Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
an.«
Er sagte: »E-Bay, denke ich«, und sortierte weiter.
»Nein, die sind für Ihre Schwester.«
»Sie sind zu großzügig, Mrs. Biber. Ich bin nicht hier, um sie auszunutzen.«
»Ich möchte, dass sie jemand bekommt, der sie zu schätzen weiß.«
»Wollen Sie nicht wenigstens einen Anteil des Geldes?«
Eva sagte: »Ich brauche kein Geld mehr.«
Nachdem Alexander Brians vorwiegend schlammfarbene Sachen in Säcke gefüllt und auf den Treppenabsatz gestellt hatte, war der Schrank leer. Er benutzte einen Elektroschrauber, um Türen und Einbaufächer abzumontieren.
Erst sprachen sie nicht, wegen des Lärms.
Als es wieder ruhig war, sagte sie: »Tut mir leid, dass ich Ihnen keine Tasse Tee machen kann.«
»Keine Sorge. Ich trinke nur Kräutertee. Ich habe eine Thermoskanne dabei.«
Sie sagte: »Wie ist Brian auf Sie gekommen?«
»Ich und meine Kinder sind durch die Straßen gegangen und haben Handzettel durch die Briefschlitze gesteckt. Ich bin Maler – aber niemand will meine Bilder kaufen. Sie sind meine ersten Kunden.«
Eva fragte: »Was für Bilder malen Sie denn?«
»Landschaftsbilder. Die Fens. Leicestershire. Ich liebe die englische Landschaft.«
Sie sagte: »Als Kind habe ich auf dem Land gelebt. Gibt es auf Ihren Bildern auch Menschen?«
»Ich male früh morgens«, sagte er, »wenn noch niemand unterwegs ist.«
»Um das Licht bei Tagesanbruch einzufangen?«, fragte Eva.
»Nein«, sagte Alexander, »die Leute bekommen es mit der Angst, wenn sie einen schwarzen Mann auf einem Acker sehen. Ich habe öfters Bekanntschaft mit der Polizei von Leicestershire gemacht. Anscheinend fahren Juden nicht Ski und Schwarze malen nicht.«
Eva sagte: »Was können Sie sonst noch?«
»Tischlern. Was man als Handwerker so kann – malen und tapezieren, Gartenarbeit, Sachen schleppen. Ich spreche fließend Italienisch, und ich war zehn Jahre ein böser Bube, ein Börsenfuzzi.«
»Was ist passiert?«
Er lachte: »Die ersten fünf Jahre lief es super. Wir wohnten in einem großen Haus in Islington, und ich habe meiner Mutter daheim in Leicester ein kleines Haus mit Garten gekauft. Sie buddelt gern im Dreck. Aber fragen Sie mich nicht nach den nächsten fünf Jahren – hab mir zu viel Zeug in die Nase gepfiffen, mein Kühlschrank war voll mit lächerlich teurem Schampus. Ich hab’s kaputt gemacht – und mich auch. Ich habe die ersten fünf Jahre meiner Kinder verpasst. Ich war am Sterben, nehme ich an – aber es ist niemandem aufgefallen, weil es uns allen so ging. Ich hab für Goldman Sachs gearbeitet. Meine Frau mochte mich nicht mehr.
Wir waren auf dem Weg nach Hause, in einem Wagen, den ich erst seit zwei Tagen hatte. Er war zu groß für mich, zu schwer. Sie fing an zu nörgeln, ich hätte die Kinder seit einer Woche nicht gesehen und niemand würde sechzehn Stunden am Tag arbeiten.« Er sah Eva ins Gesicht und sagte: »Ich habe sechzehn Stunden am Tag gearbeitet. Es war irre. Ich wurde laut, sie zeterte über meinen Kokskonsum, ich verlor die Kontrolle, wir kamen von der Straße ab und fuhren gegen einen Baum – kein besonders großer, eher ein mickriger Baum. Man sah gar nicht, dass sie tot war. Danach bin ich mit meinen Kindern zurück nach Leicester.«
Es entstand ein langes Schweigen.
Dann sagte Eva: »Bitte, erzählen Sie mir keine traurigen Geschichten mehr.«
»Ist eigentlich auch nicht meine Art«, sagte Alexander. »Wenn Sie mir eine Liste mit allen Arbeiten machen, die ich für Sie erledigen soll, mache ich Ihnen einen Kostenvoranschlag. Das einzige Problem könnte sein, dass ich meine Kinder von der Schule abholen muss …« Er zögerte. »Mrs. Biber, darf ich mir eine Bemerkung erlauben? Ihre Kleider sind irgendwie nicht stimmig.«
Eva war ungehalten. »Wie sollen sie stimmig sein, wenn ich nicht weiß, wer ich bin? Manchmal wünschte ich, wir müssten Uniform tragen wie die Chinesen während der Kulturrevolution. Die mussten sich keine Gedanken machen, was sie morgens anziehen. Die hatten eine Uniform – weite Hosen und Kittel. Das hätte ich auch gern.«
»Mrs. Biber, ich weiß, wir haben uns gerade erst kennengelernt«, sagte Alexander, »aber wenn es Ihnen besser geht, würde ich gern mit Ihnen shoppen gehen, um Ihnen von Hosenröcken und Haremshosen und allem, was ärmellos ist, abzuraten.«
Eva lachte. »Vielen Dank. Aber ich bleibe hier, in diesem Bett. Für ein Jahr.«
»Ein Jahr?«
»Ja.«
»Warum?«
»Ich hab ein paar Dinge zu erledigen. Ich muss mich
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