Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
landeten, oder Aliens, konnte sie die ganze Familie mindestens ein Jahr lang mit Lebensmitteln und Waffen versorgen.
Für Ruby war die Invasion von Aliens ein wahrscheinliches Szenario. Eines Nachts, als sie die Wäsche von der Leine nahm, hatte sie ein Raumschiff gesehen. Es schwebte über dem Nachbarhaus, bevor es in Richtung Co-op verschwand. Sie hatte Brian davon erzählt, in der Hoffnung, es würde ihn interessieren, doch er sagte nur, sie habe sich wohl an dem Brandy vergriffen, den sie für medizinische Notfälle in der Speisekammer aufbewahrte.
Jetzt sagte Eva: »Mum, wenn ich einen Fuß auf den Boden setze, erwartet man, dass ich noch einen Schritt mache, und dann noch einen, und ehe ich mich versehe, gehe ich die Treppe runter und in den Vorgarten und dann gehe ich weiter und weiter und weiter, bis ich keinen von euch je wiedersehe.«
Ruby sagte: »Aber warum solltest du damit durchkommen? Warum erwartest du von mir, die ich im Januar neunundsiebzig werde, dass ich dich wieder wie ein kleines Kind behandle? Ehrlich gesagt, Eva, bin ich keine besonders mütterliche Frau. Deshalb wollte ich auch kein zweites Kind. Also glaub nicht, dass ausgerechnet ich mich für deine Pisse und Scheiße zuständig fühle.« Sie nahm den Teller und die zerknüllte Frischhaltefolie und sagte: »Ist Brian der Grund für das alles?«
Eva schüttelte den Kopf.
»Ich hab dir doch gesagt, du sollst ihn nicht heiraten. Dein Problem ist, dass du immer und überall glücklich sein willst. Du bist fünfzig – hast du inzwischen nicht kapiert, dass die meisten von uns sich durchs Leben nur so durchquälen? Glückliche Tage sind dünn gesät. Und wenn ich anfangen soll, einer Fünfzigjährigen den Arsch abzuwischen, würde mich das wahrhaftig sehr unglücklich machen, also frag mich nicht noch mal!«
Als Eva spät nachts die Toilette aufsuchte, fühlte es sich an, als würde sie auf heißen Kohlen laufen.
Sie schlief schlecht.
Wurde sie tatsächlich verrückt?
War sie die Letzte, die das begriff?
13
Die Zweige des Ahornbaums vor dem Fenster bewegten sich im Wind. Yvonne saß auf dem Frisierkommodenstuhl, den sie neben das Bett geschoben hatte.
Sie hatte Eva ein Malbuch zum Punkteverbinden für Fortgeschrittene mitgebracht. »Zum Zeitvertreib.«
Unter Zwang hatte Eva das erste Rätsel gelöst. Nach fünfzehn quälenden Minuten hatte sie den »Flying Scotsman« verbunden, samt Dorfbahnhof, Gepäckwagen, Fahrkartenschalter und Bahnhofsvorsteher mit Pfeife und erhobener Fahne.
Eva sagte: »Du brauchst nicht bleiben.«
Yvonne rümpfte die Nase. »Man sollte nicht allein sein, wenn man krank ist.«
Innerlich kochte Eva. Wann würden sie endlich akzeptieren, dass sie die Wahrheit sagte – sie war nicht krank, sie wollte einfach nur im Bett bleiben.
Yvonne sagte: »Weißt du, das ist ein Zeichen dafür, dass man anfängt zu spinnen.«
»Ja«, sagte Eva, »genau wie ein erwachsener Mensch, der Punkte in einem Malbuch verbindet. Wahnsinn ist relativ.«
Yvonne blaffte: »Nun, in meiner Familie ist niemand verrückt.«
Eva machte sich nicht die Mühe zu antworten, sie war müde und wollte schlafen. Es war anstrengend, mit Yvonne zu reden oder ihr zuzuhören, die, so schien es Eva, die meisten Gespräche absichtlich falsch verstand und ständig wegen irgendetwas beleidigt war. Yvonne war stolz darauf, dass sie kein Blatt vor den Mund nahm, auch wenn andere sie als »unausstehlich«, »unnötig grob« und »totale Nervensäge« bezeichneten.
Eva sagte: »Du sagst doch immer, wie sehr du es schätzt, wenn jemand Klartext redet.«
Yvonne nickte.
»Ich muss dich um etwas bitten … es fällt mir nicht leicht …«
Yvonne sagte aufmunternd. »Na los, spuck’s aus.«
»Ich kann das Bad nicht mehr benutzen. Ich kann meine Füße nicht mehr auf den Boden stellen. Und ich habe mich gefragt, ob du mir dabei helfen würdest, meine Ausscheidungen zu entsorgen.«
Yvonne schwieg, während sie die Information verarbeitete, dann setzte sie ein Haifischlächeln auf und sagte: »Du bittest mich, dein Pipi und Kacka zu beseitigen? Mich? Wer von uns beiden ist bei sowas besonders pingelig? Wer verbraucht jede Woche eine Riesenflasche Domestos?«
Eva sagte: »Okay. Ich habe gefragt, und du hast nein gesagt.«
Yvonne sagte: »Ich habe Brian davor gewarnt, dich zu heiraten. Ich hab das alles hier kommen sehen. Ich wusste gleich, dass du neurotisch bist. Ich erinnere mich noch, wie ich mit dir und Brian auf Kreta war und du den ganzen Tag am
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