auf die Waschmaschine einschlug. Sie dachte darüber nach, wie viele Probleme Gedärme und Blasen verursachten, und fragte sich, warum die Evolution sich nichts Besseres hatte einfallen lassen, um die Abfallprodukte des Körpers zu entsorgen.
Sie dachte so lange darüber nach, bis sie ein ausgeklügeltes System entwickelt hatte.
Der Körper würde so umgestaltet werden müssen, dass er seine Abfallprodukte vollkommen verarbeitete. Eva hielt das für möglich, da es im Verdauungssystem ein überflüssiges Organ gab. Der Blinddarm lag nur faul herum. Er hatte keinerlei Funktion mehr, seit die Menschen keine Zweige und Wurzeln mehr aßen. Brian hatte ihr erzählt, dass Astronauten sich vor ihrem ersten Flug ins All grundsätzlich den Blinddarm entfernen ließen. Vielleicht konnte man ihn so umfunktionieren, dass er dem Körper half, Urin und Kot komplett zu absorbieren?
Die Art der Adaptation war nicht ganz klar, doch das angepasste Organ musste den Abfall innerlich verbrennen, bis der Körper jegliche Nahrung und Flüssigkeit aufgenommen hatte. Wahrscheinlich würde ein wenig Rauch entstehen, doch der konnte durch den Anus geleitet werden und von einem Kohlefilter, der mit Haftstreifen in der Hose befestigt war, absorbiert werden. Es gab ein oder zwei Details, die noch der Verfeinerung bedurften, aber waren britische Wissenschaftler nicht führend in Biotechnologie? Wie wunderbar wäre es, wenn die menschliche Rasse von der Bürde der Exkremente befreit würde.
Einstweilen, dachte Eva, würde sie ihre Abfallprodukte auf sehr primitive Weise entsorgen müssen. Wie sollte sie sich über einen Trichter hocken, ohne mit den Füßen den Boden zu berühren? Es würde unweigerlich etwas daneben gehen, und noch kompliziertere Verrenkungen waren erforderlich, um sich in einen Gefrierbeutel zu entleeren. Sie würde sich an eine Konfrontation mit ihren körperlichen Ausscheidungen gewöhnen müssen, doch sie brauchte trotzdem jemanden, der die Flasche und die Tüten aus ihrem Zimmer entfernte.
Wer liebte sie genug?
Eva und Ruby waren am nächsten Tag wieder versöhnt, als Ruby einen mit Frischhaltefolie abgedeckten, selbst gemachten Käseteller vorbeibrachte.
Nachdem Eva alles bis auf den letzten Krümel aufgegessen hatte, sagte sie: »Mum, ich möchte dich um etwas bitten.«
Als sie ihr den Plan mit dem Trichter, der Flasche und den Gefrierbeuteln erklärte, war Ruby entsetzt. Sie fing an zu würgen und musste ins Bad laufen und sich übers Waschbecken beugen, einen Stapel Kosmetiktücher vor den Mund gepresst.
Als sie zurückkehrte, blass und erschüttert, sagte sie: »Warum sollte ein normaler Mensch lieber in eine Flasche pinkeln und in einen Plastikbeutel scheißen, wenn er gleich nebenan ein schönes Bad hat?«
Darauf wusste Eva keine Antwort.
Ruby rief: »Sag mir, warum! Ist es meine Schuld? Hab ich dich zu früh ans Töpfchen gewöhnt? Hab ich dich zu fest geschlagen, wenn du ins Bett gemacht hast? Du hattest Angst vor der Klospülung. Hast du davon einen Komplex oder ein Syndrom oder was immer die Leute heutzutage haben?«
Eva sagte: »Ich muss im Bett bleiben – sonst bin ich verloren.«
»Verloren?«, wiederholte Ruby. Sie berührte ihr Gold – erst Ohrringe, dann Kette und Medaillon und schließlich ihre Ringe – richtete es, polierte es. Es war ein Kniefall, Ruby huldigte ihrem Gold. Sie hatte zehn Krügerrands in zwei Korsette nähen lassen, die sie in ihrer Unterwäsche-Schublade aufbewahrte. Wenn die Franzosen in England
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