Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
»Männern ist es piepegal, wie intelligent eine Frau ist. Jedenfalls den Männern, die was taugen. Die interessiert nur, wie wir aussehen. Mit wie vielen Typen habe ich seit meinem ersten Tag an der Uni geschlafen?«
»Mit zig«, sagte Brianne. »Mit zu vielen.«
»Spiel hier nicht den Moralapostel«, fauchte Poppy. »Du weißt genau, dass ich nicht allein schlafen kann – nicht, seit dieses Monster meinen Körper geschändet hat.«
Brianne war nicht neugierig auf das »Monster«. Sie wusste, dass es nicht existierte.
Poppy warf sich aufs Bett und fing an zu jammern wie ein Klageweib des mittleren Ostens an einem frisch geschaufelten Grab.
Brianne hatte immer geglaubt, ihre Mutter nur leidlich gern zu haben, doch jetzt sehnte sie sich nach ihrer Stimme. Sie ging nach draußen in den Flur und rief Evas Handy an, doch es war ausgeschaltet. Sie öffnete die Tür zu Brian juniors Zimmer.
Er saß an seinem Schreibtisch, die Hände über den Ohren, die Augen geschlossen.
Sie sagte: »Mums Handy ist tot! Ich muss mit ihr über Poppy sprechen.«
Brian junior öffnete die Augen und sagte: »Ich brauche sie auch, Bri. Poppy ist schwanger, und sie sagt, ich bin der Vater.«
Die Zwillinge sahen sich an und umarmten sich.
Sie versuchten, zu Hause anzurufen. Das Telefon klingelte und klingelte und klingelte.
Brianne sagte: »Mum geht immer ans Telefon. Wir müssen Dad bei der Arbeit anrufen. Jedenfalls kann sie gar nicht wissen, ob sie schwanger ist, ihr habt euch doch erst vor vierzehn Tagen kennengelernt.«
»Ich glaub auch nicht, dass ich sie geschwängert habe«, sagte Brian junior. »Sie ist in mein Bett gekommen. Sie hat sich wegen irgendwas aufgeregt.«
Beide hörten das hysterische Geheul, das aus Briannes Zimmer drang. Auf dem Flur waren besorgte Stimme zu hören.
Das Handy ihres Vaters klingelte achtmal, bevor die Mailbox ansprang: »Dr. Biber kann Ihren Anruf zur Zeit nicht entgegennehmen. Bitte hinterlassen Sie nach dem Signalton eine Nachricht. Oder aber Sie schreiben eine E-Mail an doctorbrian dot biber @ leic dot ac dot uk. Wenn ich Ihre Nachricht für ausreichend wichtig erachte, setze ich mich mit Ihnen in Verbindung.«
Als Brianne in ihr eigenes Zimmer zurückkehrte, fand sie eine kleine Gruppe Studenten vor. Ho saß auf dem Bett und hielt Poppy im Arm.
Er sagte: »Brianne, ich denke, du kein guter Mensch! Du sagen zu Poppy, sie Schlampe und Hure! Und an diese Tag ihre Mutter und Vater abstürzen mit ihre kleine Flugzeug und gebracht auf Intensivstation.«
Ein mitfühlendes Raunen ging durch die kleine Menge, dann richteten sich alle Blicke missbilligend auf Brianne.
Brianne sagte: »Sie hat überhaupt keine Eltern. Sie ist Waise.«
Poppys Schluchzen wurde lauter. »Wie kannst du das sagen? Sie waren besser zu mir als alle leiblichen Eltern es je hätten sein können. Sie haben mich ausgesucht.«
Ho sagte: »Bitte verlasse diese Zimmer, sofort!«
Brianne sagte schwach: »Das ist mein Zimmer, und sie trägt mein Armband und meine Wimperntusche.«
Ein koreanischer Student mit strengem Pony und amerikanischem Akzent bestürmte Brianne: »Poppy hat in ihrem Leben so viel durchgemacht, und ihre Adoptiveltern ringen mit dem Tod und du beleidigst sie …«
Poppy befreite sich aus Hos Arm und sagte mit Kleinmädchenstimme: »Ich verzeihe dir, Brianne. Ich weiß, es fehlt dir an emotionaler Intelligenz. Ich kann dir helfen, wenn du mich lässt.«
16
Brian führte missmutig eine Gruppe behinderter Kinder durch das Space Center. Er war sicher, dass manche von ihnen absichtlich die Räder ihrer Rollstühle in seine Waden rammten. Jedes Kind hatte einen eigenen Lehrer dabei. Vor dem Rundgang hatte er das Wort an die Kinder und ihre Betreuer gerichtet.
»Ich bin Dr. Brian Biber und ich arbeite hier als Astronom und Mathematiker. Ich trage alle Daten zusammen, die den Weltraum betreffen, wie zum Beispiel die Entfernungen von einem Stern zum anderen, und beschütze euch vor dem Feuertod durch Kollisionen mit erdnahen Objekten. Also, ich werde euch nicht gönnerhaft behandeln. Ich vermute, dass einige von euch ganz intelligent sind und in der Lage, Informationen zu verarbeiten. Die anderen müssen eben versuchen, so gut wie möglich mitzukommen. Es wäre mir eine große Hilfe, wenn ihr aufhören würdet, mit den Armen zu wedeln. Und bitte, versucht die Köpfe stillzuhalten. Und die von euch, die komische Geräusche machen, könntet ihr bitte damit aufhören – das ist furchtbar irritierend.«
Die
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