Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
Strand in ein großes Handtuch gewickelt warst, weil du ›Probleme‹ mit deinem Körper hattest.«
Eva errötete. Sie war kurz davor, Yvonne zu erzählen, dass ihr Sohn seit acht Jahren mit einer anderen Frau schlief, war aber zu müde, um das Nachspiel zu verkraften. »Du warst nach der Geburt der Zwillinge sehr grausam zu mir, Yvonne. Du hast meinen Bauch immer ausgelacht und gesagt: ›Der sieht ja aus wie Wackelpudding.‹«
Yvonne sagte: »Weißt du, was dein Problem ist, Eva? Du verstehst keinen Spaß.« Sie nahm das Malbuch und den Stift. »Ich gehe nach unten und putze deine Küche. Da muss es ja von Salmonellen wimmeln. Ja, wimmeln! Mein Sohn verdient etwas Besseres als dich.«
Nachdem sie gegangen war, zog sich Eva die Decke über den Kopf.
Sie dachte: »Keinen Sinn für Humor? Warum sollte ich mitlachen, wenn Brian und seine Mutter sich darüber amüsieren, dass jemand einen Unfall oder ein Unglück erlitten hat? Hätte ich lachen sollen, als Brian mich mit den Worten vorstellte: ›Und das hier ist mein Superweib – das mich schröpft auf Lebenszeit.‹?«
Sie war froh, dass ihre Schwiegermutter ihre Bitte abgeschlagen hatte. Die Vorstellung, dass Yvonne Farbe und Konsistenz ihres Stuhls kritisierte, war unerträglich. Eva hatte das Gefühl, gerade noch mal davongekommen zu sein. Sie fing an zu lachen, bis die Bettdecke runterrutschte und zu Boden fiel.
In jener Nacht träumte Eva, dass sie Cinderella einen roten Teppich hinunter zurück zur Kürbiskutsche eilen sah. Als sie aufwachte, stellte sie sich vor, der Teppich wäre weiß und führte von ihrem Bett ins Bad. Innerhalb einer Sekunde wurde der weiße Teppich zu Evas schneeweißem Bettlaken, gefaltet und drapiert zu einem fließenden Pfad, der von ihrem Bett zum Bad führte. Solange ihre Füße den weißen Pfad berührten, konnte sie sich mit viel Fantasie vorstellen, noch im Bett zu sein.
Sie kniete sich aufs Bett und zog das Laken ab, warf es auf den Teppich, raffte zwei Enden zusammen und stopfte sie unter die Matratze. Sie stieg vorsichtig aus dem Bett und schlug kleine Falten in die Ränder, bis das Laken aussah wie ein teurer Kartoffelchip.
Der Baumwollpfad endete etwa dreißig Zentimeter vor der Toilette. Eva nahm ein weißes Handtuch vom Halter im Bad und legte es als Verlängerung auf den Boden.
Solange sie auf dem Laken blieb, fühlte sie sich sicher – wovor wusste sie nicht.
Als sie mit der Toilette fertig war, beugte sie sich übers Waschbecken und wusch ihren Körper mit warmem Wasser. Nachdem sie die Zähne geputzt hatte, füllte sie das Becken erneut und wusch sich die Haare. Dann kroch sie über den weißen Pfad zurück in ihr sicheres Bett.
14
Am Samstag wurde Eva erst spät wach, und das Erste, was sie sah, war Brian, der eine Tasse Tee auf ihren Nachttisch stellte.
Das Zweite, was sie sah, war der riesengroße, freistehende Kleiderschrank. Er schien über dem Bett aufzuragen wie eine dunkle, unheilvolle Klippenwand und Luft und Licht aus dem Zimmer zu saugen. Manchmal, wenn ein schwerer Lastwagen am Haus vorbeifuhr, bebte der Schrank. Eva hatte das Gefühl, es war nur eine Frage der Zeit, bis er auf das Bett niederkrachte und sie zerquetschte.
Sie hatte ihre Ängste Brian gegenüber erwähnt und vorgeschlagen, als Ersatz zwei weiße Schränke mit Jalousietüren zu kaufen, doch er hatte sie pikiert angesehen.
»Das ist ein Familienerbstück«, hatte er gesagt. »Meine Mutter hat ihn uns gegeben, als sie ihre Garderobe neu gemacht hat. Mein Vater hat diesen Schrank 1947 gekauft, und er hat meinen Eltern gute Dienste geleistet.«
»Warum hat deine Mutter ihn dann uns angedreht?«, hatte Eva gemurmelt.
Jetzt klingelte das Telefon. Es war für Brian.
Er sagte: »Alex, mein Alter! Was geht ab, Bruder?« In Evas Richtung formte er mit den Lippen: »Das ist Alexander, der Mann mit dem Lieferwagen.«
Eva wunderte sich, warum Brian so einen komischen Slang sprach. Dem folgenden Gespräch konnte sie nicht entnehmen, welcher Art das Verhältnis zwischen Brian und Alexander war. Sie reimte sich zusammen, dass Alexander später noch einmal anrufen und irgendetwas aus einem von Brians Schuppen wegschaffen sollte. Eva fragte sich, ob Alexander stark genug wäre, den schweren Kleiderschrank ohne Hilfe auseinanderzubauen und wegzuschaffen.
Sie bat Brian, Alexander nach oben zu schicken, wenn er bei ihm fertig war.
Später am Morgen hörte sie den Lieferwagen vor dem Haus. Sie hörte ihn mindestens schon eine Minute, bevor
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