Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
Schopf, sich ein bisschen zu amüsieren. Sie fragte ihre Mutter, welche Hunderasse Gott sich wohl in seinem Himmelreich halten würde.
Ruby sagte: »Ich sehe Gott nicht mit einem dieser bissigen Köter der Queen. Und ich sehe ihn auch nicht mit einem dieser albernen Schoßhunde, die in die Handtasche passen. Ich glaube, Gott würde sich für einen richtigen Hund entscheiden, einen Golden Retriever.«
Eva lachte. »Ja, ich kann mir gut vorstellen, wie ein Golden Retriever neben Gottes Thron sitzt und an seinem weißen Gewand zupft, weil er endlich Gassi gehen will.«
Ruby sagte wehmütig: »Weißt du, Eva, manchmal kann ich es kaum erwarten, in den Himmel zu kommen. Ich bin es leid, hier unten zu leben, seit alles so kompliziert geworden ist.«
Eva sagte: »Aber die Frau, die ertrunken ist, ich wette, die war das Leben nicht leid. Ich wette, als sich die Wassermassen über ihrem Kopf schlossen, hat sie um ihr Leben gekämpft. Also, warum hat Gott ihr den Hund vorgezogen?«
»Keine Ahnung. Die Frau muss irgendwas getan haben, um seinen Zorn zu erregen.«
Eva lachte: »Zorn?«
Ruby sagte: »Ja, er ist sehr zornig, und so mag ich es. Das hält das Gesindel vom Himmel fern.«
Eva sagte: »Gesindel wie Aussätzige, Prostituierte und die Armen?«
»Das war Jesus«, sagte Ruby. »Der steht auf einem ganz anderen Blatt.«
Eva wandte sich von ihrer Mutter ab und sagte: »Und Gott hat zugesehen, wie sein einziger Sohn elendig an einem Kreuz verendet ist, und hat nichts getan, um ihm zu helfen, als er rief: ›Vater, Vater, warum hast du mich verlassen?‹« Eva wollte nicht weinen, doch sie konnte nicht anders.
Mit acht war sie mal in Ohnmacht gefallen, als die Schuldirektorin die Kreuzigung allzu anschaulich beschrieb.
Ruby sammelte ihre Sachen ein, zog Hut und Mantel an, wickelte sich ihren knallpinken Schal um den Hals und sagte: »Jesus muss irgendwas falsch gemacht haben.
Und wenn du nicht an Gott glaubst, Eva, warum regst du dich dann so auf?«
Eva beruhigte sich genug, um zu antworten: »Wegen der Grausamkeit. Als er rief: ›Mich dürstet!‹, gaben sie ihm Essig.«
Ruby sagte: »Ich gehe nach Hause in mein Bett.«
Rubys Zuhause war ein schmales Reihenendhaus in einer ruhigen Straße. Es lag nur eine dreiviertel Meile von Eva entfernt, doch für Ruby war es eine beschwerliche Reise. Wegen der Schmerzen in ihrer Hüfte musste sie mehrmals anhalten und sich irgendwo anlehnen.
Bobby, der vornehme schwarze Kater, wartete auf sie. Als Ruby die Tür aufschloss, schlich er um ihre Beine und schnurrte vor, wie Ruby dachte, Freude, sie zu sehen.
Als beide im blitzeblanken Wohnzimmer standen, sagte Ruby zu Bobby: »Ich wünschte, ich wäre du, Bobbikins. Ich weiß nicht, wie lange ich es noch schaffe, mich um unser Mädchen zu kümmern.«
Ruby legte sich drei Tramadol auf die Zunge und spülte sie mit einem Schluck Feigenlikör runter. Sie ging in die Küche und nahm zwei Becher mit Weidenmuster aus dem Regal, bevor es ihr wieder einfiel und sie einen zurückstellte. Während der Wasserkessel kochte, betrachtete sie den Wandkalender mit einem Bild vom Engel des Nordens. Daneben befand sich ein kleiner Jahresplaner, auf dem mit schwarzem Filzstift die christlichen Feiertage eingetragen waren:
Advent, Weihnachten, Heilige Drei Könige,
Fastnacht, Fastenzeit, Karwoche,
Gründonnerstag, Karfreitag, Ostern, Pfingsten,
Erntedankfest, Allerheiligen
Ruby las sie laut vor, wie eine Litanei. Sie bildeten das Gerüst ihres Lebens. Eva tat ihr leid.
Ohne dieses Gerüst wäre sie mit dem Leben nicht fertig geworden.
12
Später am Abend, nachdem Eva zwei Fernsehkomödien gesehen hatte, ohne zu lachen, stand sie auf und ging widerstrebend ins Bad. Es fühlte sich falsch an, die Füße auf den Boden zu stellen, als wäre der Teppich eine Lagune, in der Piranhas darauf lauerten, an ihren Zehen zu knabbern.
Als Brian sie, in ein weißes Handtuch gewickelt, herauskommen sah, sagte er: »Ah, Eva, schön, dass du wieder auf den Beinen bist. Ich krieg die Waschmaschinentür nicht auf.«
Sie setzte sich auf die Bettkante und sagte: »Du musst kräftig dagegen schlagen, zweimal, mit der Handkante, wie ein Profikiller.«
Brian war enttäuscht, als seine Frau einen rosa karierten Schlafanzug anzog und wieder ins Bett stieg.
Er sagte: »Die Waschmaschine.«
Sie sagte: »Die Halsschlagader«, und machte mit der rechten Hand eine abgehackte Bewegung.
Er sagte: »Es ist nichts zu essen da.«
»Was zu essen gibt’s im
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